21.11.2024
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Dokument-Nr. 29733

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss22.12.2020

BVerfG bestätigt Impfpflicht für SoldatenVerweigerung der Impfung stellt Dienstvergehen dar und kann mit Disziplinar­maßnahmen geahndet werden

Verweigert ein Soldat den Befehl zur Teilnahme an einem Impftermin, liegt darin ein Dienstvergehen, das mit einer Diszi­pli­n­a­r­maßnahme geahndet werden kann. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gerichts mit Beschluss in einem Beschwer­de­ver­fahren entschieden.

In dem zugrun­de­lie­genden Verfahren verweigerte ein Hauptfeldwebel die Teilnahme an der militärischen Basisimpfung. Dabei handelt es sich um eine für alle Soldaten vorgesehene grundlegende Impfung zum Schutz gegen klassische Krank­heits­erreger (z.B. Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten - nicht: Covid 19). Er vertrat die Ansicht, sein Asthma und seine Neurodermitis gingen auf eine frühere Impfung zurück. Ihm drohten schwere Gesund­heits­schäden. Nach Einschätzung der behandelnden Truppenärzte war diese Befürchtung unbegründet. Deshalb befahl ihm sein Einheitsführer die Teilnahme an der Impfung und verhängte nach wiederholter Befehlsverweigerung acht Tage Disziplinarrest. Der Diszi­pli­na­rarrest ist ein kurzzeitiger Freiheitsentzug und die strengste einfache Disziplinarmaßnahme, die ein Vorgesetzter in eigener Befugnis anordnen kann.

BVerfG: Grundrecht auf körperliche Selbst­be­stimmung eingeschränkt

Das zuständige Truppen­dienst­gericht hat diese Entscheidung nach Einholung eines medizinischen Sachver­stän­di­gen­gut­achtens gebilligt. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat im Beschwer­de­ver­fahren die rechtlichen Einwände des Hauptfeldwebels geprüft und das Rechtsmittel zurückgewiesen. Den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ist eine weitergehende Impfpflicht auferlegt als anderen Staatsbürgern. In § 17 a Abs. 2 SG hat der Gesetzgeber ausdrücklich eine Pflicht zur Duldung von Impfungen als Teil der soldatischen Gesun­der­hal­tungs­pflicht vorgeschrieben und das Grundrecht auf körperliche Selbst­be­stimmung in Art. 2 Abs. 2 GG eingeschränkt. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Verbreitung übertragbarer Krankheiten die Einsatz­be­reit­schaft militärischer Verbände erheblich schwächen kann.

Unzumutbarkeit nur bei objektiven, erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit

Die Impfung ist nur dann nicht zumutbar, wenn objektiv eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Soldaten vorliegt (§ 17 a Abs. 4 Satz 2 SG). Auf die subjektive Einschätzung des betroffenen Soldaten kommt es nicht an. Die in Art. 87a Abs. 1 GG

vorausgesetzte Funkti­o­ns­fä­higkeit der Bundeswehr wäre gefährdet, wenn die Frage der Zumutbarkeit von mit gesund­heit­lichen Risiken verbundenen Befehlen ähnlich einer Gewis­sen­s­ent­scheidung letztlich von der individuellen Risikoein­schätzung der einzelnen Soldaten abhängig wäre. Denn Soldaten müssen von Berufs wegen bei der Erfüllung von Befehlen - insbesondere bei Ausland­s­e­in­sätzen und im Fall der Landes­ver­tei­digung - erhebliche Gesund­heits­risiken hinnehmen.

Subjektive Gefah­ren­ein­schätzung des Soldaten bei der Bewertung des Dienstvergehens zu berücksichtigen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat allerdings darauf hingewiesen, dass die subjektive Gefah­ren­ein­schätzung des Soldaten bei der Bewertung des Dienstvergehens eine Rolle spielen kann und dass im vorliegenden Fall im Ergebnis der subjektiven Belas­tungs­si­tuation des Hauptfeldwebels dadurch Rechnung getragen worden ist, dass anders als in sonstigen Fällen der wiederholten Befehls­ver­wei­gerung nicht das mit schwer­wie­genderen Folgen verbundene gerichtliche Disziplinarverfahren gewählt worden ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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