Bundessozialgericht Urteil02.09.2014
Krankenkasse muss Kosten für Augenbehandlung mit Lucentis vollständig übernehmenPatient muss Risiko der Aufteilung der Einmalspritzen auf mehrere Behandlungen nicht tragen
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass eine Krankenkasse verpflichtete ist, die Kosten für die Behandlung einer Augenkrankheit eines Patienten mit dem Medikament Lucentis vollständig übernehmen muss.
Lucentis ist als Arzneimittel für die Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration, einer weit verbreiteten Augenkrankheit, in einer "Durchstechflasche zum einmaligen Gebrauch" zugelassen. Ein Arzt muss es - gegebenenfalls mehrmals in Zeitabständen - ins Auge des Patienten injizieren. Gesetzlich Krankenversicherte können die Behandlung bisher nur privat-, nicht aber vertragsärztlich erhalten. Denn Injektionen ins Auge sind bisher nicht in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgenommen, der die vertragsärztlichen Leistungen abschließend festlegt.
Krankenkasse muss volle Kosten der Behandlung übernehmen
Das Bundessozialgericht entschied, dass die beklagte Krankenkasse die vollen Kosten der Behandlung mit Lucentis übernehmen muss. Versicherte müssen sich wegen der möglichen Risiken jedenfalls gegen ihren Willen nicht darauf verweisen lassen, die Einmalspritze auf zwei oder drei patientengerechte Darreichungsformen aufzuteilen. Die Beklagte konnte sich auch nicht darauf berufen, die Abrechnung der ärztlichen Behandlung habe zwar formell, nicht aber materiell der Gebührenordnung für Ärzte entsprochen. Die Beklagte hatte dem Versicherten nämlich nicht angeboten, ihn in einem Rechtsstreit auf Abrechnungsminderung gegen den behandelnden Arzt zu unterstützen und von Kosten freizustellen.
Das Bundessozialgericht hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen (Fall 3), ebenso die Revision der Beklagten in einem ähnlichen Fall (Fall 4).
Rechtsvorschriften (Auszug)
Krankenversicherung
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§ 13 Absatz 3 Satz 1 Fall 2 (hier anzuwenden in der seit 1.7.2001 geltenden Fassung des Art. 5 Nr. 7 Buchst b SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046)
Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.09.2014
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online