18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 16276

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Beschluss15.05.2013BundesgerichtshofXII ZB 107/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2013, 585Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2013, Seite: 585
  • FamRB 2013, 288Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2013, Seite: 288
  • FamRZ 2013, 1387Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2013, Seite: 1387
  • FuR 2013, 583Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2013, Seite: 583
  • jM 2014, 18 (Wolfram Viefhues)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2014, Seite: 18, Entscheidungsbesprechung von Wolfram Viefhues
  • MDR 2013, 1006Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 1006
  • NJW 2013, 2668Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 2668
  • NJW-Spezial 2013, 549Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2013, Seite: 549
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss15.05.2013

Detektivkosten im Unterhalts­rechts­streit bei Verwendung eines GPS-Systems nicht erstat­tungsfähigÜberwachung mittels GPS-Systems stellt unver­hält­nis­mäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeits­recht dar

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Detektivkosten für die Erstellung eines umfassenden Bewegungs­profils des geschiedenen Ehegatten im Rahmen eines Unterhalts­rechts­streits erstat­tungsfähig sind. Das Gericht entschied, dass auch Detektivkosten - sofern sie auf der Grundlage eines konkreten Verdachts zur Durchsetzung des Rechts notwendig waren - zu den Prozesskosten zählen können. Dies gilt allerdings nur, wenn die Mittel zur Beschaffung von Beweisen auch im Rechtsstreit verwertet werden dürfen. Daran fehlt es beispielsweise bei einem durch GPS-Sender erstellten umfassenden perso­nen­be­zogenen Bewegungsprofil.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls war rechtskräftig zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden. In jenem Verfahren hatte die Beklagte als Unter­halts­be­rechtigte geltend gemacht, ihre Beziehung zu einem andern Mann sei beendet. Später hatte sie die Beziehung jedoch fortgesetzt.

Kläger beauftrag Detektiv

Zur Vorbereitung einer Abände­rungsklage hatte der Kläger einen Detektiv mit der Feststellung beauftragt, ob die Beklagte eine verfestigte Lebens­ge­mein­schaft i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB unterhalte. Der Detektiv überwachte die Fahrten der Beklagten mit einem an ihrem Fahrzeug heimlich angebrachten GPS-Sender.

Parteien streiten über Erstattung der Detektivkosten

Nachdem die Beklagte vorprozessual die Voraussetzungen für einen Wegfall ihres Unter­halts­an­spruchs verneint hatte, erkannte sie im anschließenden Abände­rungs­ver­fahren den Antrag des Klägers auf Wegfall seiner Unter­halts­pflicht an. In dem Anerkennt­ni­s­urteil wurden ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt. Im nachfolgenden Kosten­fest­set­zungs­ver­fahren stritten die Parteien darum, ob auch die Detektivkosten des Klägers von der Beklagten zu erstatten sind.

Detektivkosten können zu Prozesskosten zählen

Das Oberlan­des­gericht hat dies abgelehnt; der Bundes­ge­richtshof hat die vom Oberlan­des­gericht zugelassene Rechts­be­schwerde zurückgewiesen. Zu den Prozesskosten, die auf der Grundlage der Kosten­grun­d­ent­scheidung festgesetzt werden können, zählen nicht nur die durch Einleitung und Führung eines Rechtsstreits ausgelösten Kosten, sondern auch solche Kosten, die durch rechtmäßige Maßnahmen zur Vorbereitung eines bevorstehenden Verfahrens ausgelöst werden. Dazu können auch Detektivkosten gehören, wenn sie auf der Grundlage eines konkreten Verdachts zur Durchsetzung des Rechts notwendig waren, sich in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des Streit­ge­gen­standes halten und die erstrebte Feststellung nicht einfacher oder billiger zu erzielen war. Das gilt grundsätzlich auch für die Ermittlung von Indiztatsachen für eine vom Unter­halts­be­rech­tigten bestrittene verfestigte Lebens­ge­mein­schaft.

Kosten zur Beschaffung von Beweismitteln müssen nur bei Verwertbarkeit der Beweise getragen werden

Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits allerdings nur insoweit zu tragen, als sie zur zweck­ent­spre­chenden Rechts­ver­folgung notwendig waren. Das ist bei Kosten zur Beschaffung von Beweismitteln nur dann der Fall, wenn diese im Rechtsstreit verwertet werden dürfen. Daran fehlt es bei einem durch GPS-Sender erstellten umfassenden perso­nen­be­zogenen Bewegungsprofil. Denn die Feststellung, Speicherung und Verwendung greift in unzulässiger Weise in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung ein. Ein solcher Eingriff kann durchaus durch die Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen der Allgemeinheit unter Beachtung des Grundsatzes der Verhält­nis­mä­ßigkeit, etwa im Rahmen des § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO, gerechtfertigt sein (vgl. insoweit auch Bundes­ge­richtshof, Urteil v. 04.06.2013 - 1 StR 32/13 -).

Punktuelle persönliche Beobachtung wäre geeignetes Mittel zum Nachweis einer verfestigten Lebens­ge­mein­schaft gewesen

Da im vorliegenden Fall mit einer punktuellen persönlichen Beobachtung ein milderes geeignetes Mittel zum Nachweis einer verfestigten Lebens­ge­mein­schaft zur Verfügung gestanden hätte, stellt sich die durchgeführte Überwachung mittels GPS-Systems aber als unver­hält­nis­mäßiger Eingriff in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Beklagten dar, der einer Erstat­tungs­pflicht der Kosten entgegensteht.

Die maßgebliche Norm lautet wie folgt:

Erläuterungen

§ 1579 BGB (Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit)

Ein Unter­halts­an­spruch ist zur versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemein­schaft­lichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1. [...]

2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebens­ge­mein­schaft lebt,

[...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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