15.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss04.12.2012

BVerfG: Kein Elterngeld für geduldete AusländerNormen­kon­trol­lantrag zum Elterngeld für Inhaber einer Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 104 a AufenthG unzulässig

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat die Unzulässigkeit einer Vorlage des Bundes­so­zi­al­ge­richts festgestellt. Die zur Prüfung vorgelegte Vorschrift des Bundes­el­terngeld- und Eltern­zeit­ge­setzes schließt die Inhaber einer Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 104 a des Aufent­halts­ge­setzes vom Bezug des Elterngeldes aus.

In dem Vorla­ge­be­schluss hat das Bundes­so­zi­al­gericht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bejaht, ohne sich hinreichend mit der nach seinen eigenen Prämissen maßgeblichen fachrechtlichen Ausgangslage ausein­an­der­zu­setzen. Dies genügt nicht den Darle­gungs­er­for­der­nissen, die das Bundes­ver­fas­sungs­gericht an eine Richtervorlage in ständiger Rechtsprechung anlegt.

Entschei­dungs­gründe:

1. § 1 Abs. 7 des Bundes­el­terngeld- und Eltern­zeit­ge­setzes (BEEG) in der Fassung vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) regelt, inwieweit ausländische Staats­an­ge­hörige zum Bezug von Elterngeld berechtigt sind. Inhaber einer - mit dem gleichen Gesetz eingeführten - Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 104 a des Aufent­halts­ge­setzes (AufenthG) waren insoweit nicht anspruchs­be­rechtigt. Nach § 104 a AufenthG konnten geduldete Ausländer, die sich am 1. Juli 2007 seit mehreren Jahren in der Bundesrepublik aufgehalten hatten, unter Bedingungen eine bis 31. Dezember 2009 befristete Aufent­halt­s­er­laubnis erhalten.

Klägerin des Ausgangs­ver­fahrens scheiterte vor mehreren Instanzen mit Klage auf Elterngeld

2. Die Klägerin des Ausgangs­ver­fahrens war Inhaberin einer Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 104 a AufenthG. Sie hatte erfolglos Elterngeld für das erste Lebensjahr ihrer Tochter beantragt. Klage und Berufung blieben erfolglos. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 setzte das Bundes­so­zi­al­gericht das Verfahren aus und legte dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage nach der Verfas­sungs­mä­ßigkeit des § 1 Abs. 7 Nr. 2 lit. d BEEG zur Entscheidung vor.

BSG hält grundsätzlich Beschränkung des Eltern­geldan­spruches auf bestimmte Personen für zulässig

3. Das Bundes­so­zi­al­gericht hält es für grundsätzlich zulässig, den Eltern­geldan­spruch auf Personen zu beschränken, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben werden. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, wobei sich eine positive Bleibeprognose sowohl aus dem rechtlichen Aufent­halts­status als auch aus den tatsächlichen Umständen des Aufenthalts ergeben kann.

Vorla­ge­be­schluss genügt nicht Anforderungen an Darlegungen zur Verfas­sungs­wid­rigkeit der vorgelegten Norm

4. Die Vorlage ist jedoch unzulässig. Der Vorla­ge­be­schluss des Bundes­so­zi­al­ge­richts genügt den Anforderungen an die Darlegungen zur Verfas­sungs­wid­rigkeit der vorgelegten Norm nicht. a) Das Bundes­so­zi­al­gericht hält die vorgelegte Regelung für verfas­sungs­widrig, weil eine Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 104 a AufenthG keinen Rückschluss auf eine negative Bleibeprognose erlaubt habe. Nach ihrer rechtlichen Tragweite und Struktur sei die Vorschrift des § 104 a AufenthG vielmehr so angelegt, dass den betroffenen ausländischen Staats­an­ge­hörigen durchaus die Möglichkeit eines dauernden Aufenthalts in Deutschland eröffnet sei. Ob diese Einschätzung des Bundes­so­zi­al­ge­richts zutrifft, lässt sich anhand der insoweit sehr knapp gehaltenen Ausführungen im Vorla­ge­be­schluss nicht beurteilen. Es ist nicht Aufgabe des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, die fachrechtlichen Prämissen der verfas­sungs­recht­lichen Beurteilung einer vorgelegten Norm aufzuklären. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die einfach-gesetzliche Rechtslage nicht mit einem Blick erfassen lässt, sondern - wie hier - von einem komplexen Inein­an­der­greifen verschiedener Vorschriften des Fachrechts geprägt ist. Insbesondere wäre darle­gungs­be­dürftig gewesen, welche Bedeutung den Umständen zukommt, dass die Inhaber einer Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG keine Nieder­las­sungs­er­laubnis erhalten konnten und dass sie nach Ablauf der Befristung am 31. Dezember 2009 strengere Voraussetzungen erfüllen mussten, um anschließend eine Aufent­halt­s­er­laubnis nach anderen Rechts­vor­schriften zu erlangen.

Annahme der dauerhaften Bleibe­per­spektive durch BSG nur mit rechtlicher Ausgestaltung begründet

b) Wie der Senat bereits entschieden hat, kann sich eine positive Aufent­halts­prognose zwar auch aus den tatsächlichen Umständen des Aufenthalts ergeben. Jedoch hat sich das Bundes­so­zi­al­gericht hierzu nicht geäußert, sondern die Annahme einer dauerhaften Bleibe­per­spektive allein mit der rechtlichen Ausgestaltung des Aufent­halts­status begründet. Nur daran ist die Vorlage zu messen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ ra-online

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