15.11.2024
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Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss30.05.2011

OLG Düsseldorf hält Verzinsung von Kartell-Geldbußen für verfas­sungs­widrigGericht rügt Verstoß gegen den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz

Das Oberlan­des­gericht Düsseldorf hält die im Gesetz vorgesehene Verzinsung einer Kartell-Geldbuße für verfas­sungs­widrig, da die Zinspflicht nur für Bußgelder in Kartell-Bußgeld­ver­fahren, nicht aber bei Geldbußen aus anderen Rechtsbereichen, wie etwa dem Straßenverkehrs-, Umwelt- oder Daten­schutzrecht greift. Das Oberlan­des­gericht sieht hierin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz und hat daher seine Auslegungen dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundes­kar­tellamt hatte im Jahr 2005 gegen 16 Versi­che­rungs­un­ter­nehmen sowie deren Vorstände und einige leitende Mitarbeiter wegen unzulässiger Kartellabsprachen Bußgelder in Höhe von ca. 150 Millionen Euro verhängt. Gegen die hier betroffene Versicherung war ein Bußgeld in Höhe von 6 Millionen Euro verhängt worden. Die Versi­che­rungs­un­ter­nehmen hatten zwischen Juli 1999 und März 2003 wettbe­wer­bs­be­schränkende Absprachen für die Versi­che­rungs­sparten der industriellen Sachver­si­che­rungen und Trans­port­ver­si­che­rungen getroffen.

Versicherer nimmt Einspruch im Jahr 2009 zurück

Nachdem das Unternehmen zunächst Einspruch gegen die Bescheide des Bundes­kar­tellamtes eingelegt und das Bußgeld­ver­fahren vor dem 1. Kartellsenat des Oberlan­des­ge­richts begonnen hatte, hat der Versicherer im Jahr 2009 dann seinen Einspruch zurückgenommen.

Bundes­kar­tellamt fordert Zahlung von Zinsen in Höhe von 1,7 Millionen Euro

Das Bundes­kar­tellamt forderte nach Zahlung der festgesetzten Geldbuße von dem Versicherer mit Beschluss vom 11. März 2011 für die Zeit von April 2005 bis Juli 2009 Zinsen in Höhe von 1,7 Millionen Euro. Die Behörde hat sich hierbei auf § 81 Absatz 6 des Gesetzes gegen Wettbe­wer­bs­be­schrän­kungen gestützt, der vorsieht, dass in einem Kartell-Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbußen gegen juristische Personen und Perso­nen­ver­ei­ni­gungen zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeld­be­scheides zu verzinsen sind. Mit dieser Zinsregelung soll vermieden werden, dass Einsprüche nur deshalb eingelegt werden, um die Zahlung einer Geldbuße zu verzögern und sich so einen ungerecht­fer­tigten Zinsvorteil zu verschaffen.

Zinspflicht besteht ausschließlich für Bußgelder in Kartell-Bußgeld­ver­fahren

Der 1. Kartellsenat des Oberlan­des­gericht Düsseldorf hält die Zinsbestimmung für verfassungswidrig und sieht einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz (Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz). So greife die Zinspflicht nur für Bußgelder in Kartell-Bußgeld­ver­fahren. Geldbußen aus anderen Rechtsbereichen, wie etwa dem Straßenverkehrs-, Umwelt- oder Daten­schutzrecht, würden nicht verzinst. Ferner gelte die Zinspflicht nur für juristische Personen. Einzelkaufleute sowie handelnde Personen (z. B. Vorstände und Geschäftsführer) müssten keine Zinsen auf verhängte Bußgelder zahlen. Darüber hinaus sei eine Verzinsung nur dann vorgesehen, wenn die Kartell-Geldbuße in einem Bußgeldbescheid festgesetzt werde. Werde ein Unternehmen durch ein gerichtliches Urteil zu einer Geldbuße verurteilt, entfalle die Zinspflicht. So werde auch der Gesetzeszweck verfehlt, weil die geltende Regelung einen Bußgeld­schuldner geradezu auffordere, Einspruch einzulegen, um sich dann durch ein gerichtliches Urteil – zinsfrei – zu einer Geldbuße verurteilen zu lassen.

Weitere Verfahren bis zur Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts ausgesetzt

Vor dem Oberlan­des­gericht sind parallel gelagerte Verfahren anhängig, in denen das Bundes­kar­tellamt gegen weitere 14 Indus­trie­ver­si­cherer Zinsen in Höhe von insgesamt mehr als 25 Millionen Euro festgesetzt hat. Diese Verfahren sind bis zur Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zunächst ausgesetzt worden.

Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf/ra-online

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