14.11.2024
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Dokument-Nr. 8950

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Urteil17.12.2009BundessozialgerichtB 4 AS 19/09 R
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Bundessozialgericht Urteil17.12.2009

BSG: Begrenzung der Unter­kunfts­kosten bei Umzug vor Leistungsbeginn nicht ohne Weiteres zulässigrundsi­che­rungs­träger ist zunächst verpflichtet tatsächliche Kosten der Wohnung zu tragen

Der Grund­si­che­rungs­träger ist nicht berechtigt, bei einer erstmaligen Bewilligung von Grund­si­che­rungs­leis­tungen bei einer neu angemieteten Wohnung nur die von ihm als angemessen festgestellten Kosten für Unterkunft und Heizung zu Grunde zu leisten. Vielmehr ist er in der Regel (längstens für sechs Monate) dazu verpflichtet, die tatsächlichen Kosten der Wohnung zu tragen. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Der Kläger schloss am 19. November 2007 zum 1. Dezember 2007 einen Mietvertrag über eine rund 50 qm große Zweizim­mer­wohnung zu einem Brutto­kalt­mietzins von 291,90 Euro plus Heizkos­ten­vor­aus­zahlung von 70,- Euro. Auf seinen Antrag ebenfalls vom 19. November 2007 bewilligte der Beklagte ihm jedoch nur Leistungen für Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 319,- Euro für den Monat Dezember 2007 und 324,- Euro für die Monate Januar bis Mai 2008. Der Beklagte begründete seine Entscheidung damit, dass nur die angemessenen Aufwendungen zu übernehmen seien. Der Kläger sei ohne vorherige Zusicherung zur Übernahme der Unter­kunfts­kosten in die neue Wohnung umgezogen. Die Mietobergrenze für Einper­so­nen­haushalte nach dem SGB II betrage in Wilhelmshaven 259,- Euro (Kaltmiete plus Nebenkosten).

Zusicherung des Grund­si­che­rungs­trägers für Kostenübernahme nicht erforderlich

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Das Bundes­so­zi­al­gericht hat das Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts auf die Revision des Beklagten aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Zutreffend ist der beklagte Grund­si­che­rungs­träger zwar davon ausgegangen, dass er nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich nur verpflichtet ist, die angemessenen Unter­kunfts­kosten zu übernehmen. Das Gericht kann nach dem Stand des Verfahrens unentschieden lassen, ob die tatsächlich entstandenen Kosten als angemessene Kosten der Unterkunft anzusehen sind. Denn ein Anspruch auf die tatsächlichen Unter­kunfts­kosten kann sich hier aus dem für die vorliegende Fallgestaltung anwendbaren § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ergeben. Eine Absenkung erfolgt insoweit nicht, wenn den Hilfe­be­dürftigen keine Kosten­sen­kungs­ob­lie­genheit trifft. Dieses gilt grundsätzlich auch, wenn der Hilfebedürftige kurz vor Beginn des Leistungsbezugs eine neue Wohnung zu einem unangemessenen Mietzins anmietet. Der Grund­si­che­rungs­träger ist daher zunächst verpflichtet, die tatsächlichen Kosten der Wohnung - in der Regel jedoch längstens für sechs Monate - zu tragen, es sei denn, der Hilfebedürftige hatte bei Abschluss des Mietvertrags ihm zurechenbar Kenntnis von der Unange­mes­senheit der Aufwendungen. Einer Zusicherung des Trägers zur Übernahme der Aufwendungen für die "neue" Wohnung im Sinne des § 22 Abs. 2 SGB II bedarf es im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten vor Leistungsbeginn/Erstan­trag­stellung jedoch nicht.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 22 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB II

(1) Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. … Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfe­be­dürftigen oder der Bedarfs­ge­mein­schaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfe­be­dürftigen oder der Bedarfs­ge­mein­schaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

§ 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II

(2) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des für die Leistungs­er­bringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. …

Quelle: ra-online, BSG

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