21.11.2024
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Dokument-Nr. 12270

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Bundesverfassungsgericht Beschluss18.08.2011

BVerfG: Normen­kon­trol­lantrag zur Regelung der Vergütung von Berufsbetreuern unzulässigIm Einzelfall durch Pauschalierung entstehende Härten müssen hingenommen werden

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat einen Normen­kon­trol­lantrag zur Regelung der pauschalen Vergütung von Berufsbetreuern für unzulässig erklärt. Nach Auffassung des Gerichts war die Vorlage bereits deshalb unzulässig, weil das Landgericht die Verfas­sungs­wid­rigkeit der Vergü­tungs­re­gelung nicht hinreichend dargelegt hat.

Die Vergütung von Berufsbetreuern ist im Vormünder- und Betreu­er­ver­gü­tungs­gesetz (VBVG) geregelt. Der bei der Vergü­tungs­fest­setzung anzusetzende Zeitaufwand des Betreuers ist in § 5 VBVG pauschal bestimmt. Danach wird der Stundenansatz allein nach der Dauer der Betreuung und dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten bemessen, d. h. ob dieser in einem Heim oder zu Hause lebt. Auf den tatsächlichen Betreu­ungs­aufwand kommt es nicht an. Der für die Betreuung einer mittellosen Person anset­zungs­fähige und damit vergü­tungs­re­levante Zeitaufwand ist gegenüber dem bei Betreuung einer bemittelten Person geringer bemessen. Im ersten Fall ist die Vergütung aus der Staatskasse zu entrichten, während der bemittelte Betreute selbst mit der Betreu­er­ver­gütung belastet wird.

Betroffene legt gegen die vom Amtsgericht festgesetzte Vergütung der Berufs­be­treuerin Beschwerde ein

Im Ausgangs­ver­fahren ordnete das Betreu­ungs­gericht für die vermögende Betroffene eine vorläufige Betreuung an, die lediglich die Aufgabenkreise Aufent­halts­be­stimmung und Gesund­heits­fürsorge umfasste und nach rund sechs Monaten wieder aufgehoben wurde. Die Betroffene legte gegen die vom Amtsgericht festgesetzte Vergütung der Berufs­be­treuerin Beschwerde ein mit der Begründung, dass die Betreuerin tatsächlich viel weniger Stunden tätig gewesen sei als der Vergütung pauschal zugrunde gelegt worden seien.

Landgericht weist auf mögliche unangemessen hohen Belastung und Ungleich­be­handlung bemittelter Betreuter hin

Das Landgericht hat dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob die Regelung der Vergütung von Berufsbetreuern bei nicht mittellosen Betreuten, für die nur die Aufgabenkreise Aufent­halts­be­stimmung und Gesund­heits­fürsorge angeordnet wurden, mit dem allgemeinen Gleich­heits­grundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist. Wenn die Aufgabenkreise derart beschränkt seien, entspreche der Zeitaufwand nicht dem Zeitaufwand in den Fällen, in denen weitere Aufgabenkreise angeordnet würden. Dies führe zu einer unangemessen hohen Belastung der bemittelten Betreuten in der betreffenden Fallgruppe. Die Anzahl dieser Betroffenen sei auch nicht so gering, dass die Ungleich­be­handlung unter dem Gesichtspunkt der dem Gesetzgeber bei Masse­n­er­schei­nungen zustehenden Typisierungs- und Pauscha­lie­rungs­be­fugnis hinzunehmen wäre.

BVerfG: Verfas­sungs­wid­rigkeit der Vergü­tungs­re­gelung seitens des Landgerichts nicht hinreichend dargelegt

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass die Vorlage unzulässig ist, weil das Landgericht die Verfas­sungs­wid­rigkeit der Vergü­tungs­re­gelung nicht hinreichend dargelegt hat. Soweit es ausführt, dass die Grenze der bei Pauscha­lie­rungen im Einzelfall hinzunehmenden Härte überschritten und daher eine Verletzung des allgemeinen Gleich­heits­satzes gegeben sei, fehlt es an einer zahlenmäßigen Grundlage, die eine hinreichend sichere Feststellung zum Umfang des betroffenen Personenkreises erlaubt. Auch die Annahme des Gerichts, dass der Zeitaufwand bei Betreuungen, die nur die Aufgabenkreise Aufent­halts­be­stimmung und Gesund­heits­fürsorge umfassten, regelmäßig geringer sei, als die in § 5 VBVG vorgesehenen pauschalen Stundenansätze, ist nicht belegt.

Rechtsprechung des BVerfG zur Pauschalierung von Vergü­tungs­re­ge­lungen von Landgericht nicht ausreichend beachtet

Zudem setzt sich das Landgericht nicht mit der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zur Pauschalierung von Vergü­tungs­re­ge­lungen auseinander. So geht es nicht darauf ein, dass Gebüh­ren­ord­nungen jeder Art für die Betroffenen Vor- und Nachteile aufweisen und es der Einschätzung des Gesetzgebers auf der Grundlage verfügbarer Erkenntnisse überlassen ist, welchem Vergü­tungs­system in einer bestimmten Situation der Vorrang zu geben ist. Ferner wird nicht die Frage erörtert, ob es nicht verfas­sungs­rechtlich hinzunehmen ist, dass Vergü­tungs­pau­schalen auf der Grundlage von Misch­ka­l­ku­la­tionen zwangläufig dazu führen, dass in Einzelfällen die gesetzlich festgelegte Vergütung nicht leistung­s­ä­qui­valent ist. Soweit das Landgericht die Möglichkeit von Ausnah­me­re­ge­lungen für die betroffene Fallgruppe benennt, setzt es sich nicht mit der Frage auseinander, wie sich derartige besondere Abrech­nungs­mög­lich­keiten mit dem Ziel des Gesetzgebers in Einklang bringen lassen, ein möglichst einfaches Vergü­tungs­system vorzusehen.

Vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Schonung der Haushaltskassen nach Ansicht des BVerfG legitim

Schließlich befasst sich die Vorlage auch insoweit nicht mit der verfas­sungs­ge­richt­lichen Rechtsprechung, als das Landgericht die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der höheren Zeitansätze für bemittelte Betreute gegenüber denjenigen für mittellose Betreute bezweifelt. So hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht bereits entschieden, dass das damit vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Schonung der Haushaltskassen legitim ist und er bei der Herabsetzung der Stundenansätze für mittellose Betreute die verfas­sungs­recht­lichen Grenzen nicht überschritten hat.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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