14.12.2024
14.12.2024  
Sie sehen die Rohre einer kleinen Zentrale innerhalb einer Fermwärmeversorgung.

Dokument-Nr. 34408

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Urteil25.09.2024BundesgerichtshofVIII ZR 165/21, VIII ZR 176/21 und VIII ZR 20/22
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Bundesgerichtshof Urteil25.09.2024

Widerspruch gegen Preiserhöhung bei Fernwärme muss rechtzeitig bestätigt werdenWidersprüche müssen innerhalb von drei Jahren erneut bekräftigt werden

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass ein von einem Fernwärmekunden bereits frühzeitig - innerhalb von drei Jahren nach Zugang der ersten Jahres­a­b­rechnung - erhobener Widerspruch gegen eine Preiserhöhung seine Wirkung verliert, wenn der Kunde nicht spätestens bis zum Ablauf von weiteren drei Jahren ab der Erklärung des Widerspruchs in geeigneter Weise gegenüber dem Fernwär­me­ver­sorger deutlich macht, dass er auch jetzt noch an seiner frühzeitig geäußerten Beanstandung festhält.

In allen drei Verfahren beliefert die Beklagte die Kläger seit den Jahren 2008 bzw. 2010 auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Versor­gungs­be­din­gungen mit Fernwärme. Hiernach stellt sie ihren Kunden einen verbrauch­s­u­n­ab­hängigen Bereit­stel­lungspreis und einen verbrauchs­ab­hängigen Arbeitspreis in Rechnung. Diese Preise passt sie nach Maßgabe im Vertrag vorgesehener Preis­än­de­rungs­klauseln an. Nach Zugang der ersten Jahres­a­b­rechnung legten die Kläger jeweils im Jahr nach dem Vertragsschluss - und damit frühzeitig - Widerspruch gegen die Preiserhöhung ein. In der Folgezeit zahlten sie für die von ihnen abgenommene Fernwärme die von der Beklagten jährlich in Rechnung gestellten - nach Maßgabe der Preis­än­de­rungs­klausel angepassten - Entgelte. Nachdem das Kammergericht Anfang des Jahres 2019 in einem anderen gegen die Beklagte gerichteten Rechtsstreit entschieden hatte, dass die in ihren Allgemeinen Versor­gungs­be­din­gungen enthaltenen Preis­än­de­rungs­klauseln unwirksam seien, verlangten die Kläger von der Beklagten nunmehr - ausgehend von den im Vertrag genannten Basispreisen für die Jahre 2000 bzw. 2005 - die Rückerstattung der ihrer Ansicht nach seit 2015 zu viel gezahlten Wärmeentgelte.

Klagen in zweiter Instanz weitgehend erfolglos

Die Klagen hatten insoweit in zweiter Instanz keinen oder nur geringfügigen Erfolg. Nach Auffassung der Berufungs­ge­richte stehen den Klägern Ansprüche auf Rückzahlung überhöhten Entgelts für die Wärme­lie­fe­rungen der Jahre 2015 bis 2018 nicht oder nur in sehr geringem Umfang zu. Zwar sei die Preis­än­de­rungs­klausel in den Allgemeinen Versor­gungs­be­din­gungen der Beklagten hinsichtlich des Arbeitspreises unwirksam. Daraus folge aber nicht, dass die Beklagte lediglich berechtigt sei, den bei Vertragsschluss vereinbarten (niedrigen) Arbeitspreis in Rechnung zu stellen. Vielmehr sei im Wege ergänzender Vertrags­aus­legung nach §§ 133, 157 BGB auf das Preisniveau abzustellen, das vor den Jahres­a­b­rech­nungen gegolten habe, welche noch innerhalb von drei Jahren nach deren Zugang beanstandet worden seien. Daher seien die Arbeitspreise der Jahre 2014 bzw. 2015 maßgeblich. Daran änderten auch die frühzeitig in den Jahren 2009 bzw. 2011 erhobenen Widersprüche nichts, da die Kläger im Anschluss daran viele Jahre lang den Preiserhöhungen und Jahres­a­b­rech­nungen nicht mehr widersprochen hätten. Mit den von den Berufungs­ge­richten zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien ihre vorin­sta­nz­lichen Begehren weiter. Die Kläger erstreben unter anderem eine (weitergehende) Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung von Wärmeentgelt auf der Grundlage der (niedrigen) Anfangspreise.

BGH: Bekräftigung der Widersprüche entscheidend

Die Revisionen der Fernwärmekunden hatten insoweit Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass die von den Berufungs­ge­richten gegebenen Begründungen für die Klage­ab­wei­sungen keinen Bestand haben können. Die Berufungs­ge­richte sind zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preis­än­de­rungs­klausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB entstandene planwidrige Regelungslücke bei Fernw­är­me­lie­fe­rungs­ver­trägen im Wege der ergänzenden Vertrags­aus­legung (§§ 157, 133 BGB) grundsätzlich dahingehend zu schließen ist, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht mehr geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.

Diese allgemein für Energie­lie­fe­rungs­ver­hältnisse entwickelte Dreijah­res­lösung hat der Senat nunmehr für Fernw­är­me­lie­fe­rungs­ver­hältnisse angesichts der diese kennzeichnenden Besonderheiten (insbesondere hohe Investitionen des Fernwär­me­ver­sorgers und regelmäßig sehr lange Mindest­ver­trags­lauf­zeiten) fortentwickelt. Denn wenn die Parteien des Fernw­är­me­lie­fe­rungs­ver­trages erkannt hätten, dass die Wirksamkeit der vereinbarten Preis­an­pas­sungs­klausel unsicher war, hätten sie bei einer angemessenen, objektiv-genera­li­sie­renden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben (auch) eine Regelung vereinbart, nach der ein vom Fernwärmekunden bereits frühzeitig - innerhalb von drei Jahren nach Zugang der ersten Jahres­a­b­rechnung - erklärter, aber erfolglos gebliebener Widerspruch gegen eine Preiserhöhung seine Wirkung verliert, wenn der Kunde nicht spätestens bis zum Ablauf von weiteren drei Jahren ab der Erklärung des Widerspruchs in geeigneter Weise gegenüber dem Fernwärmeversorger deutlich macht, dass er auch jetzt noch an seiner frühzeitig geäußerten Beanstandung festhält.

Fälle müssen neu verhandelt werden

Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen der Berufungs­ge­richte kann indes nicht abschließend beurteilt werden, ob die Kläger ihre in den Jahren 2009 bzw. 2011 erklärten frühen Widersprüche innerhalb von drei Jahren gegenüber der Beklagten in dem vorgenannten Sinne bekräftigt haben. Daher hat der Senat die Berufungs­urteile insoweit aufgehoben und die Sachen jeweils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Berufungs­ge­richte zurückverwiesen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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