21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss08.12.2020

Erfolglose Verfassungs­beschwerde gegen strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung einer örtlichen PolizeieinheitÄußerung unter Berück­sich­tigung der Vorgeschichte des Mannes mit örtlichen Polizeieinheit hinreichend indivi­du­a­lisiert

Das Bundes­verfassungs­gericht hat eine Verfassungs­beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen eine straf­ge­richtliche Verurteilung wegen Beleidigung aufgrund des Zurschau­stellens eines Pullovers mit dem Schriftzug „FCK BFE“ („Fuck Beweis­si­cherungs- und Festnah­me­einheit“) richtete.

Der Beschwer­de­führer gehört nach den Feststellungen der Strafgerichte der „linken Szene“ an und hatte in diesem Zusammenhang verschiedene Ausein­an­der­set­zungen mit der örtlichen Beweis­si­cherungs- und Festnah­me­einheit der Polizei. Aus Anlass eines Strafverfahrens gegen einen Angehörigen der rechtsextremen Szene demonstrierte er gemeinsam mit anderen Personen vor dem Gerichtsgebäude. Nach den gerichtlichen Feststellungen war ihm bewusst, dass Mitglieder der örtlichen BFE vor Ort anwesend sein würden, um den Einlass in das Gebäude und das Verfahren zu sichern. Hierbei trug er einen Pullover mit der Aufschrift „FCK BFE“ gut sichtbar unter seiner geöffneten Jacke. Unter dem Pullover trug er noch ein T-Shirt mit der identischen Aufschrift, welches nach der Beschlagnahme des Pullovers zum Vorschein kam.

Wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt

Das Amtsgericht verurteilte den Beschwer­de­führer wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 15 Tagessätzen. Angesichts der Vorgeschichte war das Gericht überzeugt, dass sich der Schriftzug gerade und ausschließlich auf die örtliche Beweis­si­cherungs- und Festnah­me­einheit beziehen sollte. Diese stelle, weil es sich um eine hinreichend überschaubare Personengruppe handele, ein belei­di­gungs­fähiges Kollektiv dar. Dem Beschwer­de­führer sei bewusst gewesen, dass sich Beamte der örtlichen BFE und jedenfalls andere mit der Bedeutung dieses Kürzels vertraute Polizeibeamte an diesem Tag vor Ort befinden und von seiner Schmähschrift Kenntnis nehmen würden. Die dagegen eingelegte Sprungrevision des Beschwer­de­führers blieb erfolglos. Der Beschwer­de­führer rügt insbesondere eine Verletzung seiner Meinungs­freiheit.

BVerfG: Eingriff in die Meinungs­freiheit durch straf­ge­richtliche Verurteilung gerechtfertigt.

Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet. Der Eingriff in die Meinungs­freiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG durch die straf­ge­richtliche Verurteilung ist gerechtfertigt. Auslegung und Anwendung des § 185 StGB durch die Fachgerichte begegnen keinen verfas­sungs­recht­lichen Bedenken. Diese haben die verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen an die Indivi­du­a­li­sierung potentiell beleidigender Schriftzüge auf konkrete Personen oder Personengruppen beachtet. Das Amtsgericht durfte aus dem gesamten Zusammenhang des Verhaltens des Beschwer­de­führers, insbesondere der gerade die örtliche BFE betreffenden Vorgeschichte, annehmen, dass sich die Äußerung auf die spezifische örtliche Beweis­si­cherungs- und Festnah­me­einheit und deren Beamtinnen und Beamte bezieht.

Andere Konstellation als in früheren "ACAB"- und "FCK CPS"-Fällen

In vergangenen verfas­sungs­ge­richt­lichen Verfahren fehlte es bei den herabsetzenden Botschaften „ACAB“ („all cops are bastards“) und „FCK CPS“ („fuck cops“) an ausreichenden straf­ge­richt­lichen Feststellungen zur perso­na­li­sie­renden Zuordnung dieser Äußerungen. In diesen Fällen gab es keine Vorgeschichte mit einer bestimmten Polizeieinheit. Ein planvolles, bestimmte Beamtinnen und Beamte herabsetzendes Vorgehen war aus den Feststellungen nicht erkennbar. Die Botschaften konnten daher auch als allgemeine politische Stellungnahmen zum Kollektiv „Polizei“ im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verstanden werden. Ein Unterschied ergibt sich auch daraus, dass vorliegend das ausdrücklich in Bezug genommene Kollektiv der BFE - auch ohne den Ortszusatz - erheblich spezifischer und eher abgrenzbar ist als der Begriff „cops“. Bei Letzterem ist nicht einmal erkennbar, ob sich dieser auf die deutsche Polizei oder ganz allgemein auf alle Personen mit polizeilichen Funktionen auf der Welt bezieht.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)

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