18.10.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 16080

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Urteil20.12.1988BundesgerichtshofVI ZR 182/88
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 1989, 447Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 1989, Seite: 447
  • BGHZ 106, 229Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 106, Seite: 229
  • GRUR 1989, 225Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 1989, Seite: 225
  • MDR 1989, 439Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1989, Seite: 439
  • NJW 1989, 902Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1989, Seite: 902
  • NJW-RR 1989, 397Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 1989, Seite: 397
  • VersR 1989, 373Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1989, Seite: 373
  • WM 1989, 236Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 1989, Seite: 236
  • WRP 1989, 308Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 1989, Seite: 308
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil20.12.1988

BGH: Verbot des Einwurfs von Werbung bei aufgebrachtem "Keine Werbung"-Aufkleber auf dem BriefkastenVerstoß begründet Unterlassungs­anspruch gegen Werbenden

Ein auf dem Briefkasten aufgebrachter "Keine Werbung"-Aufkleber bringt zum Ausdruck, dass der Inhaber den Einwurf von Werbung nicht erwünscht. Verstößt der Werbende gegen das ausgesprochene Verbot, liegt eine Verletzung des Eigentums bzw. Besitzes sowie des Persönlichkeits­rechts vor. Dem Umworbenen steht daher ein Unterlassungs­anspruch zu. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Eine Supermarktkette beauftragte ein Werbe­un­ter­nehmen mit dem Einwurf von Wurfsendungen in den Briefkästen im Umfeld ihrer Supermärkte. Es wurden wöchentlich etwa 1.1 Millionen Handzettel in Briefkästen geworfen. Ein Mann fühlte sich durch die Wurfsendungen belästigt und verlangte von der Supermarktkette die Abgabe einer strafbewehrten Unter­las­sungs­er­klärung. Da sich diese weigerte eine solche abzugeben, erhob der Mann Klage auf Unterlassung. Er gab an, auf seinem Briefkasten einen Aufkleber angebracht zu haben, der den Einwurf von Werbung und Ähnlichem untersagt habe.

Landgericht wies Klage ab, Oberlan­des­gericht gab ihr statt

Das Landgericht wies die Klage ab. Auf Berufung des Klägers gab das Oberlan­des­gericht der Klage statt. Denn der Einwurf von Werbesendungen in den Briefkasten des Klägers habe aus Sicht des Oberlan­des­ge­richts eine Verletzung seines Persön­lich­keits­rechts sowie eine Eigentums- bzw. Besitzstörung dargestellt. Gegen das Berufungsurteil legte die Supermarktkette Revision ein.

Einwurf von Wurfsendungen grundsätzlich zulässig

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte das Urteil des Oberlan­des­ge­richts. Zwar sei die Werbung durch Einwurf von Handzetteln in die Briefkästen potentieller Kunden zulässig. Denn sie diene dem Interesse der Verbraucher, über das Leistungs­angebot des werbenden Unternehmens einen Überblick zu verschaffen. Die Belästigung nicht interessierter Empfänger bewege sich dabei noch im zumutbaren Rahmen, da die Zettel schnell als Werbung zu erkennen seien und daher ohne weiteres ausgesondert werden können.

Verbot von Werbung bei ausdrücklich erklärten Willen

Gibt der Empfänger aber ausdrücklich zu erkennen, dass er Werbe­wurf­sen­dungen nicht zu erhalten wünscht, müsse sich der Werbende nach Auffassung des Gerichtshofs daran halten. Dies folge aus dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen. Denn der Wille des Bürgers, in seinem Lebensreich von jedem Zwang zur Ausein­an­der­setzung mit der Sugge­s­tiv­wirkung der Werbung nach Möglichkeit freizuhalten, sei als Ausmaß seines personalen Selbst­be­stim­mungs­rechts schutzwürdig.

Verbot selbst von vereinzelt unerwünschter Werbung

Nicht erforderlich sei es gewesen, so der Gerichtshof weiter, dass Werbematerial in solchen Mengen eingeworfen wird, dass die eigentliche Funktion des Briefkastens in Frage gestellt ist. Vielmehr könne sich der Betroffene auch gegen den vereinzelt unerwünschten Einwurf von Werbung zur Wehr setzen. Dabei sei zu beachten gewesen, dass es sich um keine sozialadäquate Belästigung handelte.

Supermarktkette musste für Werbe­un­ter­nehmen eintreten

Zwar sei die Supermarktkette nach Ansicht der Bundesrichter nur Auftraggeberin der Werbeverteilung und daher nur mittelbare Störerin gewesen. Sie habe aber die Störung veranlasst. Denn sie habe das Werbe­un­ter­nehmen mit der Durchführung der Werbeaktion beauftragt. Zudem habe sie aus ihrer vertraglichen Beziehung zu diesem Unternehmen über die Mittel verfügt, gegen weitere Störungen des Selbst­be­stim­mungs­rechts des Klägers einzuschreiten. Sie habe alle ihr zu Gebote stehenden rechtlichen und wirtschaft­lichen Möglichkeiten ausschöpfen müssen. Sie hätte eindringlich das Werbe­un­ter­nehmen auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Organisation und Kontrolle der Werbeaktion hinweisen, sich über den Einsatz geeigneter Schutz­vor­keh­rungen vergewissern, Beanstandungen nachgehen und gegebenenfalls dem Anliegen durch Androhung wirtschaft­licher und rechtlicher Sanktionen einen stärkeren Nachdruck verleihen müssen. Insofern wäre eine Vertrags­stra­fen­ver­ein­barung denkbar gewesen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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