15.11.2024
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Dokument-Nr. 17481

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Urteil10.05.1957Bundesverfassungsgericht1 BvR 550/52
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BVerfGE 6, 389Sammlung: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE), Band: 6, Seite: 389
  • DÖV 1957, 790Zeitschrift: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV), Jahrgang: 1957, Seite: 790
  • JZ 1957, 484Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ), Jahrgang: 1957, Seite: 484
  • MDR 1957, 403Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1957, Seite: 403
  • NJW 1957, 865Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1957, Seite: 865
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ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Urteil10.05.1957

BVerfG-Entscheidung von 1957: Straf­vor­schriften gegen männliche Homosexualität nicht verfas­sungs­widrigKein Verstoß gegen den Gleichheitssatz und gegen das allgemeine Persönlich­keits­recht

1957 entschied das Bundes­verfassungs­gericht, dass die Straf­vor­schriften gegen die männliche Homosexualität (§§ 175, 175a StGB) nicht verfas­sungs­widrig waren. Weder haben sie gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) noch gegen das allgemeine Persönlich­keits­recht (Art. 2 Abs. 1 GG) verstoßen.

In dem zugrunde liegenden Fall legte ein homosexueller Mann Verfas­sungs­be­schwerde gegen die Straf­vor­schriften gegen die männliche Homosexualität (§§ 175, 175a StGB) ein. So wurde etwa nach § 175 StGB ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht trieb oder sich von ihm zur Unzucht missbrauchen ließ, mit Gefängnis bestraft. Der Beschwer­de­führer meinte, dass die Straf­vor­schriften gegen den Gleichheitssatz sowie gegen das allgemeine Persön­lich­keitsrecht verstoßen haben und damit verfas­sungs­widrig gewesen seien.

Kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied gegen den Beschwer­de­führer. Die Straf­vor­schriften gegen die männliche Homosexualität haben nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verstoßen. Zwar sei es richtig, so die Verfas­sungs­richter, dass zwischen den Geschlechtern ein Verbot der Unterscheidung besteht. Dies gelte aber nur dann, wenn der zugrun­de­liegende Lebens­sach­verhalt vergleichbar ist. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Die Verfas­sungs­richter gingen davon aus, dass die männliche Homosexualität anders sei als die weibliche Homosexualität. Von ihr sollen größere Gefahren für die Gesellschaft und insbesondere für Jugendliche ausgehen, die eine Strafbarkeit rechtfertigten. Da daher ein vergleichbarer Lebens­sach­verhalt nicht vorgelegen habe, habe der Grundsatz der Gleich­be­rech­tigung der Geschlechter somit keine Anwendung finden können.

Unterschiede zwischen männlicher und weiblicher Homosexualität

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht sah qualitative Unter­schei­dungen zwischen der männlichen und der weiblichen Homosexualität. So sei die männliche Sexualität stärker auf einen bloßen Lustgewinn gerichtet. Daher neige der homosexuelle Mann dazu, einem hemmungslosen Sexualbedürfnis zu verfallen. Zudem bestehe für männliche Jugendliche eine höhere Anfälligkeit gegen Verführungen zum gleich­ge­schlecht­lichen Sex. Darüber hinaus seien Dauer­be­zie­hungen unter männlichen Homosexuellen seltener. Vielmehr neigen sie zu ständigem Partnerwechsel und lehnen familienhafte Bindungen ab. Außerdem bestehen Unterschiede im begehrten Alter des Partners sowie in der Prostitution. Nach alldem gingen die Verfas­suns­grichter von einer höheren Sozial­ge­fähr­lichkeit der männlichen Homosexualität aus. Es habe eine größere Gefahr für Jugendliche und der Erregung öffentlichen Ärgernisses, insbesondere durch Propaganda und Prostitution bestanden.

Keine Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts

Ebenso verneinte das Bundes­ver­fas­sungs­gericht eine Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts (Art. 2 Abs. 1 GG). Zwar werde durch das Grundrecht das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gewährleistet. Da die männliche Homosexualität aber eindeutig gegen das Sittengesetz verstoße, sei die Verletzung der Achtung der Intimsphäre durch die Straf­vor­schriften gerechtfertigt.

Erläuterungen
Die Entscheidung ist aus dem Jahre 1957 und erscheint im Rahmen der Reihe "Urteile zum Thema Homosexualität".

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (zt/NJW 1957, 865/rb)

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