21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss19.01.2008

Rechtsanwalt darf Beratungen in einem Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus versteigernVerbot verletzt Anwalt in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit

Ein Rechtsanwalt darf Beratungen in einem Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus (hier: Ebay) versteigern. Dies hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschieden.

Der Beschwer­de­führer ist Fachanwalt für Familienrecht. Er bot Beratungen in einem Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus an. Dabei handelte es sich um zwei "Beratungen bis 60 Minuten in familien- und erbrechtlichen Fragen" mit Startpreisen von 1 € beziehungsweise 75 € und um einen "Exklu­siv­be­ra­tungs­service (fünf Zeitstunden)" mit einem Startpreis von 500 €. Die Rechts­an­walts­kammer erteilte dem Beschwer­de­führer eine Rüge, da die Versteigerung anwaltlicher Dienst­leis­tungen in der Form von Inter­ne­t­auk­tionen berufs­rechts­widrig sei. Das Anwaltsgericht bestätigte die Rüge.

Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht stellte fest, dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwer­de­führer in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit verletzen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Nach der Bundes­rechts­an­walts­ordnung dürfen Rechtsanwälte über ihre berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichten, soweit die Werbung nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet ist. Die Versteigerung anwaltlicher Beratungs­leis­tungen in einem Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus kann nicht als Werbung um ein Mandat im Einzelfall behandelt werden. Zwar kommt mit dem Meistbietenden ein Mandatsvertrag zustande, jedoch zielt die Werbung des Rechtsanwalts - schon mangels Kenntnis vom potentiellen Mandanten und dessen Beratungsbedarf und weil der Aufruf der Internetseite des Auktionshauses vom Willen des Rechtsuchenden abhängt - nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall.

Versteigerung anwaltlicher Beratungs­leistung ist keine unsachliche Werbung

Ein Verbot der Versteigerung anwaltlicher Beratungs­leis­tungen in einem Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus kann auch nicht auf die Bewertung als eine unsachliche Werbung gestützt werden. Die Art und Weise der Infor­ma­ti­o­ns­über­mittlung ist bei Versteigerungen in einem Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus dadurch gekennzeichnet, dass nur derjenige, der die entsprechende Internetseite aufruft, davon Kenntnis nimmt. Die Werbung über eine solche passive Darstel­lungs­plattform belästigt regelmäßig nicht und drängt sich keiner breiten Öffentlichkeit unvorbereitet auf. Auch die Wiedergabe der angebotenen Beratungs­leis­tungen mit einem niedrigen Startpreis oder dem aktuellen Höchstgebot ist nicht irreführend.

Schützenswerte Gemein­wohl­belange sind nicht beeinträchtigt

Für eine Beein­träch­tigung schützenswerter Gemein­wohl­belange ist nichts ersichtlich. Die Versteigerung von Beratungs­leis­tungen über ein Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus deutet weder auf eine Vernach­läs­sigung von anwaltlichen Berufspflichten hin noch gefährdet dies die ordnungsgemäße Berufsausübung. Die gebüh­ren­rechtliche Bestimmung, wonach die Vergütung anhand gesetzlich festgelegter Kriterien vom Rechtsanwalt zu bestimmen ist, wird bei einer Versteigerung nicht konterkariert. Dem Rechtsanwalt steht es frei, eine von den gesetzlichen Gebühren abweichende Honora­r­ver­ein­barung zu treffen. Nichts anderes geschieht bei einer Versteigerung.

Kein Verstoß gegen das Verbot von Provi­si­ons­zah­lungen

Eine Versteigerung von Beratungs­leis­tungen in einem Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus verstößt auch nicht gegen das Verbot, das dem Rechtsanwalt untersagt, für die Vermittlung von Aufträgen eine Provision zu zahlen. Die dem Auktionshaus zu zahlende Provision wird nicht für die Vermittlung eines Auftrages geschuldet; denn das Inter­ne­t­auk­ti­o­nshaus stellt lediglich das Medium für die Werbung der Anbieter zur Verfügung. Seine Leistung durch das Überlassen einer Angebots­plattform ist vergleichbar mit den Leistungen der herkömmlichen Werbemedien.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 24/08 des BVerfG vom 04.03.2008

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