Im zugrunde liegenden Fall hatten Mieter eine teils unrenovierte Wohnung übernommen. In drei Zimmern mussten sie Streicharbeiten vornehmen. Der Vermieter erließ ihnen hierfür als Gegenleistung eine halbe Monatsmiete. Im Mietvertrag war vorgesehen, dass die Mieter bei Auszug Schönheitsreparaturen vorzunehmen hatten. Da die Mieter dies bei Auszug nicht taten, klagte der Vermieter.
Die Vorinstanzen hatten der auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gerichteten Klage überwiegend stattgegeben. Der Bundesgerichtshof wies unter Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts die Klage wegen unterlassener Schönheitsreparaturen (insgesamt) ab.
Die formularmäßige Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf die beklagten Mieter sei unwirksam, denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren bei Mietbeginn in drei Zimmern Streicharbeiten erforderlich, so dass die Mieter bei Nutzungsbeginn eine unrenovierte Wohnung übernommen hätten. Der ihnen zu Mietbeginn gewährte Nachlass von lediglich einer halben Monatsmiete stelle in diesem Fall keinen angemessenen Ausgleich dar.
Eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt, unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn eine solche Klausel verpflichte den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führe - jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung - dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.
Der VIII. Zivilsenat hat mit der vorliegenden Entscheidung nunmehr seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, dass die Schönheitsreparaturen auch bei einer zu Mietbeginn dem Mieter unrenoviert überlassenen Wohnung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf den Mieter übertragen werden können (dazu grundlegend BGH, Rechtsentscheid vom 1. Juli 1987 - VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253, 264 ff.).
Weiterhin maßgeblich sei allerdings der Ausgangspunkt auch der früheren Rechtsprechung des Senats, dass der Mieter nur zu den auf seine eigene Vertragszeit entfallenden Renovierungsleistungen verpflichtet werden darf. Er dürfe zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung - jedenfalls nicht ohne Gewährung eines angemessenen Ausgleichs durch den Vermieter - formularmäßig nicht mit der Beseitigung von Gebrauchsspuren der Wohnung belastet werden, die bereits in einem vorvertraglichen Abnutzungszeitraum entstanden sind.
Bei Erlass des oben genannten Rechtsentscheids aus dem Jahren 1987 habe es noch der Praxis des Bundesgerichtshofs entsprochen, den Anwendungsbereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Rückgriff auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in einer Weise einzuschränken, die nach heutiger Sichtweise als unzulässige geltungserhaltende Reduktion einer Klausel auf den gerade noch zulässigen Inhalt eingestuft würde. Dem damaligen Verständnis habe die Vorstellung zugrunde gelegen, dass der Mieter nur mit Renovierungsarbeiten für seine eigene Vertragslaufzeit belastet würde, wenn die "üblichen" Renovierungsfristen im Falle der Überlassung einer unrenovierten Wohnung an den Mietbeginn anknüpften.
Hieran hält der Senat angesichts der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Maßstäben der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht fest. Insbesondere durch die ab 2004 einsetzende Rechtsprechung des Senats zum Erfordernis eines flexiblen Fristenplans (grundlegend Senatsurteil vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03) und durch die Anwendung der kundenfeindlichsten Auslegung auch im Individualprozess (dazu Senatsurteil vom 29. Mai 2013 - VIII ZR 285/12) seien die Maßstäbe der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen erheblich verschärft worden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.03.2015
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm)