18.10.2024
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Dokument-Nr. 9723

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Bundessozialgericht Urteil01.06.2010

Hartz IV: Keine Begrenzung der Unter­kunfts­kosten bei Umzug in ein anderes BundeslandJobcenter muss bei Wohnortwechsel höhere Unter­kunfts­kosten voll übernehmen

Zieht ein Bezieher von Leistungen nach dem SGB II von Bayern in eine teurere Wohnung nach Berlin, deren Mietzins von 300,- Euro warm für Berliner Verhältnisse jedoch angemessen ist, ist der Grund­si­che­rungs­träger dazu verpflichtet, die Kosten der Unterkunft zu übernehmen. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Der 1953 geborene Kläger des zugrunde liegenden Falls bezieht Leistungen nach dem SGB II. Nach einem Umzug von Bayern nach Berlin gewährte ihm der Beklagte in Berlin unter Berufung auf § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II lediglich Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der in Bayern vom Kläger gezahlten Miete von rund 193,- Euro warm, weil der Umzug des Klägers weder zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, noch aus sozialen Gründen erforderlich gewesen sei.

LSG: Kläger stehen nur Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der Zahlungen für bisherige Wohnung zu

Das Landes­so­zi­al­gericht Berlin-Brandenburg hat das zusprechende Urteil des Sozialgerichts Berlin aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe den Umzug des Klägers von Bayern nach Berlin zutreffend nicht als erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II bewertet. In der Folge seien auch nur die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in dem Umfang zu übernehmen, wie sie in angemessenem Umfang am bisherigen Wohnort gewährt worden seien.

Tatsächliche Aufwendungen für neue Unterkunft und Heizung in Berlin müssen übernommen werden

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat das Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts aufgehoben und den Beklagten verurteilt, die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung in Berlin zu übernehmen. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II findet bei Umzügen, die über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts hinausgehen, keine Anwendung (vgl. Bundes­so­zi­al­gericht, Urteil v. 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R -). Dies entspricht insbesondere der systematischen Stellung der Vorschrift, denn die Höhe der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten im Rahmen der abstrakten Angemes­sen­heits­prüfung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wird ebenfalls im Vergleichsraum, also im "kommunalen Bereich" ermittelt. Zudem besteht auch die Obliegenheit zur Kostensenkung bei unangemessen hohen Unter­kunfts­kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nur innerhalb dieses Vergleichsraums. Schließlich ist die Reduktion des Anwen­dungs­be­reichs verfas­sungs­rechtlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit der durch Art. 11 des Grundgesetzes gewährleisteten Freizügigkeit geboten.

Quelle: ra-online, Bundessozialgericht

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