24.11.2024
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Dokument-Nr. 15577

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Urteil24.01.2001Bundesverfassungsgericht1 BvR 2623/95 und 1 BvR 622/99
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2001, 48Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2001, Seite: 48
  • BVerfGE 103, 44Sammlung: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE), Band: 103, Seite: 44
  • DÖV 2001, 596Zeitschrift: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV), Jahrgang: 2001, Seite: 596
  • DVBl 2001, 456Zeitschrift: Das Deutsche Verwaltungsblatt (DVBl), Jahrgang: 2001, Seite: 456
  • JuS 2001, 1018Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2001, Seite: 1018
  • JZ 2001, 704Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ), Jahrgang: 2001, Seite: 704
  • NJW 2001, 1633Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2001, Seite: 1633
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ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Urteil24.01.2001

2001: BVerfG weist Verfas­sungs­be­schwerden von n-tv gegen das Verbot von Fernse­h­auf­nahmen während einer Gerichts­ver­handlung abGerichts­ver­fas­sungs­gesetz begrenzt Öffentlichkeit von Gerichts­ver­hand­lungen ausdrücklich und in zulässiger Weise auf Saalöf­fent­lichkeit

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat die Verfas­sungs­be­schwerden der n-tv GmbH & Co.KG gegen das Verbot von Fernse­h­auf­nahmen während der Gerichts­ver­handlung zurückgewiesen.

Im zugrunde liegenden Fall ging es um den Wunsch des privaten Rundfun­kun­ter­nehmens n-tv, Gerichts­ver­hand­lungen im Gerichtssaal aufnehmen zu dürfen. Im so genannten "Polit­bü­ro­prozess" vor dem Landgericht Berlin und im so genannten "Kruzifix-Verfahren" vor dem Bundes­ver­wal­tungs­gericht hatte die Beschwer­de­führerin erfolglos entsprechende Anträge gestellt. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bundes­ver­fas­sungs­gericht im Polit­bü­ro­ver­fahren scheiterte ebenfalls. Die beanstandeten Entscheidungen sind jeweils auf § 169 Satz 2 GVG gestützt worden. Danach sind Fernse­h­auf­nahmen in Gerichts­ver­hand­lungen ausnahmslos unzulässig. Die Verfas­sungs­be­schwerde betrifft die Frage, ob dieses Verbot mit der Informations- und Rundfunk­freiheit vereinbar ist.

Infor­ma­ti­o­ns­freiheit beinhaltet nicht das Recht auf Eröffnung einer Infor­ma­ti­o­ns­quelle

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht wies die Beschwerde zurück. In der Begründung für seine Entscheidung führt das Gericht zunächst Grundsätzliches zum Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG aus. Die Infor­ma­ti­o­ns­freiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt den Zugang zu allgemein zugänglichen Infor­ma­ti­o­ns­quellen. Sie beinhaltet nicht das Recht auf die Eröffnung einer Infor­ma­ti­o­ns­quelle. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus der Rundfunk­freiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Der jeweils Berechtigte kann vielmehr selbst darüber bestimmen, ob, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen er eine Information oder ein Ereignis allgemein zugänglich machen möchte. Erst dann, wenn eine Infor­ma­ti­o­ns­quelle allgemein zugänglich ist und nur in dem vom Berechtigten gewählten Umfang, fällt der Zugang auch des Rundfunk­ver­an­stalters zu diesen Informationen in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

Ausschluss von Aufnahmen und Verbreitung von Ton- und Fernseh­rund­funk­auf­nahmen nicht immer Eingriff in Grundrecht

Legt der Staat die Art der Zugänglichkeit von staatlichen Vorgängen und damit zugleich das Ausmaß der Öffnung dieser Infor­ma­ti­o­ns­quelle fest, so wird in diesem Umfang der Schutzbereich der Infor­ma­ti­o­ns­freiheit eröffnet. Haben die Medien Zugang zwecks Berichterstattung, aber in rechtlich einwandfreier Weise unter Ausschluss der Aufnahme und Verbreitung von Ton- und Fernseh­rund­funk­auf­nahmen, liegt in dieser Begrenzung kein Grund­recht­s­eingriff.

