21.11.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 25575

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Urteil27.02.2018BundesgerichtshofVI ZR 489/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ITRB 2018, 128Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2018, Seite: 128
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Köln, Urteil16.08.2015, 28 O 14/14
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil13.10.2016, 15 U 173/15
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.02.2018

Betreiber einer Internet-Suchmaschine muss Inhalte angezeigter Suchergebnissen nicht auf Persönlichkeits­rechts­verletzungen überprüfenHandlungsbedarf besteht erst bei konkreten Hinweisen mit offen­sicht­lichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeits­rechts

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Betreiber einer Internet-Suchmaschine nicht verpflichtet ist, sich vor der Anzeige eines Suchergebnisses darüber zu vergewissern, ob die von den Suchprogrammen aufgefundenen Inhalte Persönlichkeits­rechts­verletzungen beinhalten. Der Such­maschinen­betreiber muss erst reagieren, wenn er durch einen konkreten Hinweis von einer offen­sicht­lichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits­rechts Kenntnis erlangt.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens nehmen die Beklagte in der Hauptsache auf Unterlassung in Anspruch, bestimmte vermeintlich persön­lich­keits­rechts­ver­letzende Inhalte auf Drittseiten über die Suchmaschine auffindbar zu machen.

Die Beklagte, die ihren Sitz in Kalifornien hat, betreibt die Inter­net­such­ma­schine "Google". Dabei durchsucht sie mit einer Software kontinuierlich und automatisiert das Internet und übernimmt die so ermittelten Internetseiten in einen Suchindex. Die Daten gibt die Suchmaschine an die Nutzer entsprechend dem eingegebenen Suchbegriff nach einem von der Beklagten erstellten Algorithmus als Ergebnisliste aus und verlinkt diese.

Sachverhalt

Die Kläger, ein Ehepaar, sind IT-Dienstleister. Der Ehemann hatten ab Mitte Februar 2011 zumindest beim Aufsetzen eines Internetforums - nachfolgend: F-Internetforum - geholfen. Mitglieder dieses Forums führten mittels Beiträgen auf verschiedenen Forenseiten Ausein­an­der­set­zungen mit Mitgliedern eines anderen Internetforums. Den Mitgliedern des F-Internetforums wurde u.a. vorgeworfen, Dritte zu stalken und zu drangsalieren. Aufgrund einer von dem Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für das F-Internetforum eingerichteten E-Mail-Weiterleitung stellten Dritte die IP-Adresse und die Identität des Klägers fest und gaben diese Informationen an Mitglieder des mit dem F-Internetforum verfeindeten Internetforums weiter. Letztere verfassten sodann auf den mit der Klage beanstandeten Internetseiten Beiträge, in denen der Kläger für Handlungen von Mitgliedern des F-Internetforums (unter anderem angebliches Stalking) verantwortlich gemacht wurde. Die bei zielgerichteter Suche in der Ergebnisliste der Beklagten nachgewiesenen Seiten enthielten deshalb Inhalte, wonach der Kläger das F-Internetforum betreibe, für die dort veröf­fent­lichten Inhalte (mit-)verantwortlich sei oder von den Inhalten des Forums zumindest Kenntnis gehabt habe und die Klägerin von der Rolle ihres Mannes in diesem Forum Kenntnis gehabt haben müsse. Dabei wurden in Bezug auf die Kläger Worte gebraucht wie etwa "Arschkriecher", "Schwerst­kri­minelle", "kriminelle Schufte", "Terroristen", "Bande", "Stalker", "krimineller Stalkerhaushalt".

Das Landgericht hat der Unter­las­sungsklage teilweise stattgegeben. Das Berufungs­gericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision haben die Kläger ihre Klageanträge weiterverfolgt.

BGH verneint Ansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts

Die Revision hatte vor dem Bundes­ge­richtshof keinen Erfolg. Den Klägern stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts zu. Die von den Klägern beanstandeten Inhalte auf den Internetseiten, welche die Beklagte durch Verlinkung auffindbar macht, sind keine eigenen Inhalte der Beklagten. Sie wurden von anderen Personen ins Internet eingestellt. Die Beklagte hat sich die Inhalte durch Aufnahme in den Suchindex auch nicht zu Eigen gemacht. Die Beklagte durchsucht lediglich mit Hilfe von Programmen die im Internet vorhandenen Seiten und erstellt hieraus automatisiert einen Such-index. Zwar kann die Beklagte grundsätzlich auch als sogenannte mittelbare Störerin haften, wenn sie zu der Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts willentlich und mitursächlich beiträgt. Denn die Beiträge im Internet, durch die sich die Kläger in ihren Persön­lich­keits­rechten verletzt sehen, werden durch die Suchmaschine auffindbar gemacht. Eine Haftung des Suchma­schi­nen­be­treibers setzt aber die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Vom ihm kann vernünf­ti­gerweise nicht erwartet werden, dass er sich vergewissert, ob die von den Suchprogrammen aufgefundenen Inhalte rechtmäßig ins Internet eingestellt worden sind, bevor er diese auffindbar macht. Die Annahme einer - praktisch kaum zu bewerk­stel­li­genden - allgemeinen Kontrollpflicht würde die Existenz von Suchmaschinen als Geschäftsmodell, das von der Rechtsordnung gebilligt worden und gesell­schaftlich erwünscht ist, ernstlich in Frage stellen. Ohne die Hilfestellung einer solchen Suchmaschine wäre das Internet aufgrund der nicht mehr übersehbaren Flut von Daten für den Einzelnen nicht sinnvoll nutzbar. Den Betreiber einer Suchmaschine treffen daher erst dann spezifische Verhal­tenspflichten, wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offen­sicht­lichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechts­ver­letzung erlangt hat.

Offensichtliche und klar erkennbare Rechts­ver­letzung für Google aus beanstandeten Äußerungen nicht entnehmbar

Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor. Die beanstandeten Bezeichnungen der Kläger waren zwar ausfallend scharf und beein­träch­tigten ihre Ehre. Ihr ehrbe­ein­träch­ti­gender Gehalt stand aber nicht von vornherein außerhalb jedes in einer Sachaus­ein­an­der­setzung wurzelnden Verwen­dungs­kon­textes. Denn die Äußerungen standen ersichtlich im Zusammenhang mit der Rolle, welche der Kläger beim F-Internetforum gespielt haben soll. Nach dem Inhalt der beanstandeten Suchergebnisse werden den Mitgliedern des F-Internetforums u.a. Stalking (Straftat i. S. des § 238 StGB) vorgeworfen. Die Beteiligung des Klägers an der Erstellung des F-Internetforums hatten die Kläger nicht zweifelsfrei klären können. Der Kläger räumte selbst ein, am "Aufsetzen" des F-Internetforums beteiligt gewesen zu sein; auch war eine von ihm eingerichtete E-Mail-Weiterleitung über das F-Internetforum an ihn noch Wochen nach dem Aufsetzen des Forums aktiv. Über die eigene, durch "eidesstattliche Versicherung" bekräftigte, jedoch ziemlich allgemein gehaltene und pauschale Behauptung hinaus, mit dem F-Internetforum nichts zu tun zu haben, hat der Kläger keinerlei belastbare Indizien für die Haltlosigkeit der ihm - und zumindest mittelbar in Form der Mitwisserschaft seiner Frau, der Klägerin, - gemachten Vorwürfe aufgezeigt. Eine offensichtliche und auf den ersten Blick klar erkennbare Rechts­ver­letzung musste die Beklagte den beanstandeten Äußerungen deshalb nicht entnehmen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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