18.10.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 21140

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Landgericht Heidelberg Urteil09.12.2014

Google muss Link auf persönlich­keitsrechts­verletzenden Inhalt einer Internetseite entfernenPflicht zur Verhinderung von Persönlich­keitsrechts­verletzungen durch die in der Ergebnisliste angezeigte Treffer

Wird eine Suchmaschine auf einen persönlich­keitsrechts­verletzenden Inhalt einer Internetseite hingewiesen, so kann sie verpflichtet sein, den Link zur Internetseite zu entfernen. Denn die Betreiberin einer Suchmaschine muss Persönlich­keitsrecht­verletzungen durch die in der Ergebnisliste angezeigten Treffer verhindern. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Heidelberg hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall erschien in der Suchmaschine "Google" bei Eingabe des Namens einer Frau als erstes Suchergebnis ein Link zu einem Artikel auf einer deutsch­spra­chigen, regional und politisch links­ge­richteten Internetseite. Die Seite wurde anonym und ohne Impressum von Sao Paulo aus betrieben. In dem Artikel wurde die Frau als "bekennende Rassistin" und "bekennende Islamhasserin" bezeichnet. Auch ihr Sohn wurde in einem Artikel auf der Internetseite unter Angabe seiner Wohnanschrift als "Rassist und Hetzer" sowie "geistiger Brandstifter" bezeichnet. Als Beleg für die Behauptung wurden einige Zitate von ihm, die er in einem Internetblog verfasste, angeführt. Tatsächlich organisierter er Veranstaltungen und Kundgebungen rechts­po­pu­lis­tischer Gruppierungen. Der Artikel erschien bei Google bei Eingabe seines Namens ebenfalls als erstes Suchergebnis.

Mutter und Sohn verlangten Entfernung des Links zur Internetseite

Sowohl die Mutter als auch ihr Sohn sahen in den Artikeln eine Verletzung ihres Persön­lich­keits­rechts und wandten sich mit der Bitte an Google, die Links zu der Internetseite mit den Artikeln zu entfernen. Nachdem Google dem nicht nachkam, erhoben beide Klage. Sie gaben an, keine Rassisten zu sein. Vielmehr hielten sie sich für konservative Deutsche, die gegen islamische Gewalt öffentlich demonstriert hätten. Durch die Artikel habe die Mutter zudem ihren Arbeitsplatz verloren und ihr Sohn habe umziehen müssen.

Landgericht bejahte Entfer­nungs­an­spruch der Klägerin

Nach Ansicht des Landgerichts Heidelberg habe der Klägerin ein Anspruch dahingehend zugestanden, dass der bei Eingabe ihres Namens bei Google angezeigte Link zu dem Artikel auf der Internetseite dauerhaft entfernt wird. Denn die Klägerin sei durch den Artikel in ihrem Persön­lich­keitsrecht verletzt worden. Dafür sei Google als Betreiberin der Suchmaschine mitver­ant­wortlich gewesen. Sie habe trotz Kenntnis nicht verhindert, dass die Klägerin durch den angezeigten Treffer in der Ergebnisliste in ihrem Persön­lich­keitsrecht verletzt wird.

Persön­lich­keitsrecht der Klägerin wurde verletzt

Die Klägerin habe zwar Parteien und Grupperingen, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind, angehört oder zumindest nahegestanden und sich zudem politisch engagiert, so das Landgericht. Dies allein habe jedoch nicht gerechtfertigt sie als "Rassistin" und "Islamhasserin" zu bezeichnen. Beide Bezeichnungen seien durch keine Aussagen der Klägerin belegt gewesen. Ohnehin sei die Klägerin nicht derart in die Öffentlichkeit getreten, dass eine Ausein­an­der­setzung mit ihrer Person und ihrer politischen Tätigkeit von öffentlicher Bedeutung war. Das Gericht war davon überzeugt, dass der Artikel darauf angelegt gewesen sei, die Klägerin zu stigmatisieren und sozial auszugrenzen.

Schaden­er­satz­an­spruch der Klägerin

Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin aufgrund des Artikels ihren Arbeitsplatz verloren hat und eine weitere Anstellung schwer zu finden sein wird, habe der Klägerin nach Auffassung des Landgerichts ferner ein Schaden­er­satz­an­spruch zugestanden.

Landgericht verneinte Entfer­nungs­an­spruch des Sohns

Das Landgericht verneinte dagegen einen Entfer­nungs­an­spruch des Sohns. Zwar sei er ebenfalls scharf angegriffen worden. Jedoch habe der Kläger tatsächlich rassistische und hetzerische Äußerungen im Rahmen eines Internetblogs gemacht. Darüber hinaus sei er auch als Organisator und Veranstalter von Kundgebungen aufgetreten. Die Bezeichnungen seien daher von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt gewesen. In diesem Zusammenhang sei zu beachten gewesen, dass in politischen Ausein­an­der­set­zungen Kritik scharf, abwertend und übersteigert und unter Umständen sogar ehrverletzend geäußert werden darf.

Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung durch Angabe der Wohnanschrift

Zwar habe in der Angabe der Wohnanschrift des Klägers eine Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung gelegen, so das Landgericht. Es sei im politischen Meinungskampf unzulässig Personen in ihrem häuslichen Umfeld Anfeindungen, Belästigungen und gegebenenfalls gewalttätigem Übergriffen auszusetzen. Die Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung habe jedoch nicht mehr bestanden, da der Kläger zwischen­zeitlich umgezogen war.

Schaden­er­satz­an­spruch des Klägers

Das Landgericht sprach dem Kläger allerdings einen Schaden­er­satz­an­spruch zu. Denn aufgrund der Nennung seiner Wohnanschrift habe er umziehen müssen. Ihm seien somit Umzugskosten und unter Umständen höhere Mietkosten entstanden.

Quelle: Landgericht Heidelberg, ra-online (vt/rb)

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