15.11.2024
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Dokument-Nr. 9702

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Urteil27.05.2010BundesgerichtshofVII ZR 165/09
Vorinstanzen:
  • Landgericht Hannover, Urteil10.02.2009, 18 O 229/08
  • Oberlandesgericht Celle, Urteil19.08.2009, 13 U 48/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.05.2010

BGH zur Sicher­hei­ten­ver­ein­barung in den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen eines Fertig­hau­s­an­bietersForderung zur Vorlage einer unbefristeten, selbst­schuld­ne­rischen Bürgschaft des Bauherrn vor Baubeginn zulässig

Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen eines Einfa­mi­li­en­fer­tig­hau­s­an­bieters in Verträgen mit privaten Bauherren, nach der der Bauherr verpflichtet ist, spätestens acht Wochen vor dem vorgesehenen Baubeginn eine unbefristete, selbst­schuld­ne­rische Bürgschaft eines Kreditinstituts in Höhe der geschuldeten Gesamtvergütung zur Absicherung aller sich aus dem Vertrag ergebenden Zahlungs­ver­pflich­tungen des Bauherrn vorzulegen, ist wirksam. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Verbrau­cher­schutz­verein erfolglos gegen den Fertig­hau­s­an­bieter auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel. Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision gegen das klageabweisende Urteil des Oberlan­des­ge­richts zurückgewiesen.

Interesse des Fertig­hau­s­an­bieters auf Absicherung seiner Forderung gerechtfertigt

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Klausel bei einer umfassenden Würdigung der Interessen beider Parteien den Bauherrn nicht unangemessen benachteiligt, § 307 BGB*. Zwar werde der Bauherr mit den Kosten der Bürgschaft in Form der Avalprovision des Kreditinstituts belastet. Das sei aber durch ein zumindest gleichwertiges Interesse des Fertig­hau­s­an­bieters auf Absicherung seiner Forderung gerechtfertigt. Dieses ergebe sich aus dessen Vorleis­tungs­pflicht in Verbindung mit der Tatsache, dass es keine gesetzlichen Regelungen gebe, die sein Siche­rungs­be­dürfnis ausreichend erfüllten. Die Kostenbelastung für den Bauherrn falle im Rahmen der üblichen Finan­zie­rungs­kosten nicht entscheidend ins Gewicht. Die abzusichernden Risiken seien dagegen für den Fertig­hau­s­an­bieter nicht unwesentlich.

Keine unangemessene Benachteiligung des Bauherren

Eine unangemessene Benachteiligung sei auch nicht gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB* indiziert. Die Verpflichtung zur Vorlage einer Bürgschaft zur Absicherung aller sich aus dem Vertrag ergebenen Zahlungs­ver­pflich­tungen des Bauherrn weiche nicht von der gesetzlichen Regelung des § 648 a BGB** ab. Diese Vorschrift betreffe ausschließlich ein Sicher­heits­ver­langen des Unternehmers nach Vertragsschluss; aus ihr könne man nichts für die Zulässigkeit einer Sicher­hei­ten­ver­ein­barung bei Vertragsschluss entnehmen.

*§ 307 BGB: Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. …

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist….

**§ 648 a BGB: Bauhand­wer­ker­si­cherung

(1) Der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon kann vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Neben­for­de­rungen, die mit 10 vom Hundert des zu sichernden Vergü­tungs­an­spruchs anzusetzen sind, verlangen. Satz 1 gilt in demselben Umfang auch für Ansprüche, die an die Stelle der Vergütung treten. Der Anspruch des Unternehmers auf Sicherheit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Besteller Erfüllung verlangen kann oder das Werk abgenommen hat. Ansprüche, mit denen der Besteller gegen den Anspruch des Unternehmers auf Vergütung aufrechnen kann, bleiben bei der Berechnung der Vergütung unberück­sichtigt, es sei denn, sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Die Sicherheit ist auch dann als ausreichend anzusehen, wenn sich der Sicherungsgeber das Recht vorbehält, sein Versprechen im Falle einer wesentlichen Verschlech­terung der Vermö­gens­ver­hältnisse des Bestellers mit Wirkung für Vergü­tungs­ansprüche aus Bauleistungen zu widerrufen, die der Unternehmer bei Zugang der Wider­rufs­er­klärung noch nicht erbracht hat.

(2) Die Sicherheit kann auch durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungs­ver­sprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäfts­betrieb befugten Kreditinstituts oder Kredit­ver­si­cherers geleistet werden. Das Kreditinstitut oder der Kredit­ver­si­cherer darf Zahlungen an den Unternehmer nur leisten, soweit der Besteller den Vergü­tungs­an­spruch des Unternehmers anerkennt oder durch vorläufig vollstreckbares Urteil zur Zahlung der Vergütung verurteilt worden ist und die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Zwangs­voll­streckung begonnen werden darf.

(3) Der Unternehmer hat dem Besteller die üblichen Kosten der Sicher­heits­leistung bis zu einem Höchstsatz von 2 vom Hundert für das Jahr zu erstatten. Dies gilt nicht, soweit eine Sicherheit wegen Einwendungen des Bestellers gegen den Vergü­tungs­an­spruch des Unternehmers aufrecht­er­halten werden muss und die Einwendungen sich als unbegründet erweisen. (4) Soweit der Unternehmer für seinen Vergü­tungs­an­spruch eine Sicherheit nach den Absätzen 1 oder 2 erlangt hat, ist der Anspruch auf Einräumung einer Siche­rungs­hy­pothek nach § 648 Abs. 1 ausgeschlossen.

(5) Hat der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit nach Absatz 1 bestimmt, so kann der Unternehmer die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen. Kündigt er den Vertrag, ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.

(6) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung, wenn der Besteller

1.eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist, über deren Vermögen ein Insol­venz­ver­fahren unzulässig ist, oder

2.eine natürliche Person ist und die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfa­mi­li­en­hauses mit oder ohne Einlie­ger­wohnung ausführen lässt.

Satz 1 Nr. 2 gilt nicht bei Betreuung des Bauvorhabens durch einen zur Verfügung über die Finan­zie­rungs­mittel des Bestellers ermächtigten Baubetreuer.

(7) Eine von den Vorschriften der Absätze 1 bis 5 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

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