Wird eine Infor­ma­ti­o­ns­quelle mit Einschränkungen - etwa hinsichtlich Funk- und Fernse­h­auf­nahmen - eröffnet, hängt die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der einschränkenden Norm davon ab, ob eine solche Beschränkung vom Recht zur Bestimmung des Zugangs gedeckt ist, ohne dass sie sich zusätzlich an Art. 5 Abs. 2 GG messen lassen müsste. Wenn der Zugang zur Infor­ma­ti­o­ns­quelle weiter oder gar unbeschränkt hätte eröffnet werden müssen, kann dies vom Träger des Grundrechts gerichtlich geltend gemacht werden.

Allgemeiner Zugang zu Gerichts­ver­handlung ist nur in dem dafür vorgesehenen Raum zulässig

Der Gesetzgeber hat im Rahmen seiner Befugnis zur Ausgestaltung des Gerichts­ver­fahrens die öffentliche Zugänglichkeit von Gerichts­ver­hand­lungen geregelt. Durch § 169 Gerichts­ver­fas­sungs­gesetz (GVG) hat er von seinem Bestim­mungsrecht in der Weise Gebrauch gemacht, dass der allgemeine Zugang nur für diejenigen eröffnet ist, die der Gerichts­ver­handlung in dem dafür vorgesehenen Raum folgen wollen.

Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen ist Bestandteil des Rechts­s­taats­prinzips

§ 169 Satz 2 des Gerichts­ver­fas­sungs­ge­setzes ("Ton- und Fernseh-Rundfunk­auf­nahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröf­fent­lichung ihres Inhalts sind unzulässig.") ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen ist ein Bestandteil des Rechts­s­taats­prinzips und entspricht dem allgemeinen Öffent­lich­keits­prinzip der Demokratie. Der Sinn der auf einer langen Tradition fußenden Gerichts­öf­fent­lichkeit liegt zum einen darin, dass die im Verfahren Beteiligten in Gestalt einer Verfah­rens­ga­rantie gegen eine der öffentlichen Kontrolle entzogene Geheimjustiz geschützt werden. Zum anderen wurde es als eigene Rechtsposition des Volkes empfunden, von den Geschehnissen im Lauf einer Gerichts­ver­handlung Kenntnis zu nehmen und die durch die Gerichte handelnde Staatsgewalt durch Anwesenheit zu kontrollieren.

Bei der Ausgestaltung der Gerichts­öf­fent­lichkeit muss der Gesetzgeber deren Funktion sowie unter­schiedliche Interessen berücksichtigen. Prozesse finden in dieser, aber nicht für die Öffentlichkeit statt. Das Gerichts­ver­fas­sungsrecht berücksichtigt gegenläufige Belange durch Ausnahmen von dem Grundsatz der Öffentlichkeit, die allgemein bestehen oder im Einzelfall vorgesehen werden können.

Zulässigkeit der Teilnahme von Journalisten an Gerichts­ver­handlung und Möglichkeit zur Berich­t­er­stattung ausreichend

