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Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss30.05.2011
OLG Düsseldorf hält Verzinsung von Kartell-Geldbußen für verfassungswidrigGericht rügt Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hält die im Gesetz vorgesehene Verzinsung einer Kartell-Geldbuße für verfassungswidrig, da die Zinspflicht nur für Bußgelder in Kartell-Bußgeldverfahren, nicht aber bei Geldbußen aus anderen Rechtsbereichen, wie etwa dem Straßenverkehrs-, Umwelt- oder Datenschutzrecht greift. Das Oberlandesgericht sieht hierin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und hat daher seine Auslegungen dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundeskartellamt hatte im Jahr 2005 gegen 16 Versicherungsunternehmen sowie deren Vorstände und einige leitende Mitarbeiter wegen unzulässiger Kartellabsprachen Bußgelder in Höhe von ca. 150 Millionen Euro verhängt. Gegen die hier betroffene Versicherung war ein Bußgeld in Höhe von 6 Millionen Euro verhängt worden. Die Versicherungsunternehmen hatten zwischen Juli 1999 und März 2003 wettbewerbsbeschränkende Absprachen für die Versicherungssparten der industriellen Sachversicherungen und Transportversicherungen getroffen.
Versicherer nimmt Einspruch im Jahr 2009 zurück
Nachdem das Unternehmen zunächst Einspruch gegen die Bescheide des Bundeskartellamtes eingelegt und das Bußgeldverfahren vor dem 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts begonnen hatte, hat der Versicherer im Jahr 2009 dann seinen Einspruch zurückgenommen.
Bundeskartellamt fordert Zahlung von Zinsen in Höhe von 1,7 Millionen Euro
Das Bundeskartellamt forderte nach Zahlung der festgesetzten Geldbuße von dem Versicherer mit Beschluss vom 11. März 2011 für die Zeit von April 2005 bis Juli 2009 Zinsen in Höhe von 1,7 Millionen Euro. Die Behörde hat sich hierbei auf § 81 Absatz 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gestützt, der vorsieht, dass in einem Kartell-Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides zu verzinsen sind. Mit dieser Zinsregelung soll vermieden werden, dass Einsprüche nur deshalb eingelegt werden, um die Zahlung einer Geldbuße zu verzögern und sich so einen ungerechtfertigten Zinsvorteil zu verschaffen.
Zinspflicht besteht ausschließlich für Bußgelder in Kartell-Bußgeldverfahren
Der 1. Kartellsenat des Oberlandesgericht Düsseldorf hält die Zinsbestimmung für verfassungswidrig und sieht einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz). So greife die Zinspflicht nur für Bußgelder in Kartell-Bußgeldverfahren. Geldbußen aus anderen Rechtsbereichen, wie etwa dem Straßenverkehrs-, Umwelt- oder Datenschutzrecht, würden nicht verzinst. Ferner gelte die Zinspflicht nur für juristische Personen. Einzelkaufleute sowie handelnde Personen (z. B. Vorstände und Geschäftsführer) müssten keine Zinsen auf verhängte Bußgelder zahlen. Darüber hinaus sei eine Verzinsung nur dann vorgesehen, wenn die Kartell-Geldbuße in einem Bußgeldbescheid festgesetzt werde. Werde ein Unternehmen durch ein gerichtliches Urteil zu einer Geldbuße verurteilt, entfalle die Zinspflicht. So werde auch der Gesetzeszweck verfehlt, weil die geltende Regelung einen Bußgeldschuldner geradezu auffordere, Einspruch einzulegen, um sich dann durch ein gerichtliches Urteil – zinsfrei – zu einer Geldbuße verurteilen zu lassen.
Weitere Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt
Vor dem Oberlandesgericht sind parallel gelagerte Verfahren anhängig, in denen das Bundeskartellamt gegen weitere 14 Industrieversicherer Zinsen in Höhe von insgesamt mehr als 25 Millionen Euro festgesetzt hat. Diese Verfahren sind bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zunächst ausgesetzt worden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.06.2011
Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf/ra-online
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