21.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 12647

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Urteil29.11.2011BundesgerichtshofXI ZR 370/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2012, 194Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2012, Seite: 194
  • MDR 2012, 239Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 239
  • MMR 2012, 225Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 225
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Göppingen, Urteil23.04.2010, 7 C 115/10
  • Landgericht Ulm, Urteil20.10.2011, 1 S 81/10
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil29.11.2011

BGH zu Karten­miss­brauch und Skimming: Bank muss für Schaden­er­satz­an­spruch gegenüber dem Kunden Einsatz der Originalkarte beweisenBundes­ge­richtshof zur Haftung bei missbräuch­licher Abhebung von Bargeld an Geldautomaten

Wenn eine Bank für missbräuchliche Abhebungen am Geldautomaten vom Konteninhaber Schadenersatz fordert, muss sie beweisen, dass die Bargeldabhebung mit der Originalkarte erfolgte. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden. Nur wenn die Bank den Einsatz der Originalkarte beweist, kann davon ausgegangen werden, dass der Kontoinhaber Originalkarte und Geheimzahl fahrlässig zusammen aufbewahrt hat. Ansonsten könnte die Abhebung auch im Wege des sogenannten Skimming erfolgt sein.

Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die Grundsätze für eine Haftung des Karteninhabers bei missbräuch­lichen Abhebungen von Bargeld an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl fortentwickelt sowie über die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen entschieden, die diese Haftung regeln.

Sachverhalt

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde dem Beklagten von der klagenden Bank eine Kreditkarte zur Verfügung gestellt, die zur Abhebung von Bargeld an Geldautomaten zugelassen war. In den zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen hat die Bank den Höchstbetrag für Bargeld­aus­zah­lungen auf 1.000 € pro Tag begrenzt. Weiter war danach der Karteninhaber verpflichtet, Verlust oder festgestellten Missbrauch der Karte der Bank unverzüglich anzuzeigen. Bis zum Eingang dieser Verlustmeldung sollte er grundsätzlich nur bis zu einem Höchstbetrag von 50 € haften.

6 Abhebungen in einer Nacht

In der Nacht vom 12. auf den 13. August 2009 kam es an Geldautomaten von Kredi­t­in­stituten in Hamburg zu insgesamt sechs Abhebungen zu je 500 €, wobei die persönliche Identi­fi­ka­ti­o­ns­nummer (PIN) des Beklagten verwendet wurde. Die Klägerin belastete das Girokonto des Beklagten mit den abgehobenen Beträgen im Lastschrift­ver­fahren. Der Beklagte widersprach den Abbuchungen und kündigte den Kredit­kar­ten­vertrag.

Bank verlangt Schadenersatz

Die klagende Bank begehrt von dem Beklagten im Wege des Schaden­s­er­satzes Ausgleich der Belas­tungs­bu­chungen und der Gebühren für Rücklast­schriften sowie für die Erstellung eines Kontoauszugs in Höhe von insgesamt noch 2.996 €. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe die Geheim­hal­tungs­pflicht hinsichtlich der verwendeten PIN verletzt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben.

BGH hebt Urteil des Landgerichts auf

Der Bundes­ge­richtshof hat auf die Revision des Beklagten das Urteil des Berufungs­ge­richts aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

BGH: Bank trägt Beweislast

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs (Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 – XI ZR 210/03 = BGHZ 160, 308, 314 f.; Senatsbeschluss vom 6. Juli 2010 – XI ZR 224/09, WM 2011, 924 Rn. 10) in Fällen, in denen an Geldaus­ga­be­au­tomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür sprechen, dass entweder der Karteninhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder – was hier nach der Feststellung des Berufungs­ge­richts allein in Betracht kam – dass ein Dritter nach der Entwendung der Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der Karte Kenntnis erlangen konnte. Das setzt aber voraus, dass bei der missbräuch­lichen Abhebung die Originalkarte eingesetzt worden ist, da bei Abhebung mithilfe einer ohne Kenntnis des Inhabers gefertigten Kartenkopie (z.B. durch Skimming) kein typischer Gesche­hens­ablauf dafür spricht, Originalkarte und Geheimzahl seien gemeinsam aufbewahrt worden. Den Einsatz der Originalkarte hat dabei die Schadensersatz begehrende Bank zu beweisen.

Weiter erfasst eine von der kontoführenden Bank im konkreten Fall in ihren Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen verwendete Klausel, nach der bis zum Eingang einer Verlustmeldung der Karteninhaber nur bis zu einem Höchstbetrag von 50 EUR haften soll, entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts auch die Haftung des Karteninhaber bei schuldhafter Verletzung seiner Sorgfalts­pflichten. Der beklagte Karteninhaber kann sich damit auf die Haftungsgrenze von 50 Euro unabhängig davon berufen, ob er schuldhaft gehandelt hat.

Schließlich schützt ein in den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Bank festgelegter Höchstbetrag für Bargeld­aus­zah­lungen pro Tag mit einer konkreten Karte auch den Karteninhaber, sodass dessen Haftung im Falle eines Karten­miss­brauchs auf diesen Betrag begrenzt sein kann, wenn die die Karte ausstellende Bank ihrer Pflicht, die Einhaltung dieses Höchstbetrags zu sichern, nicht genügt hat.

Klauseln

Die von der klagenden Bank in ihren Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen verwendeten, im Urteil angesprochenen Klauseln lauteten auszugsweise wie folgt:

Erläuterungen

Ziffer 9.1:

"Der Höchstbetrag für Bargeld­aus­zah­lungen beträgt bei der SPECIAL Visa Card/MasterCard 500 EUR pro Tag oder der entsprechende Betrag in der jeweiligen Landeswährung. Für Inhaber einer SPECIAL Visa Goldcard/ MasterCard Gold oder eines SPECIAL Goldcard Sets erhöht sich der Betrag auf 1000 EUR."

Ziffer 10.1: "Stellen Sie den Verlust der Karte/n oder eine missbräuchliche Verfügung fest, werden Sie dies der Bank unverzüglich telefonisch unter nachfolgender schriftlicher Bestätigung anzeigen. Bis zum Eingang der Verlustmeldung haften Sie bis zum Höchstbetrag von 50 EUR. Für Umsätze ab Eingang der Verlustmeldung entfällt Ihre Haftung für eine eventuelle missbräuchliche Verwendung der Karte/n. Sofern der Verdacht einer Einwendung oder missbräuch­lichen Verwendung besteht, werden Sie unverzüglich Anzeige bei der Polizei erstatten. "

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm/pt)

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