Dokument-Nr. 5813
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Bundesverfassungsgericht Beschluss27.02.2008
Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen das gesetzliche Auswahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem BundesgerichtshofBegrenzung der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte ist verfassungsgemäß
Die Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung für das Wahlverfahren der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof sind verfassungsgemäß. Das Zulassungsverfahren schränkt zwar die Berufsausübungsfreiheit ein. Es ist jedoch ausreichend bestimmt geregelt und durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht.
Vor dem Bundesgerichtshof können sich die Beteiligten in zivilrechtlichen Verfahren nur durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, der bei dem Bundesgerichtshof zugelassen ist. Das Auswahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof ist in der Bundesrechtsanwaltsordnung geregelt. Voraussetzung einer Zulassung ist eine Benennung durch den Wahlausschuss für Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof. Der Vorsitzende des Wahlausschusses teilt dem Bundesministerium der Justiz das Ergebnis der Wahl mit. Dieses trifft dann unter den gewählten Bewerbern die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof.
Der Beschwerdeführer ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und wurde in die Vorschlagsliste der Bundesrechtsanwaltskammer aufgenommen. Der Wahlausschuss legte einen Bedarf von sieben Neuzulassungen fest. In der anschließenden Wahl ergab sich für den Beschwerdeführer keine Mehrheit, um auf einen der 14 Rangplätze der dem Bundesministerium der Justiz vorgelegten Bewerberliste aufgenommen zu werden.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er sich insbesondere gegen das in der Bundesrechtsanwaltsordnung normierte Auswahlverfahren wandte, wurde von der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Die Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung für das Wahlverfahren der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof sind verfassungsgemäß. Das Zulassungsverfahren schränkt zwar die Berufsausübungsfreiheit ein. Es ist jedoch ausreichend bestimmt geregelt und durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Zwar hat der Gesetzgeber dem Wahlausschuss keine Vorgaben zur konkreten Bestimmung der Anzahl der bei dem Bundesgerichtshof zuzulassenden Rechtsanwälte gemacht. Die Auslegung führt mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck aber zu dem Ergebnis, dass die angemessene Zahl der bei dem Bundesgerichtshof zuzulassenden Rechtsanwälte an den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege auszurichten ist. Aufgrund der Notwendigkeit einer ausreichenden Beschäftigungsmöglichkeit beschränkt einerseits der Geschäftsanfall der Zivilsenate die Zahl der Zulassungen, während andererseits die sachgerechte Wahrnehmung der Interessen der Rechtsuchenden gebietet, dass für die Parteien eine hinreichende Auswahl unter mehreren Rechtsanwälten möglich ist.
Begrenzung durch Verfolgung von Zielen mit gewichtigem Gemeinwohl gerechtfertigt
2. Mit der Begrenzung der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte verfolgt der Gesetzgeber ein gewichtiges Gemeinwohlziel, das die Beschränkungen der Berufsausübung legitimiert.
Die Regelung bezweckt eine Förderung und Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen. Durch die Konzentration ihrer Tätigkeit auf die Zivilsachen bei dem Bundesgerichtshof sowie durch die Beschränkung der Zahl der zugelassenen Rechtsanwälte soll sichergestellt werden, dass die Revisionsanwälte mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der darauf beruhenden Auslegung und Fortbildung des Rechts auf das Genaueste vertraut sind. Aufgrund dieser besonderen Kenntnisse sowie ihrer allgemein hohen juristischen Qualifikation sollen sie die Weiterentwicklung der Rechtsprechung sichern und voranbringen. Überdies soll die höchstrichterliche Rechtsprechung durch die Filterfunktion der Revisionsanwälte gefördert werden, indem die Revisionsanwälte an sie herangetragene aussichtslose Verfahren vom Bundesgerichtshof fernhalten und auf diese Weise die richterliche Arbeitskraft nicht durch Verfahren gebunden wird, die für die eigentliche Aufgabe des Revisionsgerichts unerheblich sind.
Das Auswahlverfahren und die Zulassungsbegrenzung sind auch verhältnismäßig; insbesondere ist die Zulassungskontingentierung erforderlich. Zwar gibt es bei den anderen obersten Bundesgerichten keine nur dort vertretungsberechtigte Rechtsanwaltschaft. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, auf eine besondere Rechtsanwaltschaft könne ohne Nachteile für wesentliche Belange des Gemeinwohls auch bei dem Bundesgerichtshof verzichtet werden. Eine vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte Kommission kam nach Anhörung der Vertreter der obersten Bundesgerichte 1998 im Gegenteil zu dem Ergebnis, dass eine spezielle Anwaltschaft auch bei den übrigen obersten Bundesgerichten wünschenswert wäre, weil die Qualität der Prozessvertretung dort verbesserungswürdig erscheine. Die Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof kann auch nicht unter Verzicht auf die zahlenmäßige Begrenzung der zugelassenen Rechtsanwälte aufrechterhalten werden. Selbst bei strengen Eignungsprüfungen lässt die Situation auf dem Anwaltsmarkt eine hohe Zahl von Zulassungen und einen hiermit verbundenen starken Konkurrenzdruck befürchten. Gerade die Effektivität der Filterwirkung der Revisionsanwälte beruht aber vor allem auf deren wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Schließlich ist die gesetzliche Regelung auch angemessen. Die Zulassungsbeschränkung betrifft nur einen sehr kleinen Teil der anwaltlichen Berufsausübung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 41/2008 des BVerfG vom 27. März 2008
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