18.10.2024
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Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 15355

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Beschluss20.02.2013Bundesverfassungsgericht2 BvE 11/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • JuS 2013, 669Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 669
  • NVwZ 2013, 568Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2013, Seite: 568
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ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss20.02.2013

BVerfG: NPD scheitert mit Antrag auf Feststellung der Verfas­sungs­kon­formitätBVerfG weist auch Anträge der NPD gegen Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung ab

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat einen Antrag der Natio­na­l­de­mo­kra­tischen Partei Deutschlands (NPD) auf Feststellung, dass sie nicht verfas­sungs­widrig sei, verworfen. Ebenfalls verworfen hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht den Hilfsantrag der NPD auf Feststellung, dass der Deutsche Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung die parteibezogenen Rechte der NPD durch die fortwährende Behauptung ihrer Verfas­sungs­wid­rigkeit verletzten.

Im zugrunde liegenden Fall begehrte die NPD die Feststellung, dass sie nicht verfassungswidrig ist. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht lehnt den Antrag der NPD jedoch ab, da das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts­gesetz für die begehrte Feststellung kein Verfahren vorsieht. Eine Rechts­schutzlücke ist damit auch insoweit nicht verbunden, als die NPD geltend macht, die laufende Verbotsdebatte wirke sich wie ein faktisches Parteiverbot aus. Staatliche Stellen sind nicht gehindert, das Für und Wider eines Partei­ve­r­bots­ver­fahrens mit der gebotenen Sachlichkeit zur Debatte zu stellen.

BverfG verneint strukturelles Rechts­schutz­defizit der NPD

Politische Parteien sind, solange das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht ihre Verfassungswidrigkeit festgestellt hat, in der Wahrnehmung ihrer Rechte frei. Wird ihre Berechtigung dazu bestritten, steht ihnen der Rechtsweg offen. Der Einwand der Antragstellerin, eine als verfas­sungs­feindlich gebrandmarkte Partei sei überfordert, in jedem Einzelfall um Rechtsschutz nachzusuchen, und dieser erweise sich zudem nicht selten als ineffektiv, zeigt kein strukturelles Rechts­schutz­defizit auf. Die Antragstellerin benennt lediglich praktische Probleme, die erkennbar mit zumutbarem Aufwand zu bewältigen sind.

Ein Rechts­schutz­defizit ist auch nicht ersichtlich, soweit die Antragstellerin geltend macht, die von ihr unter dem Begriff „Verbotsdebatte“ zusam­men­ge­fassten Äußerungen und die sonstigen gegen sie gerichteten Maßnahmen wirkten sich wie ein Verbot aus.

Partei muss sich Äußerungen zur Einschätzung als verfas­sungs­feindlich stellen

Politische Parteien müssen sich entsprechend ihrer Aufgabe, bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, der öffentlichen Ausein­an­der­setzung stellen. Teil der öffentlichen Ausein­an­der­setzung sind Äußerungen zur Einschätzung einer politischen Partei als verfas­sungs­feindlich, sofern sie sich im Rahmen von Recht und Gesetz halten. Solchen Äußerungen kann und muss die betroffene Partei mit den Mitteln des Meinungskampfes begegnen.

Debatte über Verbots­ver­fahren muss entschei­dungs­ori­entiert und nicht mit dem Ziel der Benachteiligung der betroffenen Partei geführt werden

Soweit staatliche Stellen die politische Ausein­an­der­setzung führen, müssen sie die Grenzen beachten, die ihnen von Verfassungs wegen gesetzt sind und deren Einhaltung gerichtlicher Überprüfung unterliegt. Dies gilt auch für die öffentliche Erörterung, ob gegen eine Partei ein Verbots­ver­fahren eingeleitet wird. Eine Verletzung der Rechte aus Art. 21 Abs. 1 GG kommt in diesem Fall allerdings dann in Betracht, wenn erkennbar wird, dass eine solche Debatte nicht entschei­dungs­ori­entiert, sondern mit dem Ziel der Benachteiligung der betroffenen Partei geführt wird.

Parteien dürfen sich gerichtlich gegen Vorwurf der Verfas­sungs­feind­lichkeit wehren

Den politischen Parteien und ihren Mitgliedern stehen zudem gerichtliche Wege offen, um dem Vorwurf der Verfas­sungs­feind­lichkeit zu begegnen. Die Antragstellerin verkennt durchaus nicht, dass die Verfas­sungs­mä­ßigkeit einer politischen Partei Gegenstand gerichtlicher Beurteilung sein kann und ist. Wenn sie aus Misserfolgen in entsprechenden fachge­richt­lichen Verfahren schließt, es bestehe eine Rechts­schutzlücke, ist diese Schluss­fol­gerung nicht nachvollziehbar.

Aus diesen Gründen ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegner kein Verfahren auf Feststellung der Verfas­sungs­kon­formität in das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts­gesetz aufgenommen haben.

Verletzung oder unmittelbare Gefährdung des Parteistatus nicht ausreichend dargelegt

Der Hilfsantrag ist als Organklage statthaft, so, wie er begründet worden ist, aber unzulässig. Es fehlt an ausreichendem Vortrag, dass die Antragstellerin durch Maßnahmen oder Unterlassungen der Antragsgegner in ihrem Parteistatus verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Die Antragstellerin zitiert Aussagen von Minis­ter­prä­si­denten, Landes­in­nen­mi­nistern, einzelnen Bundes­tags­ab­ge­ordneten und einer Bundes­mi­nisterin. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die Genannten sich für einen der Antragsgegner äußern wollten. Auch Maßnahmen einer Bundes­mi­nisterin - wie etwa die Förderung von Programmen gegen Recht­s­ex­tre­mismus - können nicht ohne weiteres der Bundesregierung als Kollegialorgan zugerechnet werden.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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