21.11.2024
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Dokument-Nr. 9243

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Bundessozialgericht Urteil18.02.2010

BSG: Bedarfs­ge­mein­schaft kann auch bei "Versorgungsehe" vorliegenPension des Ehemannes muss beim Bezug von Arbeits­lo­sengeld II auch bei Ehe ohne gemeinsame Wohnung berücksichtigt werden

Beim Bezug von Arbeits­lo­sengeld II kann das Einkommen eines Ehepartners auch dann berücksichtigt werden, wenn beide Eheleute bereits bei der Eheschließung vereinbart hatten, eine Ehe ohne räumlichen Lebens­mit­telpunkt (gemeinsame Wohnung) zu führen, da in diesem Fall von dem Bestehen einer Bedarfs­ge­mein­schaft auszugehen ist. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Die 1954 geborene Klägerin stand im Bezug von Arbeits­lo­sengeld II. Sie heiratete im Januar 2005 den 1936 geborenen H.-L. M. Die Eheleute lebten auch nach der Eheschließung in ihren bisherigen Wohnungen, führten getrennte Haushalte und vereinbarten eine Gütertrennung. Die Klägerin verbrachte wie bisher drei bis viermal in der Woche vormittags die Zeit bei ihrem Ehemann mit Gesprächen, Spaziergängen und Fernsehen. Gelegentlich wurden gemeinsame Mahlzeiten eingenommen. Die Beklagte hob die laufende Bewilligung von SGB II-Leistungen auf, weil sich unter Berück­sich­tigung der Pension des Ehemannes ein einzusetzendes Einkommen ergebe, welches den Bedarf der Eheleute nach dem SGB II übersteige. Das Landes­so­zi­al­gericht hatte das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts geändert und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Durch die Heirat sei keine recht­s­er­hebliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten.

Voraussetzungen einer Bedarfs­ge­mein­schaft gegeben

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat den Rechtsstreit an das Landes­so­zi­al­gericht zurückverwiesen. Die Voraussetzungen einer von der Klägerin und ihrem Ehemann gebildeten Bedarfsgemeinschaft haben zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhe­bungs­be­scheids vorgelegen. Zur Bedarfs­ge­mein­schaft gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II unter anderem der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte. Aus den vom Landes­so­zi­al­gericht getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann ab der Eheschließung, das heiß seit dem 5. Januar 2005, eine Bedarfs­ge­mein­schaft bildete.

Unwille zum Fortbestehen eines gemeinsamen Lebens muss erkennbar sein

Der Senat geht insoweit von den Grundsätzen aus, die zum famili­en­recht­lichen Begriff des Getrenntlebens entwickelt worden sind. Für das Getrenntleben im famili­en­recht­lichen Sinne muss regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt. In der vorliegenden Konstellation einer Ehe ohne gemeinsamen räumlichen Lebens­mit­telpunkt muss entsprechend der Wille eines Partners festgestellt werden, diese gewählte Form der Ehe aufgeben zu wollen. Ein derartiger Lösungswille der Klägerin war nach den Feststellungen des Landes­so­zi­al­ge­richts hier im Januar 2005 nicht vorhanden. Aus der Systematik des SGB II folgt nicht, dass dem SGB II ein anderer Begriff des Getrenntlebens zugrunde liegt, bei dem auf die Feststellung eines Trennungs­willens verzichtet werden kann. Allerdings lässt sich aufgrund der vom Landes­so­zi­al­gericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beklagte wegen des Entfallens der Hilfe­be­dürf­tigkeit die Bewilligung aufzuheben hatte. Erforderlich sind insofern Feststellungen zur Höhe des zu berück­sich­ti­genden Einkommens des Ehemannes der Klägerin und zu dessen Bedarf.

Quelle: ra-online, BSG

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