23.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 25467

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Urteil31.01.2018BundesgerichtshofVIII ZR 105/17
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-Spezial 2018, 257Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2018, Seite: 257
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Nürtingen, Urteil01.05.2016, 44 C 2148/15
  • Landgericht Stuttgart, Urteil01.03.2017, 5 S 195/16
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil31.01.2018

Eintritt ins Mietverhältnis nach Tod des Mieters: Außer­or­dentliche Kündigung bei "gefährdet erscheinender" wirtschaft­licher Leistungs­fä­higkeit des Nachmieters in Ausnahmen möglichFür zulässige Kündigung müssen Anhaltspunkte zuverlässigen Schluss auf alsbald ausbleibende Mietzahlungen zulassen

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen die lediglich "gefährdet erscheinende" wirtschaftliche Leistungs­fä­higkeit eines nach dem Tod des ursprünglichen Mieters in ein unbefristetes Mietverhältnis eingetretenen Mieters den Vermieter zur außer­or­dent­lichen Kündigung gemäß § 563 Abs. 4 BGB berechtigt.

Die verstorbene Lebensgefährtin des Klägers war Mieterin einer Dreizim­mer­wohnung des Beklagten, die sie gemeinsam mit dem Kläger, bewohnte. Die monatliche Nettomiete belief sich auf 545 Euro; hinzu kamen Neben­kos­ten­vor­aus­zah­lungen von etwa 170 Euro monatlich. Nach dem Tod der Mieterin teilte der sich in einem Ausbil­dungs­ver­hältnis befindliche Kläger mit, er sei in seiner Eigenschaft als Lebensgefährte der Verstorbenen in das Mietverhältnis eingetreten. Daraufhin kündigte der Beklagte das Mietverhältnis gemäß § 563 Abs. 4 BGB unter Berufung auf einen in der Person des Klägers liegenden wichtigen Grund. Zur Begründung führte er unter anderem aus, aus dem vom Kläger bezogenen Ausbil­dungs­gehalt sei die monatlich zu entrichtende Miete nebst Neben­kos­ten­vor­aus­zahlung auf Dauer nicht zu leisten.

Kläger widerspricht Kündigung und bittet um Zustimmung zur Untervermietung

Der Kläger widersprach der Kündigung und erklärte, er sei ohne weiteres in der Lage, die Miete und Neben­kos­ten­vor­aus­zah­lungen entrichten zu können. Außerdem verlangte er die Zustimmung des Beklagten zu einer Untervermietung eines Teils der Wohnung (§ 553 Abs. 1 BGB) an einen Arbeitskollegen, der sich (ebenfalls) im zweiten Ausbildungsjahr befinde und ein Gehalt in gleicher Höhe beziehe. Die geplante Untervermietung hätte - so der Kläger - zugleich den Vorteil, dass sich sein Arbeitskollege an der Miete und den Nebenkosten sowie an Fahrtkosten zur Arbeitsstelle beteiligen würde. Der Beklagte verweigerte die begehrte Zustimmung und widersprach der Fortsetzung des Mietver­hält­nisses.

Klage in den Vorinstanzen erfolglos

Das Amtsgericht hat seine Klage auf Zustimmung zur Untervermietung abgewiesen und der auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichteten Widerklage des Beklagten stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg, weil die "gefährdet erscheinende" finanzielle Leistungs­fä­higkeit des Klägers den Beklagten nach Auffassung des Landgerichts zur außer­or­dent­lichen Kündigung nach § 563 Abs. 4 BGB berechtigt habe. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter und begehrte daneben die Abweisung der auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichteten Widerklage.

BGH: Kündigung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass - entgegen einer verbreiteten Auffassung - eine drohende finanzielle Leistungs­un­fä­higkeit beziehungsweise eine "gefährdet erscheinende" Leistungs­fä­higkeit eines nach dem Tod des ursprünglichen Mieters eingetretenen (neuen) Mieters nur in besonderen Ausnahmefällen als wichtiger Grund für eine außer­or­dentliche Kündigung nach § 563 Abs. 4 BGB in Betracht kommt. Tritt nach dem Tod des ursprünglichen Mieters eine der in § 563 Abs. 1 oder 2 BGB bezeichneten Personen in ein Mietverhältnis ein, kann der Vermieter dieses innerhalb eines Monats außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt (§ 563 Abs. 4 BGB). Dieser Grund muss so beschaffen sein, dass er dem Vermieter die Fortsetzung des Mietver­hält­nisses unzumutbar macht, was bei einer objektiv feststehenden Unfähigkeit des (neuen) Mieters zur vollständigen oder pünktlichen Leistung der Miete der Fall sein kann. Denn anders als bei der ursprünglichen Begründung des Mietver­hält­nisses überlässt das Gesetz im Fall des § 563 BGB nicht dem Vermieter die Auswahl des (neuen) Mieters. Aus diesem Grund kann es für einen Vermieter - abhängig von den jeweiligen vom Vermieter darzulegenden Umständen des Einzelfalls - unzumutbar sein, erst den Eintritt des Zahlungsverzugs mit den Kündi­gungs­mög­lich­keiten der § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB abwarten zu müssen, um dem eingetretenen Mieter hieraufhin kündigen zu können.

