15.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss24.03.2010

BVerfG: Verfas­sungs­be­schwerde wegen Auferlegung von Gutachterkosten im Kartell­buß­geld­ver­fahren erfolgreichVerteilung der Kosten muss vor Bestellung eines Gutachters geklärt sein

In einem Kartell­buß­geld­ver­fahren kann nicht eine der Beklagten zur alleinigen Übernahme von Gutachterkosten verpflichtet werden. Die ist verfas­sungs­widrig, wenn eine Verteilung der Kosten noch nicht zuvor geklärt wurde. Dies entschied das Bundes­ver­fas­sungs­gericht.

Im zugrunde liegenden Fall waren gegen die Beschwer­de­führerin und andere Betroffene beim Oberlan­des­gericht Düsseldorf Kartell­buß­geld­ver­fahren wegen unerlaubter Absprachen über die Festsetzung von Prämi­en­zah­lungen und Bedin­gungs­an­glei­chungen im Bereich der industriellen Sachver­si­cherung anhängig. In diesem Verfahren wollte der zuständige Senat des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf mehrere Sachverständige bestellen. Da deren Vergütung den gesetzlichen Höchstsatz überschreiten sollte, teilte das Gericht den Neben­be­troffenen mit, dass sie sich gem. § 13 Abs. 1 JVEG damit einverstanden erklären könnten, und bat im Falle ihrer Zustimmung um Einzahlung eines Kosten­vor­schusses in Höhe von 3.000,- €. Nach § 13 Abs. 1 JVEG können Sachverständige herangezogen werden, wenn die Gerichtskosten den Beteiligten aufzuerlegen sind, die Beteiligten sich dem Gericht gegenüber mit der höheren Vergütung einverstanden erklärt haben, und ein ausreichender Betrag für die gesamte Vergütung an die Staatskasse gezahlt worden ist. Als einzige der Beteiligten erklärte sich die Beschwer­de­führerin ausdrücklich mit dem Vorschlag des Senats einverstanden. Sie kündigte an, den genannten Vorschuss einzuzahlen, und bat um Mitteilung, wie sich die Gutach­tens­kosten auf die Verfah­rens­be­tei­ligten verteilten. Nach Bestellung der Sachver­ständigen durch den Senat betonte sie, dass sie die Mehrkosten nicht alleine übernehmen wolle. Sie sei davon ausgegangen, dass die Kosten auf die Verfah­rens­be­tei­ligten insgesamt verteilt werden. Das Gericht forderte anschließend mehrfach von der Beschwer­de­führerin weitere Kosten­vor­schüsse sowie Zahlung der Sachver­stän­di­gen­kosten von insgesamt mehr als 60.000,- €. Zur Begründung führte es aus, die Beschwer­de­führerin habe sich mit ihrem Schreiben unwiderruflich zur Übernahme der Mehrkosten gem. § 13 Abs. 6 JVEG bereit erklärt.

Anwendung des § 13 Abs. 6 JVEG durch das Gericht unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat die angegriffenen Gericht­s­ent­schei­dungen aufgehoben. Die Anwendung des § 13 Abs. 6 JVEG durch das Gericht war unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar und somit willkürlich i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG. Die für eine Anwendung dieser Vorschrift erforderliche Erklärung der Beschwer­de­führerin lag offensichtlich nicht vor und ihr Schreiben an das Gericht kann auch nicht als Zustimmung zur alleinigen Übernahme der entsprechenden Mehrkosten nach § 13 Abs. 6 JVEG ausgelegt werden. Vielmehr hatte sie ausdrücklich die Frage zur Verteilung der Kosten gestellt.

Erteilung eines Gutach­tens­auftrags ohne vorherige Einzahlung eines ausreichenden Betrages musste nicht erwartet werden

Auch das Schreiben, in dem der Senat speziell auf § 13 Abs. 1 JVEG hinwies, konnte nicht so verstanden werden, dass eine Erklärung des Einzelnen erwartet werde, die Mehrkosten nach § 13 Abs. 6 JVEG tragen zu wollen. Die Beschwer­de­führerin durfte vielmehr entsprechend dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 JVEG damit rechnen, dass das Gericht keinen Gutach­tens­auftrag erteilt, bevor ein ausreichender Betrag eingezahlt ist und dass ihr Einverständnis sich allein auf die höhere Vergütung und ein vorgeschlagenes Vorgehen nach § 13 Abs. 1 JVEG bezieht.

Quelle: ra-online, BVerfG

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