Im Gerichts­ver­fas­sungs­gesetz ist die Öffentlichkeit im Rahmen der Gerichts­ver­handlung vorgesehen. Das Aufkommen des Fernsehens hat den Gesetzgeber in den 60er-Jahren veranlasst, durch Einfügung von § 169 Satz 2 GVG ausdrücklich die Öffentlichkeit auf die so genannte Saalöf­fent­lichkeit zu begrenzen. Hierzu war er nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, wohl aber berechtigt. Das Ziel der öffentlichen Kontrolle des Gerichts­ver­fahrens sowie der Zugänglichkeit von Informationen, die für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung von Bedeutung sind, wird auch durch die beschränkte Saalöf­fent­lichkeit erreicht. Das Demokra­tie­prinzip gebietet keine andere als die Saalöf­fent­lichkeit. Den Medien ist der Zugang zum Gerichtssaal eröffnet. Rundfunk­jour­na­listen können an der Gerichts­ver­handlung teilnehmen und über sie berichten. Damit trägt das Gesetz genügend dem Umstand Rechnung, dass Informationen heutzutage in erster Linie über Medien an die Öffentlichkeit vermittelt werden. Gerichts­ver­hand­lungen gehören regelmäßig nicht zu den Ereignissen mit hohem Publi­kums­in­teresse. Am ehesten besteht ein Interesse der Medien an Kurzberichten, die mit dem Ziel zusam­men­ge­stellt werden, öffentliche Aufmerksamkeit auszulösen.

Wirkungsvolle Fernseh­be­rich­t­er­stattung wird nicht durch Verbot der Verbreitung von Originalbildern und Tönen aus der Verhandlung vereitelt

Die geltende Regelung verwehrt dem Rundfunk­jour­na­listen lediglich die Herstellung und Verbreitung von Originalbildern und Tönen aus der Verhandlung. Dies führt jedoch auch angesichts der in der jüngeren Vergangenheit gesteigerten Bedeutung des Fernsehens nicht dazu, dass eine wirkungsvolle Fernseh­be­rich­t­er­stattung vereitelt wird. Neben Korre­spon­den­ten­be­richten kommen Ton- und Bildaufnahmen vor Beginn und nach Ende der Verhandlung sowie aus den Sitzungspausen in Betracht. Zwar entfällt die Möglichkeit für das Fernsehen, den Eindruck der Authentizität und des Miterlebens zu vermitteln. Es ist jedoch keineswegs gesichert, dass eine Fernseh­be­rich­t­er­stattung zu einer möglichst wirklich­keits­ge­treuen Abbildung von Gerichts­ver­hand­lungen führen würde. Medien dürfen Sendungen nach ihren eigenen Interessen und nach den Gesetz­mä­ßig­keiten ihrer Branche gestalten. Insbesondere der wirtschaftliche Wettbe­wer­bsdruck und das publizistische Bemühen um die immer schwerer zu gewinnende Aufmerksamkeit der Zuschauer führen häufig zu wirklich­keits­ver­zer­renden Darstel­lungs­weisen, etwa zu der Bevorzugung des Sensationellen und zu dem Bemühen, dem Berichts­ge­genstand nur das Besondere, etwa Skandalöse zu entnehmen. Normalität ist meist kein attraktiver Berichtsanlass. Mit den gängigen Medienpraktiken sind daher Risiken der Selektivität bis hin zur Verfälschung verbunden.

Übertragung von Ton- und Fernse­h­auf­nahmen kann für Angeklagte und Zeugen Eingriff in das Persön­lich­keitsrecht darstellen

Die Begrenzung der Gerichts­öf­fent­lichkeit auf die Saalöf­fent­lichkeit trägt Belangen des Persön­lich­keits­schutzes und den Erfordernissen eines fairen Verfahrens sowie der Wahrheits- und Rechtsfindung Rechnung. Vor Gericht müssen sich Angeklagte und Zeugen häufig in einer emotional angespannten Situation der Verhandlung und damit auch der Öffentlichkeit stellen. Informationen werden mit Hilfe staatlicher Gerichte und gegebenenfalls unter Zwang erhoben. Werden sie durch Ton- und Fernse­h­auf­nahmen festgehalten und in den Kontext einer Fernsehsendung gebracht, wird der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht verstärkt. Die Verbreitung solcher Aufnahmen kann abgelöst von den Verfahren erhebliche Folgen bewirken, zum Beispiel durch eine Prangerwirkung oder durch negative Folgen für eine spätere Resozi­a­li­sierung. Durch Schnitt, technische oder sonstige Bearbeitungen kann zudem der Gehalt einer Aussage manipuliert, mit anderen Aussagen zusam­men­ge­stellt und in anderen inhaltlichen Zusammenhängen erneut verwendet werden. Solche Gefahren für das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung abzuwehren, ist Ziel des generellen Ausschlusses von Aufnahmen und deren Verbreitung.

