21.11.2024
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Dokument-Nr. 15072

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Urteil22.01.2013Gerichtshof der Europäischen UnionC-283/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • EuZW 2013, 347Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), Jahrgang: 2013, Seite: 347
  • GRURInt 2013, 288Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (GRURInt), Jahrgang: 2013, Seite: 288
  • MMR 2013, 265Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2013, Seite: 265
  • ZUM 2013, 202Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM), Jahrgang: 2013, Seite: 202
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil22.01.2013

Pay-TV-Sender muss anderen Fernsehsendern Material für Kurzberichte zur Verfügung stellenBeschränkung der Koste­n­er­stattung auf technisch bedingte Kosten für Kurzbericht­erstattung über Ereignisse von öffentlichem Interesse rechtmäßig

Die Beschränkung der Koste­n­er­stattung für die Kurzbericht­erstattung über Ereignisse von großem öffentlichen Interesse, wie Fußballspiele, ist rechtmäßig. Es ist mit der Grund­recht­echarta vereinbar, dass die Koste­n­er­stattung, die der Inhaber der Exklusiv­übertra­gungs­rechte für Kurzberichte anderer Sender verlangen kann, auf die technisch bedingten Kosten beschränkt ist. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Nach der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste* darf jeder Fernsehveranstalter, der in der Union niedergelassen ist, Kurzberichte über Ereignisse von großem öffentlichen Interesse senden, wenn an diesen Ereignissen exklusive Übertra­gungs­rechte bestehen. Dazu können kurze Ausschnitte frei aus dem Sendesignal des Exklu­si­v­recht­e­in­habers ausgewählt werden, der nur für die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten eine Erstattung verlangen darf.

Österreichische Regulie­rungs­behörde für Kommunikation verpflichtet Sky, dem ORF Kurzbe­rich­t­er­stat­tungsrecht einzuräumen

Sky Österreich wendet sich im Rahmen eines Rechtsstreits mit dem ORF gegen diese finanziellen Bedingungen. Sky veranstaltet das über Satellit digital und verschlüsselt ausgestrahlte Fernsehprogramm "Sky Sport Austria" und hat die Exklusivrechte für die Ausstrahlung der Europa League in den Saisonen 2009/2010 bis 2011/2012 in Österreich erworben. Nach eigenen Angaben wendet sie jährlich einen Betrag von mehreren Millionen Euro für die entsprechenden Lizenz- und Produk­ti­o­ns­kosten auf. KommAustria, die österreichische Regulie­rungs­behörde für Kommunikation, gab ihr jedoch auf, dem ORF das Kurzbe­rich­t­er­stat­tungsrecht einzuräumen, ohne diese Ausgaben zu berücksichtigen. Die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Satel­li­ten­signal verbundenen Kosten beliefen sich im vorliegenden Fall auf  Euro.

Nationales Gericht erbittet Entscheidung des EuGH zur Anwendbarkeit der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste

Der mit dem Rechtsstreit befasste Bundes­kom­mu­ni­ka­ti­o­nssenat fragt den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), ob die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, soweit sie die fragliche Koste­n­er­stattung auf die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten beschränkt, mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar ist, die das Eigentumsrecht und die unter­neh­me­rische Freiheit garantiert.

Sky kann sich nicht auf vorgesehenen Schutz des Eigentums gemäß Grund­recht­echarta stützen

Mit seinem Urteil antwortet der Gerichtshof, dass die Charta dieser Beschränkung nicht entgegensteht. In Bezug auf den grund­recht­lichen Schutz des Eigentums erkennt der Gerichtshof an, dass die exklusiven Fernseh­über­tra­gungs­rechte, wie sie Sky erworben hat, einen Vermögenswert besitzen und nicht nur kaufmännische Aussichten sind. Zu der Zeit, als Sky diese Rechte vertraglich erwarb (August 2009), sah das Unionsrecht aber bereits das Kurzbe­rich­t­er­stat­tungsrecht unter gleichzeitiger Beschränkung der Koste­n­er­stattung auf die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten vor**. Sky kann sich daher nicht auf eine gesicherte Rechtsposition berufen, die eine selbständige Ausübung ihres Exklu­si­v­über­tra­gungs­rechts ermöglicht. Folglich kann sich Sky nicht auf den in der Grund­recht­echarta vorgesehenen Schutz des Eigentums stützen.

Streitige Regelung greift in unter­neh­me­rische Freiheit ein

Dagegen stellt der Gerichtshof fest, dass die streitige Regelung in die unter­neh­me­rische Freiheit eingreift. Insbesondere verwehrt sie es nämlich dem Inhaber der Exklu­si­v­über­tra­gungs­rechte, frei über den Preis zu entscheiden, zu dem er den Zugang zum Signal gewährt, und Fernseh­ver­an­stalter, die Kurzberichte senden, so an den Kosten des Erwerbs dieser Rechte zu beteiligen.

