21.11.2024
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Dokument-Nr. 15991

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Urteil04.06.2013Bundesgerichtshof1 StR 32/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NZV 2014, 369Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2014, Seite: 369
  • ZD 2013, 502Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2013, Seite: 502
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Vorinstanz:
  • Landgericht Mannheim, Urteil18.10.2012, 4 KLs 408 Js 27973/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil04.06.2013

Überwachung von Personen mittels an Fahrzeugen angebrachter GPS-Empfänger ist grundsätzlich strafbarBetreiber einer Detektei darf nicht unbefugt GPS-Empfänger an Fahrzeugen überwachter Personen anbringen

Die heimliche Überwachung von "Zielpersonen" durch die Betreiber einer Detektei mittels eines GPS-Empfängers, der unbemerkt an den Fahrzeugen der zu überwachenden Personen angebracht wird, ist grundsätzlich strafbar. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Das Landgericht Mannheim hat den Betreiber einer Detektei sowie einen seiner Mitarbeiter wegen gemein­schaft­lichen vorsätzlichen unbefugten Erhebens von Daten gegen Entgelt in mehreren Fällen zu Gesamt­frei­heits­s­trafen unter­schied­licher Höhe verurteilt, deren Vollstreckung es jeweils zur Bewährung ausgesetzt hat.

Sachverhalt

Die Angeklagten hatten verdeckt für verschiedene Auftraggeber (Privatpersonen) Überwa­chungs­aufträge ausgeführt, die zu Erkenntnissen über das Berufs- und/oder das Privatleben von Personen (Zielpersonen) führen sollten. Die Motive der Auftraggeber waren im Einzelnen unterschiedlich: Vorwiegend ging es um wirtschaftliche und private Interessen, die sich teilweise, etwa im Zusammenhang mit Eheaus­ein­an­der­set­zungen, auch überschnitten.

Privatdetektive bringen GPS-Empfänger unbemerkt an Fahrzeugen der Zielpersonen an

Zur Erfüllung ihres Auftrags bedienten sich die Angeklagten in großem Umfang der GPS-Technik (Global Positioning System), indem sie einen GPS-Empfänger unbemerkt an den Fahrzeugen der Zielpersonen anbrachten. Dadurch konnten sie feststellen, wann und wo sich das jeweilige Fahrzeug aufhielt. Auf diese Weise erstellten sie Bewegungs­profile der Zielpersonen.

LG verurteilt Angeklagte wergen Verstoßes gegen das Bundes­da­ten­schutz­gesetz

Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht die Angeklagten wegen einer Reihe strafbarer Verstöße gegen das Bundes­da­ten­schutz­gesetz (§§ 44* iVm. 43 Abs. 2 Nr. 1 ** BDSG) verurteilt. Nach Auffassung des Landgerichts waren die Angeklagten nicht im Sinne von §§ 28 Abs. 1 Nr. 2*** oder 29 Abs. 1 Nr. 1**** BDSG befugt, die GPS-Empfänger einzusetzen. Diffe­ren­zie­rungen zwischen den einzelnen Fällen hat es nicht vorgenommen.

Angeklagte rügen nicht erfolgte einzel­fa­ll­be­zogene Abwägung der wider­strei­tenden Interessen seitens des Landgerichts

Mit ihren Revisionen haben sich die Angeklagten u.a. gegen die rechtliche Bewertung des Landgerichts gewandt, die Datenerhebung durch die Angeklagten sei unbefugt gewesen. Die erforderliche einzel­fa­ll­be­zogene Abwägung der wider­strei­tenden Interessen habe das Landgericht nicht vorgenommen.

BGH: Heimliche Überwachung ist grundsätzlich strafbar

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die heimliche Überwachung der "Zielpersonen" mittels eines GPS-Empfängers grundsätzlich strafbar ist. Zwar ist eine Abwägung der wider­strei­tenden Interessen im Einzelfall erforderlich. Jedoch kann lediglich bei Vorliegen eines starken berechtigten Interesses an dieser Datenerhebung die Abwägung ausnahmsweise (etwa in notwehr­ähn­lichen Situationen) ergeben, dass das Merkmal des unbefugten Handelns bei diesen Einsätzen von GPS-Empfängern zu verneinen ist.

LG muss erneut über mögliches stark berechtigtes Interesses an Datenerhebung prüfen

Ob solche Ausnahmen in einigen Fällen vorlagen, konnte nicht abschließend überprüft werden, da das Landgericht, das von einem anderen rechtlichen Maßstab ausgegangen war, hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatte. Dies führte zu einer Aufhebung und Zurück­ver­weisung wegen eines Teils der angeklagten Fälle an eine andere Strafkammer des Landgerichts. Soweit hingegen nach den Urteils­fest­stel­lungen die Annahme eines solches berechtigten Interesses von vorneherein ausgeschlossen war, hatten die Schuld- und Einzel­straf­aus­sprüche Bestand.

Bundesdatenschutzgesetz

* § 44 Straf­vor­schriften

(1) Wer eine in § 43 Abs. 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antrags­be­rechtigt sind der Betroffene, die verantwortliche Stelle, der Bundes­be­auf­tragte für den Datenschutz und die Infor­ma­ti­o­ns­freiheit und die Aufsichts­behörde.

** § 43 Bußgeld­vor­schriften

(1) [...]

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. unbefugt perso­nen­be­zogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhebt oder verarbeitet, [...]

*** § 28 Datenerhebung und -speicherung für eigene Geschäftszwecke

(1) Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln perso­nen­be­zogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig

1. [...]

2. soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verant­wort­lichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt, oder

3. [...]

**** § 29 Geschäftsmäßige Datenerhebung und -speicherung zum Zweck der Übermittlung

(1) Das geschäftsmäßige Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen perso­nen­be­zogener Daten zum Zweck der Übermittlung, insbesondere wenn dies der Werbung, der Tätigkeit von Auskunfteien oder dem Adresshandel dient, ist zulässig, wenn

1. kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung hat, [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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