Ausschluss von Ton- und Bildaufnahmen im Interesse einer ungestörten Wahrheits- und Rechtsfindung zulässig

Die Möglichkeit von Ton- und Bildaufnahmen durfte zugleich im Interesse eines fairen Verfahrens und der Sicherung einer ungestörten Wahrheits- und Rechtsfindung ausgeschlossen werden. Viele Menschen ändern ihr Verhalten in Anwesenheit von Kameras und Tonbändern. Die Fairness des Verfahrens ist insbesondere im Strafprozess für Angeklagte oder Zeugen gefährdet, wenn diese sich infolge der Medienaufnahmen scheuen, intime, peinliche oder unehrenhafte Umstände vorzutragen, die zur Wahrheits­findung wichtig sind. Auch der äußere Verfah­rens­ablauf kann durch die Anwesenheit und die Tätigkeiten eines Kamerateams beeinflusst werden. Solche Störungen des äußeren Verfah­rens­ablaufs können zwar durch organi­sa­to­rische Maßnahmen in Grenzen gehalten, nicht aber vollständig ausgeschlossen werden.

Gesetzgeber muss keine Ausnahmen vom strikten Aufnahmeverbot für einzelne Verfahrensarten oder Abschnitte regeln

Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, Ausnahmen vom strikten Aufnahmeverbot für einzelne Verfahrensarten oder Abschnitte mit Rücksicht darauf zuzulassen, dass die Gefahren für den Persön­lich­keits­schutz und die Verfah­rens­durch­führung unterschiedlich sind. So sind die Risiken der Beeinflussung der Verfah­rens­durch­führung in bestimmten Verfah­rens­ab­schnitten (Urteils­ver­kündung) geringer als in anderen (Zeugen­ver­nehmung). Gefährdungen des Persön­lich­keits­rechts sind in einem Strafverfahren anders als in einem verwal­tungs­ge­richt­lichen Verfahren. Trotz solcher Unterschiede gibt es in allen Verfahrensarten und für alle Verfah­rens­ab­schnitte jedoch Gefährdungen und kann die Verhand­lungs­leitung erschwert werden, wenn sie auch die verfah­rens­fremden Interessen der Medien berücksichtigen muss. So kann eine mündliche Urteils­ver­kündung direkt im Anschluss an die Verhandlung ihren Charakter verändern, wenn sie aufgezeichnet und damit fixiert wird. Konkrete Wirkungen und Risiken für das jeweilige Verfahren sind schwer vorherzusehen; es ist ihnen deshalb auch nur schwer vorzubeugen. Diese Schwierigkeiten durften den Gesetzgeber veranlassen, das Gerichts­ver­fahren umfassend von möglichen negativen Wirkungen speziell der Ton- und Fernse­h­auf­nahmen frei zu stellen. Insbesondere war er nicht verpflichtet, die schon bestehende Sonderregelung für das Bundes­ver­fas­sungs­gericht auf andere Gerichts­ba­r­keiten zu übertragen.

