Dokument-Nr. 18124
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- MDR 2009, 749Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2009, Seite: 749
- VersR 2009, 693Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2009, Seite: 693
- Landgericht Bochum, Urteil24.09.2007, 6 O 162/07
- Oberlandesgericht Hamm, Urteil06.06.2008, I-9 U 229/07
Bundesgerichtshof Urteil17.03.2009
Schadenersatz nach Pferdetritt: Kein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Verwirklichung des berufstypischen Risikos eines TierarztesBeauftragter Tierarzt handelt nicht auf eigene Gefahr
Wird ein Tierarzt während der ärztlichen Versorgung eines Pferds getreten, so steht ihm grundsätzlich ein Anspruch auf Schadenersatz gegen den Tierhalter zu. Die Tierhalterhaftung ist nicht wegen der Verwirklichung eines berufstypischen Risikos ausgeschlossen. Denn ein beauftragter Tierarzt handelt nicht auf eigene Gefahr. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2006 wurde ein Tierarzt während des Versuchs bei einem Pferd eine rektale Fiebermessung durchzuführen getreten. Aufgrund der dadurch erlittenen Verletzungen klagte er gegen die Tierhalterin auf Schadenersatz.
Landgericht und Oberlandesgericht wiesen Klage ab
Sowohl das Landgericht Bochum als auch das Oberlandesgericht Bochum wiesen die Klage ab. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts habe dem Tierarzt kein Anspruch auf Schadenersatz nach § 833 BGB zugestanden. Zwar habe sich in dem plötzlichen Tritt des Pferds eine typische Tiergefahr verwirklicht. Jedoch habe ein Handeln auf eigene Gefahr vorgelegen, so dass die Tierhalterhaftung ausgeschlossen gewesen sei. Der Tierarzt habe sich bewusst einer Gefahr ausgesetzt als er versuchte das Fieberthermometer in den After des Pferds einzuführen. In einem solchen Fall sei es nicht ungewöhnlich, dass sich ein Pferd erschreckt und austritt. Es habe sich dadurch das berufstypische Risiko eines Tierarztes verwirklicht. Gegen diese Entscheidung legte der Tierarzt Revision ein.
Bundesgerichtshof verneinte Ausschluss der Tierhalterhaftung
Der Bundesgerichtshof lehnte einen Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen des Handelns auf eigene Gefahr ab. Denn ein solcher Haftungsausschluss komme regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr im Rahmen einer vertraglichen Absprache mit dem Tierhalter aussetzt. So habe der Fall hier gelegen. Der Tierarzt habe sich im Rahmen seiner Beauftragung und somit aus triftigem Grund der Tiergefahr ausgesetzt. Er habe sich dieser auch aussetzen müssen, um seine vertragliche Pflicht zur medizinischen Versorgung des Pferds nachzukommen. Wer sich aber aus beruflichen Gründen einer Tiergefahr aussetzt und somit eigengefährdet, ohne dabei die vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen, verliere grundsätzlich nicht seinen Schadenersatzanspruch (vgl. RG, JW 1904, 57; JW 1912, 797; JW 1911, 89 und BGH, Urt. v. 28.05.1968 - VI ZR 35/67 = VersR 1968, 797).
Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung des Falls
Da das Oberlandesgericht keine Feststellungen zu einem etwaigen Mitverschulden des Tierarztes getroffen habe, hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf und wies den Fall zur Neuentscheidung zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.04.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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