Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Während einer Unterrichtspause Anfang Januar 2000 schmiss ein 13jähriger Schüler einen Feuerwerkskörper in Richtung einer Gruppe von Mädchen. Durch die Detonation des Feuerwerkskörpers wurde eines der Mädchen verletzt. Diese klagte aufgrund dessen auf Schadenersatz.
Sowohl das Landgericht Mainz als auch das Oberlandesgericht Koblenz wiesen die Klage ab. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, dass ein Anspruch auf Schadenersatz wegen der Haftungsbeschränkung aus §§ 105, 106 Abs. 1 SGB VII nicht in Betracht kam. Dem Schüler sei kein vorsätzliches Handeln vorzuwerfen gewesen. Die Haftungserleichterung griff ein, da das Oberlandesgericht die Verletzungshandlung als schulbezogen ansah. Das klägerische Mädchen sah dies hingegen anders und legte gegen die Entscheidung Revision ein.
Der Bundesgerichtshof bestätigte das Berufungsurteil und wies die Revision der Klägerin zurück. Der Haftungsausschluss des beklagten Schülers habe sich aus den §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII ergeben. Nach diesen Vorschriften hafte der Schüler einer allgemeinbildenden Schule nicht auf Schadenersatz, wenn er während des Schulbesuchs einen Schulunfall verursacht und den Unfall nicht vorsätzlich herbeigeführt hatte.
Eine solche sogenannte schulbezogene Verletzungshandlung habe nach Auffassung des Bundesgerichtshofs vorgelegen. Eine Verletzungshandlung sei schulbezogen, so die Bundesrichter weiter, wenn sie auf der typischen Gefährdung aus engem schulischen Kontakt beruht und deshalb einen inneren Bezug zum Besuch der Schule aufweist. Danach seien Verletzungshandlungen schulbezogen, die aus Spielereien, Neckereien und Raufereien unter den Schülern hervorgegangenen sind. Ebenso gehören dazu Verletzungen, die in Neugier, Sensationslust und dem Wunsch, den Schulkameraden zu imponieren, verursacht wurden. Das gleiche gelte für Verletzungshandlungen, die auf übermütigen und bedenkenlosen Verhaltensweisen in einer Phase der allgemeinen Lockerung und Disziplin beruhen.
Da der Haftungsausschluss bei Schulunfällen dazu bestimmt ist, den Schulfrieden und das ungestörte Zusammenleben von Lehrern und Schülern in der Schule zu gewährleisten, dürfe die Haftungserleichterung nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs nicht eingeschränkt angewendet werden.
Diese Grundsätze zugrunde gelegt sei die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht zu beanstanden gewesen, so der Bundesgerichtshof schließlich. Für das Vorliegen einer schulbezogenen Verletzungshandlung habe maßgeblich gesprochen, dass sich der Unfall während der Unterrichtspause auf dem Schulhof ereignete und daher eine enge räumliche und zeitliche Nähe zum Schulbetrieb bestand. Zudem sei das Verhalten des beklagten Schülers als übermütig und als Imponiergehabe zu bezeichnen gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.12.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)