Ausnahmsloses Verbot im Interesse einer möglichst ungestörten Wahrheits- und Rechtsfindung nicht zu beanstanden

Der Gesetzgeber durfte auch davon absehen, Ausnah­memög­lich­keiten für Einzelfälle zu schaffen. Die Durchführung eines Gerichts­ver­fahrens stellt erhebliche Anforderungen an das Gericht, insbesondere den Vorsitzenden. Dieser müsste jeweils darüber entscheiden, ob ein Ausnahmefall vorliegt und dafür zunächst die Verfah­rens­be­tei­ligten anhören, sodann schwierige Einschätzungen der Wirkungen der Aufnahmen auf das Verhalten der Beteiligten und über die Zumutbarkeit von Beein­träch­ti­gungen vornehmen. Nachfolgende gerichtliche Ausein­an­der­set­zungen wären nicht ausgeschlossen. Auch ist anzunehmen, dass die Medien in den sie besonders inter­es­sie­renden Verfahren öffentlichen Druck auf das Gericht ausüben würden. Der Gesetzgeber durfte die Gerichte im Interesse einer möglichst ungestörten Wahrheits- und Rechtsfindung von solchen zusätzlichen Belastungen durch ein ausnahmsloses Verbot freistellen. Dies gilt selbst bei Einwilligung der Beteiligten.

Drei Richter weichen mit Meinung über ausnahmsloses Verbot ab

Die Richter Kühling und Hoffmann-Riem sowie die Richterin Hohmann-Dennhardt haben dem Urteil eine abweichende Meinung beigefügt. Sie tragen die Gründe der Entscheidung im Wesentlichen mit, sind aber der Auffassung, dass sich angesichts der Entwicklungen sowohl des Rechts­schutz­systems als auch der Medien­land­schaft ein ausnahmsloses Verbot von Funk- und Fernse­h­auf­nahmen nicht mehr rechtfertigen lässt. In früheren Zeiten war die Saalöf­fent­lichkeit zugleich Medien­öf­fent­lichkeit als Presse­öf­fent­lichkeit. In der gegenwärtigen Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft haben andere Medien zum Teil die Rolle der Zeitungen und Zeitschriften übernommen. Können die audiovisuellen Medien nur unter Ausschluss der für sie typischen Ton- und Bewegt­bild­auf­nahmen berichten, besteht Medien­öf­fent­lichkeit nur noch begrenzt. Ein derartiger Eingriff des Staates in die Freiheit der Medien, über die Art und Weise ihrer Darstellung selbst zu entscheiden, ist recht­fer­ti­gungs­be­dürftig. Im Urteil werden zwar die einer unbegrenzten Medien­öf­fent­lichkeit entge­gen­stehende Belange zutreffend beschrieben, es wird jedoch nicht begründet, warum sie in allen Verfahrensarten und -abschnitten überwiegen. Sowohl die drastischen Veränderungen in der Medienrealität als auch die im Ausland mit Gerichts­fernsehen gesammelten Erfahrungen müssen den Gesetzgeber veranlassen, das ausnahmslose Verbot zu überdenken und gegebenenfalls zunächst Pilotprojekte zuzulassen. Eine Rechtfertigung des ausnahmslosen Ausschlusses der Ton- und Fernseh-Rundfunk­auf­nahmen entfällt schon jetzt jedenfalls für Abschnitte des verwal­tungs­ge­richt­lichen Verfahrens, die auf den Prozess der Rechts- und Wahrheits­findung keinen inhaltlichen Einfluss haben, wie in der Regel die Eröffnung des Verfahrens und der Abschluss durch Verkündung der Entscheidung. Die Öffnung von bestimmten Verfah­rens­ab­schnitten für audiovisuelle Aufnahmen ist jedenfalls nicht nur in atypischen und deshalb zu vernach­läs­si­genden Sonderfällen geboten. Auch Gründe der Praktikabilität stehen ihr nicht entgegen. Die mit der Medien­öf­fent­lichkeit verbundenen rechtlichen Belange sind zu gewichtig, als dass sie nur aus Gründen leichterer Handhabung des Verfahrens zurückgestellt werden dürften.

Erläuterungen

Die Entscheidung ist aus dem Jahr 2001 und erscheint im Rahmen der Reihe "Wissenswerte Entscheidungen" anlässlich der Diskussion um Fernseh­über­tra­gungen vom NSU-Prozess.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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