21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss12.12.2012

"Die Wahrheit interessiert mich nicht"- Richter verpflichtet zur Wahrheits­findungBei Verstoß besteht Besorgnis der Befangenheit

Der Richter ist verpflichtet die Wahrheit zu erforschen. Verstößt er dagegen, besteht die Besorgnis der Befangenheit. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall regte eine Partei im Rahmen eines Zivil­rechtss­treits an, einen Zeugen zu laden. Nachdem der Richter dies ablehnte und der Anwalt ihn darauf hinwies es sei seine Aufgabe die Wahrheit zu erforschen, entgegnete der Richter: "Die Wahrheit interessiert mich nicht". Daraufhin lehnte der Anwalt den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sowohl das Landgericht Chemnitz als auch das Oberlan­des­gericht Dresden lehnten das Ableh­nungs­gesuch ab. Dagegen richtete sich die Verfassungsbeschwerde der betroffenen Partei.

Verfas­sungs­be­schwerde war begründet

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied zu Gunsten der betroffenen Partei. Es habe eine Verletzung aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vorgelegen. Die Vorschrift schütze den Anspruch des Bürgers auf eine Entscheidung seiner Rechtssache durch den hierfür von Gesetzes wegen vorgesehenen Richter. Die Norm garantiere zudem, dass der Rechtssuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist sowie die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfah­rens­be­tei­ligten bietet. Der also nicht befangen sei. Eine Besorgnis der Befangenheit sei gegeben, wenn ein am Verfahren beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvor­ein­ge­nom­menheit des Richters zu zweifeln.

Besorgnis der Befangenheit lag vor

Nach Ansicht des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts habe hier nach gebotener Gesamt­be­trachtung der Umstände die Besorgnis der Befangenheit bestanden. Mit der Äußerung habe der Richter bekundet, dass er an der Erfüllung einer wesentlichen richterlichen Amtspflicht nicht interessiert sei. Aber auch der Richter in einem Zivilverfahren sei seinem Amtseid gemäß verpflichtet, der Wahrheit zu dienen (vgl. § 38 Abs. 1 DriG). Aufgrund der grob unsachlichen Äußerung des Richters sei der Eindruck einer Vorein­ge­nom­menheit entstanden. Denn die Zurückweisung sei eindeutig als Reaktion auf das Anliegen des Anwalts der Beschwer­de­führerin erfolgt.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

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