Beschränkung der unter­neh­me­rischen Freiheit hier jedoch gerechtfertigt

Der Gerichtshof betont aber, dass die unter­neh­me­rische Freiheit als grundrechtlich geschützte Freiheit insofern eine Besonderheit aufweist, als sie einer Vielzahl von Eingriffen der öffentlichen Gewalt unterworfen werden kann, die im allgemeinen Interesse die Ausübung der wirtschaft­lichen Tätigkeit beschränken können. Dieser Umstand spiegelt sich vor allem darin wider, auf welche Weise der Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit zu handhaben ist. Der Gerichtshof kommt zu dem Schluss, dass die streitige Beschränkung der unter­neh­me­rischen Freiheit gerechtfertigt ist und dass sie insbesondere den Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit wahrt.

Beschränkung bezweckt Wahrung des Grundrechts auf Infor­ma­ti­o­ns­freiheit

Diese Beschränkung verfolgt nämlich, ohne den Wesensgehalt der unter­neh­me­rischen Freiheit zu berühren, ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel, da sie bezweckt, das Grundrecht auf Infor­ma­ti­o­ns­freiheit zu wahren und den Pluralismus zu fördern, wie es die Charta garantiert. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass die exklusive Vermarktung von Ereignissen von großem öffentlichen Interesse derzeit zunimmt und geeignet ist, den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über diese Ereignisse erheblich einzuschränken.

Koste­n­er­stattung für Ziel des Grundrechts auf Infor­ma­ti­o­ns­freiheit verfehlen

Außerdem ist die streitige Beschränkung geeignet und erforderlich, um das im Allge­mein­in­teresse liegende Ziel zu erreichen, das mit ihr verfolgt wird. Der Unions­ge­setzgeber war zu der Annahme berechtigt, dass mit einer Regelung, die eine Koste­n­er­stattung vorsieht, die die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Signal verbundenen zusätzlichen Kosten übersteigt, dieses Ziel nicht genauso wirksam erreicht werden könnte.

Gesetzgeber zur Beschränkung der unter­neh­me­rischen Freiheit und Privilegierung der Öffentlichkeit auf Information berechtigt

Die streitige Regelung ist auch nicht unver­hält­nismäßig. Unter Berück­sich­tigung einerseits der Bedeutung, die der Wahrung des Grundrechts auf Information sowie der Freiheit und dem Pluralismus der Medien, wie sie durch die Charta garantiert werden, zukommt, und andererseits des Schutzes der unter­neh­me­rischen Freiheit in der durch die Charta gewährten Form stand es dem Unions­ge­setzgeber frei, Bestimmungen wie die hier in Rede stehenden zu erlassen, die Beschränkungen der unter­neh­me­rischen Freiheit vorsehen und zugleich im Hinblick auf die erforderliche Gewichtung der betroffenen Rechte und Interessen den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen gegenüber der Vertrags­freiheit privilegieren.

Grundrechtlich geschützte Rechten und Freiheiten stehen in angemessenem Gleichgewicht

Insbesondere stellt die streitige Regelung ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen grundrechtlich geschützten Rechten und Freiheiten her, die im vorliegenden Fall betroffen sind. So sieht die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste vor, dass die Kurzbe­rich­t­er­stattung ausschließlich für allgemeine Nachrich­ten­sen­dungen erfolgen darf und nicht z. B. für Unter­hal­tungs­sen­dungen. Außerdem sollten diese kurzen Ausschnitte nicht länger als 90 Sekunden dauern und muss ihre Quelle angegeben werden. Ferner schließt die Richtlinie nicht aus, dass die Inhaber exklusiver Fernseh­über­tra­gungs­rechte ihre Rechte entgeltlich verwerten können. Ebenso können der Umstand, dass eine Refinanzierung mittels Koste­n­er­stattung ausgeschlossen ist, und eine eventuelle Minderung des Marktwerts dieser exklusiven Fernseh­über­tra­gungs­rechte in der Praxis bei den Vertrags­ver­hand­lungen über den Erwerb der fraglichen Rechte berücksichtigt werden und sich in dem für diesen Erwerb gezahlten Preis niederschlagen.

Erläuterungen

* Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwal­tungs­vor­schriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (ABl. L 95, S. 1, und Berichtigung ABl. L 263, S. 15).

** Die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwal­tungs­vor­schriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtä­tigkeit (ABl. L 332, S. 27) trat am 19. Dezember 2007 in Kraft und musste von den Mitgliedstaaten bis zum 19. Dezember 2009 umgesetzt werden.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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