Das Gericht führte aus, dass sich die Schuld des Verkäufers bei Geschäften im Versandhandel, soweit es sich um eine Gattungsschuld handle, mit der Übergabe an die Transportperson im Sinne von § 243 Abs. 2 BGB auf die übergebene Sache beschränke. Gehe die verkaufte Sache daraufhin auf dem Versandweg verloren, so werde der Verkäufer von seiner Verpflichtung zur Leistung frei.
Im dem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger bei der Beklagten, die einen Versandhandel betreibt, einen Camcorder bestellt. Diese übergab die den Camcorder enthaltende und ordnungsgemäß adressierte Sendung einem Paketdienst zum Versand an den Kläger. Die Sendung erreichte diesen jedoch nicht. Er verklagte daraufhin den Versandhandel auf Rückerstattung des bereits bezahlten Kaufpreises. Das Amtsgericht wies die Klage ab und wurde durch die Entscheidung des Landgerichts in der Berufungsinstanz sowie das Urteil in der Revisionsinstanz durch den Bundesgerichtshof bestätigt.
Denn die Lieferpflicht des beklagten Versandhandels entfalle bei einer nach der Übergabe an den Paketdienst eingetretenen Unauffindbarkeit des übergebenen Camcorders bereits nach der allgemeinen Vorschrift des damals noch einschlägigen § 275 BGB alte Fassung. Danach werde der Schuldner von der Verpflichtung zur Leistung frei, soweit die Leistung infolge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes, den er nicht zu vertreten habe, unmöglich werde. Mit der Auswahl eines konkreten Gerätes und dessen Übergabe an den Paketdienst durch die Beklagte beschränke sich das Schuldverhältnis auf den übergebenen Camcorder. Die Beklagte habe mit der Übergabe des Gerätes an die Spedition das im Sinne dieser Vorschrift zur Bewirkung der geschuldeten Leistung ihrerseits Erforderliche getan.
Diese Risikoverteilung ergebe sich auch aus § 447 BGB. Diese Vorschrift weise das mit der Versendung verbundene Risiko des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Beschädigung der Sache dem Käufer zu, wenn der Verkäufer die verkaufte Sache auf Verlangen des Käufers an einen anderen Ort als den Erfüllungsort versende. In diesem Fall gehe die Gegenleistungsgefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache der mit der Versendung beauftragten Person übergebe.
Der Leistungsort für die von der Beklagten zur Bewirkung der Leistung vorzunehmenden Handlung sei im Zweifel ihr Geschäftssitz. Dies gelte allerdings nur, wenn ein anderer Ort für die Leistung weder von den Beteiligten bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen sei. Dass die Parteien ausdrücklich oder stillschweigend einen vom Sitz der Beklagten abweichenden Erfüllungsort für die Lieferung der Kamera vereinbart hätten, sei nicht zu erkennen. Dass es im Versandhandel typischer weise Aufgabe des Verkäufers sei, die Versendung der Kaufsache auf eigene oder fremde Kosten zu veranlassen, begründe für sich allein nicht die Annahme, der Empfangsort solle auch Leistungsort/Erfüllungsort sein. An dieser Bewertung ändere sich selbst dann nichts, wenn die Beklagte die Ware ausschließlich im Versandhandel vertreibe.
Zu beachten ist, dass der vorliegende Fall nach altem Recht entschieden wurde. Nach der BGB-Reform im Jahr 2002 ist für den Verbrauchsgüterkauf § 474 Abs. 2 BGB zu beachten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.09.2008
Quelle: ra-online