15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ausschnittsweise zwei FrauenKI generated picture

Dokument-Nr. 16198

Drucken
Urteil05.06.2013BundesgerichtshofVIII ZR 131/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2013, 896Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 896
  • NJW 2013, 2814Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 2814
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Dortmund, Urteil05.08.2011, 25 O 366/11
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil30.03.2012, I-19 U 184/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil05.06.2013

BGH: Bezahlen der Gasrechnung muss auch durch monatliche oder viertel­jährliche Überweisung möglich seinZahlungs­mög­lichkeit Lastschrift­verfahren und jährliche Überweisung stellt unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar

Zum Bezahlen der Gasrechnung muss der Gaskonzern seinen Kunden verschiedene Zahlungs­möglichkeiten bieten. Dazu genügt grundsätzlich die Möglichkeit des Lastschrift­verfahrens und der Überweisung. Bietet der Gaskonzern jedoch nur eine jährliche Überweisung an, führt dies zu einer unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Verbrau­cher­schutz­verein gegen einen Gaskonzern. Der Verein beanstandete eine Klausel in den Gaslie­fe­rungs­ver­trägen mit Privatkunden, welche als Zahlungs­mög­lichkeit das Lastschriftverfahren oder die jährliche Überweisung eröffnete. Nach Meinung des Vereins, sei die Klausel unangemessen gewesen. In den Vorinstanzen blieb die Klage erfolglos.

Berufungs­gericht sah keine unangemessene Benachteiligung

Das Oberlan­des­gericht Hamm vertrat die Ansicht, dass die Verbraucher durch die Klausel nicht benachteiligt wurden. Zwar bestimme § 41 Abs. 2 EnWG, dass dem Kunden vor Vertragsschluss zwingend verschiedene Zahlungsmöglichkeiten anzubieten sind. Diesen gesetzlichen Vorgaben sei der Gaskonzern jedoch nachgekommen. Denn die Klausel habe dem Kunden mit dem Lastschrift­ver­fahren und der Überweisung zwei verschiedene Wege zur Begleichung der Rechnung angeboten. Gegen das Berufungsurteil legte der Verbrau­cher­schutz­verein Revision ein.

BGH bejahte Anspruch auf Unterlassung

Der Bundes­ge­richtshof widersprach dem Berufungs­gericht und bejahte einen Unter­las­sungs­an­spruch nach § 1 UKlaG. Die vom Stromkonzern verwendete Klausel habe die Kunden unangemessen benachteiligt.

Verschiedene Zahlungs­mög­lich­keiten wurden angeboten

Die Klausel sei nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs jedoch nicht schon deswegen unwirksam gewesen, weil sie nur die Möglichkeit zwischen Lastschrift­ver­fahren und Überweisung bot. Zwar werde teilweise vertreten, dass mehr als nur zwei Zahlungs­mög­lich­keiten angeboten werden müssen. Dies sei hier aber der Fall. Denn eine Überweisung weise zwei verschiedene Zahlungsarten auf. Zum einen könne eine Überweisung von einem Bankkonto des Kunden erfolgen. Zum anderen bestehe die Möglichkeit einer sogenannten Barüberweisung. In einem solchen Fall beruhe die Überweisung auf einer Bareinzahlung des Kunden bei einer Bank. Ein Bankkonto sei dabei nicht erforderlich.

Einschränkung auf jährliche Überweisung unzulässig

Die Beschränkung einer Zahlung per Überweisung nur für Jahreszahlungen, so die Bundesrichter weiter, benachteilige die Kunden unangemessen (vgl. § 307 BGB). Zwar dürfe ein Stromkonzern sein Interesse an der Ratio­na­li­sierung und der Vereinfachung der Vertrags­ab­wicklung in seinen Klauseln mitbe­rück­sichtigen. Er müsse dabei aber Rücksicht auf die Belange seiner Kunden nehmen.

Unzulässige Benachteiligung durch Zwang einer Konto­in­ha­ber­schaft

Die Bundesrichter sahen eine unzulässige Benachteiligung darin, dass nur Zahlungsweisen angeboten wurden, die die Inhaberschaft eines Bankkontos voraussetzten. Zwar werde die Möglichkeit einer Barüberweisung eingeräumt. Diese Art der Zahlung sei aber an die Beendigung geknüpft, dass der gesamte Jahresbeitrag auf einmal gezahlt werde. Für Kunden ohne regelmäßiges oder mit geringem Einkommen, welche häufig über kein Bankkonto verfügen, sei dies praktisch undurchführbar. Solche Kunden werden allenfalls unter erheblichen Schwierigkeiten in der Lage sein, den gesamten Jahresbetrag in bar aufzubringen. Dies führe dazu, dass solchen Kunden kein Zahlungsweg zur Verfügung steht. Denn mangels Liquidität können sie keine Barüberweisung tätigen und mangels Bankkonto keine Konto­über­weisung und kein Lastschrift­ver­fahren durchführen.

Einschränkung der Entschei­dungs­freiheit selbst für einkom­mens­schwache Kunden mit Bankkonto

Aus Sicht des Gerichtshofs werden darüber hinaus selbst einkom­mens­schwache Kunden mit Bankkonto durch die vorgegebenen Zahlungsweisen erheblich in ihrer Entschei­dungs­freiheit eingeschränkt. Denn wollen sie per Überweisung die Gasrechnung bezahlen, müssen sie eine ausreichende Kontodeckung für den jährlichen Zahlungsbetrag sicherstellen. Da solche Personen jedoch oft nicht in der Lage seien, den jährlichen Zahlungsbeitrag auf einmal aufzubringen, habe ihnen nur das Lastschrift­ver­fahren zur Verfügung gestanden. Verschiedene Zahlungs­mög­lich­keiten haben für diesen Kundenstamm somit nicht bestanden.

Gaskonzern musste Benachteiligung beseitigen

Der Bundes­ge­richtshof erkannte zwar an, dass die dargestellten Nachteile womöglich nur bei einem kleinen Teil der Kunden auftreten. Eine unangemessene Benachteiligung der Gaskunden habe dennoch vorgelegen. Denn der Gaskonzern habe durch zumutbaren Aufwand die Benachteiligung vermeiden können. Insofern hätte der Gaskonzern eine monatliche oder viertel­jährliche Überweisung anbieten können. Nennenswerte Nachteile wären dadurch nicht entstanden. Denn er hätte etwaige zusätzliche Verwal­tungs­kosten auf den Gaspreis umlegen können.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil16198

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI