21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss30.06.2010

BVerwG: Keine sofortige Freilassung eines Straftäters aus der Siche­rungs­ver­wahrungSicher­heits­in­teresse der Allgemeinheit entscheidender als Interesse des Beschwer­de­führers an Wiedererlangung persönlicher Freiheit

Ein verurteilter Sexual­straftäter, bei dem im Falle seiner Freilassung die hohe Wahrschein­lichkeit bestünde, dass er erneut entsprechende Delikte verüben werde, hat keinen Anspruch darauf, sich unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mittels einer einstweiligen Anordnung gegen seine Unterbringung in der Siche­rungs­ver­wahrung zur Wehr zu setzen. Dies entschied das Bundes­ver­fas­sungs­gericht.

Imm zugrunde liegenden Fall wandte sich der wegen zahlreicher schwerer Sexual­straftaten - insbesondere wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Vergewaltigung - vorbestrafte Beschwer­de­führer mit seiner Verfas­sungs­be­schwerde gegen seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, die anlässlich seiner letzten Verurteilung vom 2. Februar 1990 wegen versuchter Vergewaltigung und wegen Mordes nachträglich gemäß § 66 b Abs. 2 StGB angeordnet worden ist. Im Hinblick auf das zwischen­zeitlich rechtskräftige Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 beantragt er, die Vollziehung der Maßregel im Wege der einstweiligen Anordnung auszusetzen.

BVerfG lehnt Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Siche­rungs­ver­wahrung aufgeworfenen Rechtsfragen sind im Haupt­sa­che­ver­fahren zu klären.

BVerfG muss Vor- und Nachteile hinsichtlich Folgen einer Ablehnung der einstweilige Anordnung genau abwägen

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfas­sungs­be­schwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfas­sungs­be­schwerde aber der Erfolg zu versagen wäre.

Psychiatrische Sachver­stän­di­gen­gut­achten legen nachvollziehbar den Hang zu schweren Sexual­straftaten und die Wahrschein­lichkeit der Wiederholung der Straftaten dar

Diese Folgenabwägung führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass eine sofortige Freilassung des Beschwer­de­führers nicht geboten ist. Wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfas­sungs­be­schwerde aber später Erfolg hätte, entstünde dem Beschwer­de­führer zwar in der Zwischenzeit durch den Vollzug der Siche­rungs­ver­wahrung ein schwerer, nicht wieder gutzumachender Verlust an persönlicher Freiheit. Das Landgericht jedoch hat auf der Grundlage zweier psychiatrischer Sachver­stän­di­gen­gut­achten nachvollziehbar dargelegt, dass der Beschwer­de­führer einen Hang zu schweren Sexual­straftaten (sexueller Missbrauch von Kindern, Vergewaltigung) habe und deshalb im Falle seiner Freilassung mit hoher Wahrschein­lichkeit entsprechende Delikte verüben werde, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schweren Schaden nehmen würden. Angesichts der besonderen Schwere der drohenden Straftaten überwiegt das Sicher­heits­in­teresse der Allgemeinheit das Interesse des Beschwer­de­führers an der Wiedererlangung seiner persönlichen Freiheit.

Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht

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