14.11.2024
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Dokument-Nr. 7155

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Urteil16.12.2008BundessozialgerichtB 4 AS 48/07 R
Vorinstanzen:
  • Sozialgericht Aachen, Urteil18.07.2006, S 11 AS 58/06
  • Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil20.08.2007, L 20 AS 99/06
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil16.12.2008

Einkom­men­steu­e­r­er­stattung ist auf Hartz-IV-Leistungen anzurechnenSteue­r­er­stattung stellt Einkommen dar

Wer nach Antragstellung von Hartz IV eine Einkom­men­steu­e­r­er­stattung vom Finanzamt erhält, muss sich diese Erstattung auf die Hartz-IV-Leistungen anrechnen lassen. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden. Juristisch handelt es sich bei der Steue­r­er­stattung um "Einkommen", das angerechnet wird und nicht um so genanntes "Vermögen". Vermögen würde auf die Hartz IV-Leistungen nicht angerechnet werden.

Der 1967 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 mit Unterbrechungen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, zuletzt mit Bescheid vom 03.02.2006 für Februar bis Juli 2006 i.H.v. monatlich 532,37 €. Das Landes­so­zi­al­gericht hat nicht festgestellt, wann dem Kläger dieser Bescheid zugegangen ist. Am 06.02.2006 wurde dem Kläger vom Finanzamt eine Einkom­men­steu­e­r­er­stattung für 2004 i.H.v. 2.158 € gutgeschrieben.

ARGE rechnete Steue­r­er­stattung an

Die beklagte ARGE (Grund­si­che­rungs­träger) hob die Bewilligung von Grund­si­che­rungs­leis­tungen teilweise auf und bewilligte dem Kläger Leistungen für Februar 2006 unverändert i.H.v. 532,37 € sowie für März bis Juli 2006 unter Berück­sich­tigung der Steuererstattung i.H.v. monatlich nur noch 160,17 €. Zur Begründung führte die beklagte ARGE aus, die Steue­r­er­stattung sei nicht Vermögen, sondern als Einkommen zu berücksichtigen und zu gleichen Teilen auf März bis Juli 2006 zu verteilen, zumal durch die verbleibenden Zahlbeträge der Versi­che­rungs­schutz des Klägers in der Kranken- und Pflege­ver­si­cherung erhalten bleibe. Widerspruch, Klage und Berufung, mit denen sich der Kläger jeweils gegen die Berück­sich­tigung der Steue­r­er­stattung als Einkommen wandte, blieben ohne Erfolg.

BSG weist Sache an das Landes­so­zi­al­gericht zurück

Auf die Revision der Klägers hat der Senat das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

BSG: Nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zufließende Einkom­men­steu­e­r­er­stattung ist berück­sich­ti­gungs­fähiges Einkommen

Die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende materiell-rechtliche Frage der Behandlung einer Einkom­men­steu­er­stattung ist geklärt. Bei einer nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Einkom­men­steu­e­r­er­stattung handelt es sich um berück­sich­ti­gungs­fähiges Einkommen iS des § 11 SGB II und nicht um Vermögen iS des § 12 SGB II. Die Steue­r­er­stattung verändert ihre rechtliche Qualität auch nicht ab dem Folgemonat des Zuflusses und ist auf die bewilligte Leistung umzulegen. Dies hat der 4. Senat in einem Urteil vom 30.9.2008 im Anschluss an die Rechtsprechung des 14. Senats des BSG und des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen entschieden. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

Einkom­men­steu­e­r­er­stattung durfte leistungs­mindernd berücksichtigt werden

Die Beklagte durfte somit im Grundsatz die Einkom­men­steu­e­r­er­stattung leistungs­mindernd berücksichtigen. Allerdings musste sie dabei die Vorschriften des SGB X beachten und prüfen, ob der Kläger verfah­rens­recht­lichen Vertrau­ens­schutz genießt. Hierzu fehlen hinreichende Tatsa­chen­fest­stel­lungen. Die vom SG und LSG in Bezug genommenen Verwal­tungsakten geben weder hierüber noch über den Zeitpunkt der Absendung oder Bekanntgabe des Bescheides Aufschluss. Nach Zurück­ver­weisung ist daher zu klären, ob der Erlass des angefochtenen Verwal­tungsaktes vor, am oder nach dem 6.2.2006, dem Tag der Gutschrift der Steue­r­er­stattung, erfolgt ist. Hievon hängt ab, ob sich die Aufhebung der Bewilligung nach § 48 SGB X oder den strengeren Aufhe­bungs­vor­aus­set­zungen des § 45 SGB X richtet. Hierauf käme es nur dann nicht an, wenn es bei § 45 SGB X ausnahmsweise (wie bei § 48 SGB X) einer Ermes­sen­s­ent­scheidung nicht bedurft hätte, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorlagen (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 2 II SGB III). Das LSG hat bisher keine Tatsachen festgestellt, die den Tatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllen könnten, wird aber etwaigem Vorbringen des Klägers hierzu nach Zurück­ver­weisung der Sache nachgehen müssen.

Quelle: ra-online (pt)

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