18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 26342

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Bundesgerichtshof Urteil22.08.2018

Formularmäßige Übertragung der Schön­heits­reparaturen bei unrenoviert übergebener Wohnung auch bei "Renovierungs­vereinbarung" zwischen Mieter und Vormieter unwirksamVereinbarung zwischen Mieter und Vormieter hat keinen Einfluss auf Verpflichtungen des Mieters gegenüber Vermieter

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungs­bedürftig übergebenen Wohnung die Schön­heits­reparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt auch dann unwirksam ist, wenn der Mieter sich durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber dem Vormieter verpflichtet hat, Renovierungs­arbeiten in der Wohnung vorzunehmen.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens war von Januar 2009 bis Ende Februar 2014 Mieter einer Wohnung der Klägerin, die ihm bei Mietbeginn in nicht renoviertem Zustand und mit Gebrauchsspuren der Vormieterin übergeben worden war. Der von der Klägerin verwendete Formu­la­r­miet­vertrag sah vor, dass die Schönheitsreparaturen dem Mieter oblagen.

Klägerin verlangt Schadensersatz wegen mangelhaft durchgeführter Schön­heits­re­pa­raturen

Am Ende der Mietzeit führte der Beklagte Schön­heits­re­pa­raturen durch, die die Klägerin als mangelhaft ansah und deshalb durch einen Malerbetrieb zu Kosten von 799,89 Euro nacharbeiten ließ. Wegen dieses Betrages begehrt die Klägerin - unter Verrechnung anderer zwischen den Parteien geltend gemachten Forderungen - Schadensersatz wegen nicht beziehungsweise mangelhaft durchgeführter Schön­heits­re­pa­raturen.

Beklagter beruft sich auf Unwirksamkeit der Formularklausel

Der Beklagte berief sich auf die Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshof, wonach eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schön­heits­re­pa­raturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (vgl. Bundes­ge­richtshof, Urteil v. 18.03.2015 - VIII ZR 185/14 -.)

Klägerin verweist auf getroffene "Renovie­rungs­ver­ein­barung"

Die Klägerin war demgegenüber der Auffassung, diese Rechtsprechung könne hier mit Rücksicht auf eine zwischen dem Beklagten und der Vormieterin im Jahr 2008 getroffene "Renovie­rungs­ver­ein­barung" keine Anwendung finden. In dieser Vereinbarung hatte der Beklagte von der Vormieterin einige Gegenstände übernommen, sich zur Zahlung eines nicht näher festgestellten Geldbetrages verpflichtet und sich zur Übernahme der Renovierungsarbeiten bereit erklärt.

Vorinstanzen geben Klage statt

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Dabei hat das Berufungs­gericht seine Entscheidung auf die Erwägung gestützt, angesichts der Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Vormieterin sei es inter­es­sen­gerecht, den Beklagten so zu behandeln, als habe ihm die Klägerin die Mietsache im renovierten Zustand übergeben. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgte der Beklagte (unter anderem) sein Klage­ab­wei­sungs­be­gehren weiter.

BGH erklärt Formularklausel auch bei Vereinbarung zwischen Mieter und Vormieter für unwirksam

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und entschieden, dass eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovie­rungs­be­dürftig übergebenen Wohnung die Schön­heits­re­pa­raturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt auch dann unwirksam ist, wenn der Mieter sich durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber dem Vormieter verpflichtet hat, Renovie­rungs­a­r­beiten in der Wohnung vorzunehmen.

Formu­la­r­ver­tragliche Überwälzung von Verpflichtungen hinsichtlich Schön­heits­re­pa­raturen im Falle einer unrenoviert oder renovie­rungs­be­dürftig überlassenen Wohnung unzulässig

Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs hält die formu­la­r­ver­tragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schön­heits­re­pa­raturen im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovie­rungs­be­dürftig überlassenen Wohnung der Inhalts­kon­trolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. Denn eine solche Vornahmeklausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.

Vereinbarung zwischen Mieter und Vormieter ist in ihren Wirkungen auf betreffende Parteien beschränkt

Diese Grundsätze bleiben auch dann anwendbar, wenn der betreffende Mieter sich wie hier durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber seinem Vormieter zur Vornahme von Renovie­rungs­a­r­beiten in der Mietwohnung verpflichtet hat. Denn eine derartige Vereinbarung ist in ihren Wirkungen von vornherein auf die sie treffenden Parteien, also den Mieter und den Vormieter, beschränkt. Sie vermag deshalb keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der im Mietvertrag zwischen Vermieter und neuem Mieter enthaltenen Verpflichtungen zu nehmen; insbesondere nicht dergestalt, dass der Vermieter so gestellt würde, als hätte er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben.

§ 307 BGB Inhalts­kon­trolle

Erläuterungen
(1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. [...]

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist [...]

§ 535 BGB Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags

(1) [...] 2 Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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