03.12.2024
03.12.2024  
Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil29.04.2010

BSG: Behinderter hat bei nahezu vorhandener Taubheit Anspruch auf Licht­si­gna­l­anlageKrankenkasse muss Kosten für Hilfsmittel zum Ausgleich von Behinderung übernehmen

Versicherte, die wegen einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit die Klingel ihrer Wohnung auch mit den vorhandenen Hörgeräten nicht wahrnehmen können, haben grundsätzlich Anspruch auf Versorgung mit einer Licht­si­gna­l­anlage, durch die die akustischen Signale der Türklingel in optische Signale umgewandelt werden. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Im zugrunde liegenden Fall beantragte die Klägerin, die wegen ihrer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit die Klingel ihrer Wohnung auch mit den vorhandenen Hörgeräten nicht wahrnehmen kann, im Dezember 2005 unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung und eines Kosten­vor­an­schlages die Versorgung mit einer Lichtsignalanlage. Die beklagte Krankenkasse lehnte den Leistungsantrag ab.

Eine Licht­si­gna­l­anlage besteht aus einem Sender und mindestens einem Empfänger. Der Sender muss mit der Türklingel durch ein spezielles Kabel verbunden werden. Er nimmt die akustischen Signale auf und wandelt diese in Funkimpulse um, die über die normale Steckdose und das vorhandene Stromnetz zum Empfänger übertragen werden. Der Empfänger, eine Blitzlampe, wandelt die Funkimpulse in Lichtsignale um. Dabei wird zweck­mä­ßi­gerweise jeder Raum der Wohnung mit einer Blitzlampe ausgestattet.

Licht­si­gna­l­anlage nicht als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes anzusehen

Das Bundes­so­zi­al­gericht entschied nun, dass behinderte Menschen grundsätzlich einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit Hilfsmitteln haben, die geeignet und im Einzelfall erforderlich sind, ihre Behinderung und deren Folgen auszugleichen (§ 33 SGB V, § 31 SGB IX). Bei einer solchen Licht­si­gna­l­anlage handelt es sich um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung, weil die Bestandteile nach den Feststellungen des Landes­so­zi­al­ge­richts nicht fest mit dem Gebäude verbunden sind und die Anlage in jeder anderen Wohnung im Wesentlichen unverändert eingesetzt werden kann. Es handelt sich bei dem Einbau der Licht­si­gna­l­anlage also nicht um eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes; diese Maßnahmen fallen in die Zuständigkeit der Pflegekassen (§ 40 SGB XI) und können nur nach vorheriger Feststellung der Pflege­be­dürf­tigkeit bezuschusst werden.

Kein allgemeiner Gebrauchs­ge­genstand des täglichen Lebens

Es geht auch nicht um einen – von der Leistungs­pflicht der Krankenkassen ausgenommenen – allgemeinen Gebrauchs­ge­genstand des täglichen Lebens (§ 33 Abs. 1 SGB V). Ähnliche Licht­si­gna­l­anlagen werden zwar auch an bestimmten Arbeitsplätzen eingesetzt (z.B. Tonstudio, Call-Center), regelmäßig aber nicht von Menschen mit intaktem Hörsinn in ihrem Alltag verwendet.

Rückweisung der Sache an das Landes­so­zi­al­gericht zur Prüfung des Kosten­vor­an­schlags

Der Rechtsstreit musste jedoch an das Landes­so­zi­al­gericht zurückverwiesen werden, weil noch geklärt werden muss, ob der von der Klägerin eingereichte Kosten­vor­an­schlag hinsichtlich aller dort aufgeführten Komponenten und Preise dem Grundsatz der Notwendigkeit und Wirtschaft­lichkeit entspricht.

Quelle: ra-online, BSG

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil9583

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI