Dokument-Nr. 7155
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- Sozialgericht Aachen, Urteil18.07.2006, S 11 AS 58/06
- Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil20.08.2007, L 20 AS 99/06
Bundessozialgericht Urteil16.12.2008
Einkommensteuererstattung ist auf Hartz-IV-Leistungen anzurechnenSteuererstattung stellt Einkommen dar
Wer nach Antragstellung von Hartz IV eine Einkommensteuererstattung vom Finanzamt erhält, muss sich diese Erstattung auf die Hartz-IV-Leistungen anrechnen lassen. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden. Juristisch handelt es sich bei der Steuererstattung um "Einkommen", das angerechnet wird und nicht um so genanntes "Vermögen". Vermögen würde auf die Hartz IV-Leistungen nicht angerechnet werden.
Der 1967 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 mit Unterbrechungen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, zuletzt mit Bescheid vom 03.02.2006 für Februar bis Juli 2006 i.H.v. monatlich 532,37 €. Das Landessozialgericht hat nicht festgestellt, wann dem Kläger dieser Bescheid zugegangen ist. Am 06.02.2006 wurde dem Kläger vom Finanzamt eine Einkommensteuererstattung für 2004 i.H.v. 2.158 € gutgeschrieben.
ARGE rechnete Steuererstattung an
Die beklagte ARGE (Grundsicherungsträger) hob die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen teilweise auf und bewilligte dem Kläger Leistungen für Februar 2006 unverändert i.H.v. 532,37 € sowie für März bis Juli 2006 unter Berücksichtigung der Steuererstattung i.H.v. monatlich nur noch 160,17 €. Zur Begründung führte die beklagte ARGE aus, die Steuererstattung sei nicht Vermögen, sondern als Einkommen zu berücksichtigen und zu gleichen Teilen auf März bis Juli 2006 zu verteilen, zumal durch die verbleibenden Zahlbeträge der Versicherungsschutz des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung erhalten bleibe. Widerspruch, Klage und Berufung, mit denen sich der Kläger jeweils gegen die Berücksichtigung der Steuererstattung als Einkommen wandte, blieben ohne Erfolg.
BSG weist Sache an das Landessozialgericht zurück
Auf die Revision der Klägers hat der Senat das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
BSG: Nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zufließende Einkommensteuererstattung ist berücksichtigungsfähiges Einkommen
Die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende materiell-rechtliche Frage der Behandlung einer Einkommensteuerstattung ist geklärt. Bei einer nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Einkommensteuererstattung handelt es sich um berücksichtigungsfähiges Einkommen iS des § 11 SGB II und nicht um Vermögen iS des § 12 SGB II. Die Steuererstattung verändert ihre rechtliche Qualität auch nicht ab dem Folgemonat des Zuflusses und ist auf die bewilligte Leistung umzulegen. Dies hat der 4. Senat in einem Urteil vom 30.9.2008 im Anschluss an die Rechtsprechung des 14. Senats des BSG und des Bundesverwaltungsgerichts zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen entschieden. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Einkommensteuererstattung durfte leistungsmindernd berücksichtigt werden
Die Beklagte durfte somit im Grundsatz die Einkommensteuererstattung leistungsmindernd berücksichtigen. Allerdings musste sie dabei die Vorschriften des SGB X beachten und prüfen, ob der Kläger verfahrensrechtlichen Vertrauensschutz genießt. Hierzu fehlen hinreichende Tatsachenfeststellungen. Die vom SG und LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten geben weder hierüber noch über den Zeitpunkt der Absendung oder Bekanntgabe des Bescheides Aufschluss. Nach Zurückverweisung ist daher zu klären, ob der Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes vor, am oder nach dem 6.2.2006, dem Tag der Gutschrift der Steuererstattung, erfolgt ist. Hievon hängt ab, ob sich die Aufhebung der Bewilligung nach § 48 SGB X oder den strengeren Aufhebungsvoraussetzungen des § 45 SGB X richtet. Hierauf käme es nur dann nicht an, wenn es bei § 45 SGB X ausnahmsweise (wie bei § 48 SGB X) einer Ermessensentscheidung nicht bedurft hätte, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorlagen (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 2 II SGB III). Das LSG hat bisher keine Tatsachen festgestellt, die den Tatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllen könnten, wird aber etwaigem Vorbringen des Klägers hierzu nach Zurückverweisung der Sache nachgehen müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.12.2008
Quelle: ra-online (pt)
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