18.10.2024
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Dokument-Nr. 16443

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Beschluss07.08.2013BundesgerichtshofXII ZB 269/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2013, 1554Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2013, Seite: 1554
  • NJW 2013, 3024Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 3024
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Fürth, Beschluss10.11.2011, 203 F 362/11
  • Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss26.04.2012, 9 UF 1747/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss07.08.2013

Bundes­ge­richtshof zur Leistungs­fä­higkeit zur Zahlung von ElternunterhaltSohn soll für im Altenpflegeheim untergebrachte Mutter bereits geleistete Beträge in Höhe von 5.497,78 Euro erstatten

Der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhalts­pflichtigen bleibt grundsätzlich unberück­sichtigt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist. Übersteigt das sonstige vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens mit 5 % vom Bruttoeinkommen geschütztes Altersvorsorge­vermögen nicht, kommt eine Unter­halts­pflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die 1926 geborene Mutter des Antragsgegners lebt in einem Altenpflegeheim. Weil sie die Heimkosten nicht vollständig aus ihrer Rente und den Leistungen der Pflege­ver­si­cherung aufbringen kann, gewährt der Antragsteller ihr Leistungen der Sozialhilfe. Im vorliegenden Verfahren verlangt der Antragsteller Erstattung der in der Zeit von Juli 2008 bis Februar 2011 geleisteten Beträge. Die Beteiligten streiten allein darüber, ob der Antragsgegner aus seinem Einkommen oder aus seinem Vermögen leistungsfähig ist.

Antragsgegner besitzt u. a. eine Eigen­tums­wohnung und zwei Lebens­ver­si­che­rungen

Der Antragsgegner erzielte im Jahr 2008 ein Jahres­brut­to­ein­kommen in Höhe von 27.497,92 Euro, woraus das Oberlan­des­gericht ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.121 Euro errechnet hat. Er ist Eigentümer einer aus drei Zimmern bestehenden Eigen­tums­wohnung, deren Wohnvorteil das Oberlan­des­gericht mit 339,02 Euro ermittelt hat. Außerdem ist der Antragsgegner hälftiger Miteigentümer eines Hauses in Italien, dessen anteiliger Wert vom Antragsteller mit 60.000 Euro angegeben ist, und verfügt über zwei Lebens­ver­si­che­rungen mit Werten von 27.128,13 Euro und 5.559,03 Euro sowie über ein Sparguthaben von 6.412,39 Euro. Eine weitere Lebens­ver­si­cherung hatte der Antragsgegner gekündigt und deren Wert zur Rückführung von Verbind­lich­keiten verwendet, die auf dem Haus in Italien lasteten.

OLG: Beschwerde des Antragsgegners erfolgreich

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller rückständigen Unterhalt in Höhe von insgesamt 5.497,78 Euro zu zahlen. Das Oberlan­des­gericht hat die auf weiteren Unterhalt gerichtete Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen und - auf die Beschwerde des Antragsgegners - den Antrag vollständig abgewiesen.

BGH weist Verfahren zur neuen Verhandlung an das OLG zurück

Auf die vom Oberlan­des­ge­richtshof zugelassene Rechts­be­schwerde des Antragstellers hat der Bundes­ge­richtshof den angefochtenen Beschluss aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen.

OLG hat Fahrtkosten für Besuche der Mutter nicht berücksichtigt

Das Oberlan­des­gericht hat auf der Grundlage der Einkünfte und Nutzungs­vorteile des Antragsgegners von insgesamt rund 1.460 Euro seine Leistungs­fä­higkeit verneint, weil der für den Elternunterhalt geltende, ihm zu belassende Selbstbehalt von 1.500 Euro nicht überschritten sei. Diese Ausführungen sind nicht rechts­feh­lerfrei, weil schon das Nettoeinkommen nicht fehlerfrei ermittelt wurde. Außerdem betrug der Selbstbehalt im Rahmen des Eltern­un­terhalts für die hier relevante Zeit lediglich 1.400 Euro und wurde erst später zum 1. Januar 2011 auf 1.500 Euro und zum 1. Januar 2013 auf 1.600 Euro erhöht. Allerdings hat das Oberlan­des­gericht die vom Antragsgegner mit monatlich 67,20 Euro angegebenen Fahrtkosten für Besuche bei seiner Mutter unberück­sichtigt gelassen, obwohl der Bundes­ge­richtshof entschieden hat, dass diese Kosten abzusetzen sind, weil die Besuche einer unter­halts­rechtlich anzuerkennenden sittlichen Verpflichtung entsprechen. Ob auf dieser Grundlage eine Unterhaltspflicht aus dem Einkommen unter Berück­sich­tigung des Wohnvorteils des Antragsgegners besteht, wird das Oberlan­des­gericht erneut prüfen müssen.

Alters­vor­sor­ge­vermögen bleibt unangreifbar

Von besonderer Bedeutung sind allerdings die weiteren Ausführungen des Bundes­ge­richtshofs zum Einsatz des Vermögens im Rahmen des Eltern­un­terhalts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs muss das unter­halts­pflichtige Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unter­halts­schuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Dem dient auch die eigene Altersvorsorge, die der Unter­halts­schuldner neben der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung mit weiteren 5 % von seinem Bruttoeinkommen betreiben darf. Entsprechend bleibt dann auch das so gebildete Alters­vor­sor­ge­vermögen im Rahmen des Eltern­un­terhalts unangreifbar. Der Bundes­ge­richtshof hat jetzt entschieden, dass der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unter­halts­pflichtigen grundsätzlich unberück­sichtigt bleibt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist. Übersteigt das sonstige vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens mit 5 % vom Bruttoeinkommen geschütztes Alters­vor­sor­ge­vermögen nicht, kommt eine Unter­halts­pflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht. Weil das Oberlan­des­gericht allerdings auch das Alters­vor­sor­ge­vermögen nicht fehlerfrei berechnet hat, wird es dieses und die Bemessung eines zusätzlich zu belassenden Notgroschens erneut zu prüfen haben.

Die maßgebliche Norm lautet wie folgt:

Erläuterungen
§ 1601 BGB Unter­halts­ver­pflichtete

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren

§ 1603 BGB Leistungs­fä­higkeit

(1) Unter­halts­pflichtig ist nicht, wer bei Berück­sich­tigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) …

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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