21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 31190

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Bundesgerichtshof Urteil16.12.2021

BGH zu Schadens­ersatz­ansprüche gegen die AUDI AG im Zusammenhang mit einem "verbrieften Rückgaberecht"Nichtausübung des Rückgaberechts steht Schaden­s­er­satz­an­spruch nicht entgegen

Der unter anderem für Schadens­ersatz­ansprüche aus unerlaubten Handlungen, die den Vorwurf einer unzulässigen Abschalt­ein­richtung bei einem Kraftfahrzeug mit Dieselmotor zum Gegenstand haben, zuständige VII. Zivilsenat hat über Schadens­ersatz­ansprüche im Zusammenhang mit dem Einbau eines Motors des Typs EA 897 in ein von der AUDI AG hergestelltes Fahrzeug vor dem Hintergrund der Nichtausübung eines darlehens­vertraglich verbrieften Rückgaberechts entschieden.

Der Kläger nahm die beklagte Motor- und Fahrzeug­her­stellerin - die AUDI AG - auf Schadensersatz wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalt­ein­richtung für die Abgasreinigung in Anspruch. Er erwarb im Februar 2017 einen von der AUDI AG hergestellten Pkw Audi A6 Avant 3. TDI (Euro 6) als Gebrauchtwagen zum Preis von 46.800 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der AUDI AG hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 897 ausgestattet. Der Kaufpreis wurde finanziert über ein Darlehen der AUDI Bank. Der Darle­hens­vertrag verbriefte ein Rückgaberecht des Klägers dergestalt, dass er das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Schlussrate in der 9. Kalenderwoche 2021 an die Verkäuferin zu einem bereits festgelegten Kaufpreis zurück­über­tragen konnte. Der Kläger hat davon keinen Gebrauch gemacht.

Klage auf Rückgabe des Fahrzeuges in den Vorinstanzen erfolglos

Das Fahrzeug unterlag einem im Jahr 2018 erlassenen verpflichtenden Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wegen einer unzulässigen Abschalt­ein­richtung bzw. der unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissi­ons­kon­troll­systems. Der Kläger ließ ein vom KBA freigegebenes Software-Update im Januar 2019 auf sein Fahrzeug aufspielen. Die in der Hauptsache auf Erstattung des Kaufpreises und der Finan­zie­rungs­kosten unter Abzug einer Nutzungs­ent­schä­digung Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs gerichtete Klage war in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

BGH: Nichtausübungen Rückgaberechts lässt Schadens­an­spruch nicht entfallen

Der Bundes­ge­richtshof hat mit Urteil auf die Revision des Klägers das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Hinsichtlich des verbrieften Rückgaberechts, das dem Kläger bei der Finanzierung des Fahrzeug­kauf­preises eingeräumt worden war, hat der Bundes­ge­richtshof entschieden, dass der Schaden des Klägers nicht dadurch nachträglich entfallen ist, dass er dieses Recht nicht ausgeübt, sondern das Finan­zie­rungs­da­rlehen vollständig abgelöst hat. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung hätte der Kläger den Kaufvertrag in Kenntnis der - revisi­ons­rechtlich zu unterstellenden - unzulässigen Abschalt­ein­richtung und wegen des daraus resultierenden Still­le­gungs­risikos nicht abgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 19, 49 ff., BGHZ 225, 316; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 397/19 Rn. 16, WM 2020, 1642). Der Schaden liegt in der Eingehung einer ungewollten Verpflichtung (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 47 f., BGHZ 225, 316).

Kein Bestä­ti­gungswille durch Zahlung der Schlussrate

Dass der Kläger das Darlehen vollständig ablöste, anstatt das Fahrzeug zu den beim Erwerb festgelegten Konditionen an die Verkäuferin zurückzugeben, macht diese Verletzung seines wirtschaft­lichen Selbst­be­stim­mungs­rechts nicht ungeschehen. Der Nichtausübung des Rückgaberechts ist keine Zustimmung zu dem ursprünglich ungewollten Vertragsschluss zu entnehmen. Allein der Fortführung des ursprünglich geschlossenen Finan­zie­rungs­ver­trages durch Zahlung der Schlussrate kommt kein Bestä­ti­gungswille im Hinblick auf den Kaufvertrag zu. Dem Kläger ist auch keine Verletzung einer Obliegenheit zur Schadens­min­derung anzulasten. Das Risiko, bei Ausübung des Rückgaberechts wirtschaftlich schlechter zu stehen als bei einem Vorgehen - wie hier - im Wege des Schaden­s­er­satzes gemäß § 249 Abs. 1 BGB, musste der Kläger nicht eingehen.

Fremd­fi­nan­zierter Kauf nicht vergleichbar mit Leasing

Die Rechtsprechung des Senats zur Berechnung des Nutzungs­er­satzes im Rahmen von Leasing­ver­trägen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 192/20 Rn. 40 ff., WM 2021, 2056) ist auf den finanzierten Eigentumserwerb unter Einräumung eines Rückgaberechts nicht übertragbar. Die Darlehensraten sind keine Gegenleistung für die Einräumung der Nutzungs­mög­lichkeit. Ein Leasingnehmer erwirbt nur die Möglichkeit zur Nutzung für einen begrenzten, vorher festgelegten Zeitraum zu bestimmten, mit dem Leasinggeber vereinbarten Bedingungen. Dagegen beruht der fremd­fi­nan­zierte Kauf trotz der Rückgabeoption auf einer Inves­ti­ti­o­ns­ent­scheidung, die von vornherein auf den Eigentumserwerb gerichtet ist und dem Erwerber erst die Möglichkeit verschafft, das Fahrzeug dem Finan­zie­rungsgeber zur Sicherung zu übereignen. Ein wider­sprüch­liches, womöglich den Anspruch gemäß § 242 BGB ausschließendes Verhalten des jeweiligen Klägers ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.

Weitere Feststellungen erforderlich

Da das Berufungs­gericht - von seinem Rechts­s­tandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu den übrigen Anspruchs­vor­aus­set­zungen des § 826 BGB getroffen hat, war die Sache nicht zur Endentscheidung reif.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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