Bundesverfassungsgericht Beschluss03.11.2017
BVerfG: Dauer der Erzwingungshaft zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung muss sich nicht an Dauer der Ordnungshaft richtenErzwingungshaft von bis zu 6 Monaten verhältnismäßig
Die Dauer einer Haft zwecks Erzwingung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zur Vermögensauskunft muss sich nicht an die Dauer der ersatzweise zum Ordnungsgeld angeordneten Ordnungshaft richten. Demnach ist eine Erzwingungshaft von bis zu 6 Monaten auch dann verhältnismäßig, wenn die Ordnungshaft nur zwei Tage beträgt. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall musste ein Mann wegen eines Verstoßes gegen eine Unterlassungsverfügung des Amtsgerichts Weimar ein Ordnungsgeld von 1.000 EUR zahlen. Ersatzweise war eine Ordnungshaft von zwei Tagen angeordnet. Da der Mann jegliche Mithilfe bei der anschließenden Zwangsvollstreckung unterließ, war eine Pfändung des Ordnungsgeldes nicht möglich. Zudem weigerte sich der Mann die eidesstattliche Versicherung zur Vermögensauskunft abzugeben. Das Amtsgericht Weimar ordnete daraufhin im Juni 2009 Haft zwecks Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung an. Nach neun Tagen in Haft beantragte der Mann die Aufhebung des Haftbefehls, da er die Erzwingungshaft für unverhältnismäßig hielt. Seiner Meinung nach dürfe die Erzwingungshaft nicht länger andauern als die ersatzweise angeordnete Ordnungshaft. Sowohl das Amtsgericht Weimar als auch das Landgericht Erfurt sahen dies anders. Der Mann legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein.
Verhältnismäßigkeit der Erzwingungshaft
Das Bundesverfassungsgericht entschied gegen den Mann. Die angeordnete Erzwingungshaft gemäß § 802 g Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) sei verhältnismäßig. Die Vorschrift regle zunächst keine bestimmte Haftdauer. Vielmehr gehe das Gesetz davon aus, dass die Haft solange andauere bis der Schuldner die eidesstattliche Versicherung abgebe. Es bestimme lediglich in § 802 j Abs. 1 ZPO eine Maximaldauer von sechs Monaten. Eine mögliche Haftdauer von sechs Monaten bedeute auch für den Schuldner einer relativ geringfügigen Forderung keine übermäßige und unzumutbare Belastung. Es sei zu beachten, dass der Schuldner die Haft durch Abgabe der eidesstattlichen Versicherung jederzeit beenden könne. Habe er tatsächlich keinen pfändbaren Vermögensgegenstand, so erleide er durch die Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse keinen Nachteil. Sei er aber zahlungsfähig und wolle er nur sein Vermögen verheimlichen, so verdiene er keinen Schutz.
auch interessant
Dauer der Erzwingungshaft muss sich nicht an Dauer der Ordnungshaft richten
Die Dauer der Erzwingungshaft müsse sich auch nicht an die Dauer der Ordnungshaft richten, so das Bundesverfassungsgericht. Dies ergebe sich aus deren unterschiedlicher Natur und verschiedenen Zwecken. Die Ordnungsmittel haben einen doppelten Zweck. Sie dienen zum einen präventiv der Verhinderung zukünftiger Zuwiderhandlungen. Zum anderen stellen sie repressiv eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar. Die Bestrafung müsse dabei in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht des Verstoßes stehen. Demgegenüber handle es sich bei der Erzwingungshaft um ein Beugemittel zur Erzwingung eines vom Gesetz befohlenen Verhaltens. Ihr komme ausschließlich Beugecharakter zu. Die Erzwingungshaft sei weder Sanktion für die Nichtzahlung des Ordnungsgeldes noch Sanktion für den Verstoß gegen das Unterlassungsgebot.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.09.2018
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)