Auf drohende finanzielle Leistungs­un­fä­higkeit des eingetretenen Mieters gestützte Unzumutbarkeit muss auf konkreten Anhaltspunkten beruhen

Eine zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündi­gungs­er­klärung lediglich drohende finanzielle Leistungs­un­fä­higkeit beziehungsweise "gefährdet erscheinende" Leistungs­fä­higkeit des Mieters kann allerdings nur in besonderen Ausnahmefällen eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietver­hält­nisses für den Vermieter zu begründen. Ob eine drohende wirtschaftliche Leistungs­un­fä­higkeit oder "gefährdet erscheinende finanzielle Leistungs­fä­higkeit" vorliegt, ist - anders als bei feststehender wirtschaft­licher Leistungs­un­fä­higkeit - aufgrund einer Prognose zu beurteilen, die naturgemäß mit Unwägbarkeiten behaftet ist. Bei Fehlein­schät­zungen läuft der in das Mietverhältnis eingetretene (neue) Mieter aber Gefahr, sein von der verfas­sungs­recht­lichen Eigen­tums­ga­rantie geschütztes Besitzrecht selbst dann zu verlieren, wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass die Bedenken gegen seine Leistungs­fä­higkeit unberechtigt gewesen sind. Deshalb muss die auf eine bloß drohende finanzielle Leistungs­un­fä­higkeit oder "gefährdet erscheinende" Leistungs­fä­higkeit des eingetretenen Mieters gestützte Unzumutbarkeit stets auf konkreten Anhaltspunkten und objektiven Umständen beruhen, die nicht bloß die Erwartung rechtfertigen, sondern vielmehr den zuverlässigen Schluss zulassen, dass fällige Mietzahlungen alsbald ausbleiben werden. Solche Anhaltspunkte fehlen dann, wenn Geldquellen vorhanden sind, die die Erbringung der Mietzahlungen sicherstellen, wie dies etwa bei staatlichen Hilfen oder sonstigen Einkünften (z.B. Unter­miet­zah­lungen; Unterstützung Verwandter; Neben­tä­tig­keits­ver­gü­tungen) oder vorhandenem Vermögen der Fall ist.

Mietzahlungen nicht bei nicht absehbarem erfolgreichen Ausbil­dungs­ab­schluss und anschließender Festanstellung nicht dauerhaft gesichert

Vorliegend hat das Berufungs­gericht allein den Umstand, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung eine Ausbil­dungs­ver­gütung bezog, für eine "gefährdet erscheinende" finanzielle Leistungs­fä­higkeit ausreichen lassen, weil weder ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung noch eine anschließende Festanstellung absehbar seien und damit die Erbringung der Miete nicht dauerhaft gesichert sei. Mit dieser Sichtweise stellt es jedoch überhöhte Anforderungen an die wirtschaftliche Leistungs­fä­higkeit eines nach § 563 Abs. 1 oder 2 BGB in ein unbefristetes Mietverhältnis eingetretenen Mieters. Denn auch ein Vermieter, der mit einem von ihm selbst ausgewählten solventen Mieter einen unbefristeten Mietvertrag abschließt, kann bei Vertragsschluss regelmäßig nicht ausschließen, dass dessen finanzielle Leistungs­fä­higkeit durch zukünftige Entwicklungen (etwa durch Verlust des Arbeitsplatzes) herabgesetzt werden könnte.

Berufungs­gericht lässt Aussagen zu finanziellen Verhältnissen des Klägers zu Unrecht unberück­sichtigt

Auch im Übrigen beruht die Annahme des Berufungs­ge­richts, die finanzielle Leistungs­fä­higkeit des Klägers sei nicht gesichert, auf reinen Mutmaßungen und nicht auf objektiven und belastbaren Anhaltspunkten. Vielmehr hat es wesentlichen Vortrag des Klägers zu seinen finanziellen Verhältnissen (Restvermögen, Anspruch auf Sozia­l­leis­tungen) sowie den Umstand unberück­sichtigt gelassen, dass der Kläger während der bis dahin knapp zwei Jahre andauernden Nutzung der Wohnung die geschuldete Miete stets vollständig und pünktlich entrichtet hatte. Ebenfalls rechtfehlerhaft hat es überdies nicht in Betracht gezogen, dass der Kläger einen Teil der Mietwohnung einem Untermieter überlassen und hierdurch zusätzliche Einkünfte beziehen könnte. Denn die vom Kläger angeführten Gründe für sein Unter­ver­mie­tungs­be­gehren (Überlassung an Arbeitskollegen, damit dieser sich an Miet- und Fahrtkosten beteiligt) sind jedenfalls nach seinem im Revisi­ons­ver­fahren zugrunde zu legenden Vortrag als berechtigtes Interesse im Sinne von § 553 Abs. 1 BGB anzuerkennen. Nach alledem hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil aufgehoben und das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.

§ 563 BGB Eintrittsrecht bei Tod des Mieters

(1) Der Ehegatte oder Lebenspartner, der mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führt, tritt mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein.

(2) 1 Leben in dem gemeinsamen Haushalt Kinder des Mieters, treten diese mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein, wenn nicht der Ehegatte oder Lebenspartner eintritt. 2 Andere Familien­an­ge­hörige, die mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führen, treten mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein, wenn nicht der Ehegatte oder der Lebenspartner eintritt. 3 Dasselbe gilt für Personen, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen.

[...]

(4) Der Vermieter kann das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem er von dem endgültigen Eintritt in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat, außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.

[...]

§ 553 BGB Gestattung der Gebrauchs­über­lassung an Dritte

(1) 1 Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. 2 Dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

[...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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