15.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 16962

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Urteil03.05.2005BundesgerichtshofVI ZR 238/04
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHReport 2005, 1252Zeitschrift: BGH Report (BGHReport), Jahrgang: 2005, Seite: 1252
  • MDR 2005, 1290Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2005, Seite: 1290
  • NJW-RR 2005, 1183Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2005, Seite: 1183
  • NZV 2005, 466Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2005, Seite: 466
  • VersR 2005, 1254Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2005, Seite: 1254
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil03.05.2005

Tierhal­ter­haftung: Aggressive und bissige Hunde begründen erhöhte Sorgfalts­anforderung an der BeaufsichtigungHandeln auf eigene Gefahr nur bei Bewusstsein der Gefährdung

Wer aggressive und bissige Hunde hält, den treffen hinsichtlich der Beaufsichtigung und Verwahrung der Hunde erhöhte Sorgfalts­pflichten. Zudem setzt ein Handeln auf eigene Gefahr das Bewusstsein der Gefährdung voraus. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Im zugrunde liegenden Fall hielt sich der Besitzer eines Reiterhofs unter anderem zwei Rottweiler. Sowohl ein Schild an der Toreinfahrt des umzäunten Grundstücks als auch eines an der Haustür des Wohnhauses warnten vor der Gefährlichkeit der Hunde. In den Zeiten von Publi­kums­verkehr befanden sich die Hunde in einem Zwinger. Im September 2001 wollte ein Mann seine damalige Verlobte von dem Reiterhof abholen. Als der Mann auf der Suche nach seiner Verlobten die Haustür zum Wohngebäude öffnete, wurde er von den zwei Rottweilern angefallen. Aufgrund der zahlreich erlittenen Bisswunden erhob er Klage auf Schadenersatz.

Amtsgericht gab Klage zum Teil statt, Landgericht wies sie ab

Das Amtsgericht Freiberg gab der Klage zuzüglich eines Mitver­schul­den­santeils des Klägers von 75 % statt. Das Landgericht Chemnitz wies die Klage hingegen vollumfänglich ab. Seiner Ansicht nach habe der Hundehalter nicht nach § 833 Satz 2 BGB gehaftet, da der Hundehalter bei der Beaufsichtigung der Nutztiere die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet habe. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass aufgrund der Warnschilder und der vorhandenen Zwinger kein Unbefugter das Grundstück und insbesondere das Haus betreten würde. Zudem sah das Landgericht in dem Verhalten des Klägers ein überwiegendes Mitverschulden. Gegen das Urteil legte der Kläger Revision ein.

BGH sah Verstoß gegen Sorgfalts­pflichten

Der Bundes­ge­richtshof hielt zunächst die Einordnung der Hunde als Nutztiere für problematisch, Denn seiner Auffassung nach sei der Hundehalter seiner Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Nutztierhaltung der beiden Rottweiler nicht nachgekommen. Unabhängig davon sahen die Bundesrichter in dem frei herum­lau­fen­lassen der Tiere im Haus einen erheblichen Sorgfalts­verstoß. Von einem überwiegendem Mitverschulden des Klägers sei daher nicht auszugehen gewesen.

Erhöhte Sorgfalts­pflichten bestanden

Ist ein Hund bekanntermaßen aggressiv und bissig, so der Bundes­ge­richtshof weiter, seien die Sorgfalts­an­for­de­rungen bei seiner Beaufsichtigung in erheblichem Maße erhöht. Dies bedeute, je gefährlicher ein Hund ist, desto größere Bedeutung erlangt seine sichere Verwahrung. Handelt es sich um bissige und gefährliche Hunde, sei es notwendig, durch entsprechende Maßnahmen zu verhindern, dass die Tiere ins Freie gelangen und Menschen ohne hinreichende Einwir­kungs­mög­lich­keiten erheblich verletzen. Es sei im vorliegenden Fall daher nicht ausreichend gewesen, dass die Tiere im Haus gehalten wurden und Warnschilder auf die Hundehaltung hinwiesen. Vielmehr sei ein Wegsperren erforderlich gewesen, vor allem da mit einem Kommen des Klägers gerechnet wurde. Das Unterlassen des Wegsperrens habe daher einen erheblichen Sorgfalts­verstoß dargestellt.

Handeln auf eigene Gefahr lag nicht vor

Der Bundes­ge­richtshof hat in dem Verhalten des Klägers auch kein Handeln auf eigene Gefahr gesehen. Der Aspekt des Handelns auf eigene Gefahr greife bei der Tierhalterhaftung ohnehin nur ausnahmsweise ein, wenn sich der Verletzte bewusst Risiken aussetzte, die über die normale Tiergefahr hinausgehen. Damit sei das Bewusstsein der Gefährdung stets Voraussetzung, um ein Handeln auf eigene Gefahr anzunehmen. Dafür haben hier jedoch Anhaltspunkte gefehlt.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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