18.10.2024
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Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 34451

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Bundesverwaltungsgericht Urteil10.10.2024

Keine Zulassung zum juristischen Vorbe­rei­tungs­dienst von Bewerbern, die sich aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung betätigenReferendare dürfen Verfassung nicht aktiv bekämpfen

Mindest­anforderungen im Hinblick auf die Verfassungs­treue­pflicht muss auch der Bewerber für einen nicht im Beamten­ver­hältnis ausgestalteten juristischen Vorbe­rei­tungs­dienst erfüllen. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden und das Begehren eines sich aktiv für die Partei "Der III. Weg" betätigenden Klägers zurückgewiesen.

Der Kläger bewarb sich nach Abschluss seines rechts­wis­sen­schaft­lichen Studiums beim OLG Bamberg um die Aufnahme in den juristischen Vorbe­rei­tungs­dienst zum 1. April 2020, der in Bayern im öffentlich-rechtlichen Ausbil­dungs­ver­hältnis durchgeführt wird. Der Präsident des OLG lehnte den Antrag insbesondere deswegen ab, weil der Kläger in hervorgehobenen Funktionen für die Partei "Der III. Weg" tätig gewesen und seine verfas­sungs­feindliche Gesinnung auch in von ihm gehaltenen Reden deutlich geworden sei. Dadurch habe er sich als derzeit ungeeignet für die Aufnahme in den Vorbe­rei­tungs­dienst erwiesen. Der Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sowie eine nachfolgend erhobene Verfas­sungs­be­schwerde beim BVerfG blieben ohne Erfolg. Nach der Zulassung des Klägers zum Vorbe­rei­tungs­dienst in einem anderen Bundesland verfolgt er sein Begehren im Wege der Forts­et­zungs­fest­stel­lungsklage weiter. Damit ist er in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Inzwischen ist der Kläger als Anwalt tätig.

BVerwG: Andere Maßstäbe fürs Referendariat

Das BVerwG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Für Referendare, die den juristischen Vorbe­rei­tungs­dienst nicht im Beamten­ver­hältnis ableisten, gelten die strengen beamten­recht­lichen Anforderungen an die Verfas­sungs­treu­e­pflicht nicht. Ungeachtet des Umstands, dass sie eine dauerhafte Beschäftigung für den Staat nicht anstreben und der Vorbe­rei­tungs­dienst einen notwendigen Abschnitt zur Erlangung der Qualifikation als "Volljurist" darstellt, nehmen aber auch diese Referendare an der staatlichen Funktion der Rechtspflege teil. Sie haben daher Minde­st­an­for­de­rungen an die Verfas­sungs­treu­e­pflicht zu erfüllen und dürfen sich insbesondere nicht aktiv gegen die Grundwerte der Verfassung betätigen. Die Beteiligten eines Rechtsstreits haben ein Anrecht darauf, dass niemand an der Bearbeitung ihrer Angelegenheiten mitwirkt, bei dem begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er verfas­sungs­feindliche Ziele verfolgt oder aktiv unterstützt. Die Anforderungen für die Aufnahme eines an der staatlichen Rechtspflege teilhabenden Rechts­re­fe­rendars können damit andere sein als diejenigen für die Zulassung eines Rechtsanwalts.

Verstoß gegen "Grundwerte der Verfassung"

Begründete Zweifel an der erforderlichen Mindest­treu­e­pflicht des Klägers ergeben sich bereits aus der aktiven Mitgliedschaft in der Partei "Der III. Weg". Dies ergibt sich aus den politischen Zielen dieser Partei, die von den zuständigen Verfas­sungs­schutz­be­hörden als extremistisch bewertet wird, und der am "Führerprinzip" ausgerichteten internen Parteistruktur. Das Parteiprogramm beruht insbesondere auf der Vorstellung der Ungleich­wer­tigkeit von Menschen und der daran anknüpfenden rechtlichen Ungleich­be­handlung, die gegen Grundwerte der Verfassung verstößt. Der Umstand, dass die Partei nicht vom BVerfG verboten worden ist, steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Das Partei­en­privileg aus Art. 21 Abs. 2 und 4 GG sperrt nur die Rechtsfolgen, die sich aus einem (erfolgreichen) Partei­ve­r­bots­ver­fahren ergeben würden. Mittelbare Beein­träch­ti­gungen umfasst der Gewähr­leis­tungs­gehalt der verfas­sungs­recht­lichen Bestimmungen dagegen nicht. Aus dem Partei­en­privileg folgt nicht, dass jedes Parteimitglied bis zum Parteiverbot als verfassungstreu behandelt werden müsste.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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