24.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss09.02.2017

BVerfG zur Abbildung von Prominenten im öffentlichen und im privaten Raum durch die PressePersönlichkeits­schutz bei Darstellung von Personen in räumlich privat geprägten Situationen erhöht

Das Bundes­verfassungs­gericht hat entschieden, dass die Zivilgerichte im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung das Gewicht der Pressefreiheit bei der Berich­t­er­stattung über Ereignisse, die von großem öffentlichen Interesse sind, ausreichend berücksichtigen müssen. Von Bedeutung ist dabei unter anderem, ob sich die abgebildete Person im öffentlichen Raum bewegt. Betrifft die visuelle Darstellung die Privatsphäre oder eine durch räumliche Privatheit geprägte Situation, ist das Gewicht der Belange des Persönlichkeits­schutzes erhöht.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen den Kläger der Ausgangs­ver­fahren wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung geführt, in dessen Vorfeld er auch in Unter­su­chungshaft saß. Das Verfahren endete mit einem Freispruch.

Sachverhalt im Verfahren 1 BvR 967/15

Die Beschwer­de­führerin und Beklagte des Ausgangs­ver­fahrens im Verfahren 1 BvR 967/15 begleitete den Strafprozess mit einer umfangreichen Berich­t­er­stattung. Sie illustrierte die Wortbe­rich­t­er­stattung unter anderem mit einem Lichtbild des Klägers, das ihn wenige Meter vom Eingang der Kanzlei seiner Verteidigerin entfernt auf dem Gehweg zeigt. Der Kläger machte letzt­in­sta­nzlich erfolgreich die Unterlassung der Bildbe­rich­t­er­stattung geltend. Hiergegen wandte sich die Beschwer­de­führerin mit ihrer Verfas­sungs­be­schwerde. Sie rügte im Wesentlichen die Verletzung ihrer Pressefreiheit.

Sachverhalten in den Verfahren 1 BvR 2897/14 und 1 BvR 790/15

Die Beschwer­de­füh­re­rinnen in den Verfahren 1 BvR 2897/14 und 1 BvR 790/15 wandten sich gegen zivil­ge­richtliche Unter­las­sungs­ver­fü­gungen, mit denen ihnen untersagt wurde, den Kläger im Innenhof der Kanzlei seiner Verteidigerin im Vorfeld des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens abzubilden. Auch sie rügten die Verletzung ihrer Pressefreiheit.

Pressefreiheit ermöglicht freie Bestimmung der Art und Ausrichtung sowie Inhalt und Form des Publi­ka­ti­o­ns­organs

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht erklärte die Verfas­sungs­be­schwerde im Verfahren 1 BvR 967/15 für begründet. Im Zentrum der grund­recht­lichen Gewährleistung der Pressefreiheit steht das Recht, Art und Ausrichtung sowie Inhalt und Form des Publi­ka­ti­o­ns­organs frei zu bestimmen. Die Vorschriften über die Veröf­fent­lichung fotografischer Abbildungen von Personen enthalten ein abgestuftes Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Infor­ma­ti­o­ns­in­teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt. Für die Gewichtung der Belange des Persön­lich­keits­schutzes wird neben den Umständen der Gewinnung der Abbildung auch bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird.

Pressefreiheit aufgrund großen öffentlichen Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses im Verfahren 1 BvR 967/15 nicht ausreichend berücksichtigt

Diesen verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen genügen die angegriffenen Entscheidungen nicht; sie verletzen die Beschwer­de­führerin in ihrer Pressefreiheit. Die Gerichte berücksichtigen nicht ausreichend das Gewicht der Pressefreiheit aufgrund des großen öffentlichen Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses. Der Kläger durfte nicht die berechtigte Erwartung haben, nicht in den Medien abgebildet zu werden, etwa weil er in Begleitung seiner Verteidigerin abgebildet wurde. Auch hat er sich nicht in einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation befunden, sondern in einem öffentlichen Bereich, in dem er aufgrund der Gesamtumstände damit rechnen musste, dass er dort wahrgenommen wird.

Persön­lich­keitsrecht in räumlich privat geprägten Situationen erhöht

In den Verfahren 1 BvR 2897/14 und 1 BvR 790/15 erklärte das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Verfas­sungs­be­schwerden für unbegründet. Die den Entscheidungen zugrun­de­liegende Abwägung ist mit den verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen vereinbar. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen Beein­träch­ti­gungen des Persön­lich­keits­rechts ist erhöht, weil sich der Abgebildete in einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation in einem vom öffentlichen Raum nur eingeschränkt einsehbaren Innenhof befand. In dieser Situation, in der sich der Abgebildete im Vorfeld des Prozesses auf privates Gelände zurückgezogen hatte, durfte er die berechtigte Erwartung haben, nicht in den Medien abgebildet zu werden.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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