Dokument-Nr. 17255
Permalink https://urteile.news/
- FamRZ 2004, 1018Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2004, Seite: 1018
- MDR 2004, 876Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2004, Seite: 876
- NJW-RR 2004, 882Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2004, Seite: 882
- NZV 2004, 343Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2004, Seite: 343
- r+s 2004, 307Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 2004, Seite: 307
- VersR 2004, 789Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2004, Seite: 789
Bundesgerichtshof Urteil30.03.2004
Verletzung eines Mitschülers durch Feuerwerkskörper während Unterrichtspause: Schüler haftet nicht auf SchadenersatzHaftungsprivilegierung der schulbezogenen Verletzungshandlung liegt vor
Wird durch das übermütige Verhalten eines Schülers ein Mitschüler während einer Unterrichtspause durch einen Feuerwerkskörper verletzt, so liegt eine schulbezogene Verletzungshandlung vor. Der Schüler haftet daher nur unter der Voraussetzung eines vorsätzlichen Handelns auf Schadenersatz. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Während einer Unterrichtspause Anfang Januar 2000 schmiss ein 13jähriger Schüler einen Feuerwerkskörper in Richtung einer Gruppe von Mädchen. Durch die Detonation des Feuerwerkskörpers wurde eines der Mädchen verletzt. Diese klagte aufgrund dessen auf Schadenersatz.
Landgericht und Oberlandesgericht wiesen Klage ab
Sowohl das Landgericht Mainz als auch das Oberlandesgericht Koblenz wiesen die Klage ab. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, dass ein Anspruch auf Schadenersatz wegen der Haftungsbeschränkung aus §§ 105, 106 Abs. 1 SGB VII nicht in Betracht kam. Dem Schüler sei kein vorsätzliches Handeln vorzuwerfen gewesen. Die Haftungserleichterung griff ein, da das Oberlandesgericht die Verletzungshandlung als schulbezogen ansah. Das klägerische Mädchen sah dies hingegen anders und legte gegen die Entscheidung Revision ein.
Kein Anspruch auf Schadenersatz wegen Haftungserleichterung
Der Bundesgerichtshof bestätigte das Berufungsurteil und wies die Revision der Klägerin zurück. Der Haftungsausschluss des beklagten Schülers habe sich aus den §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII ergeben. Nach diesen Vorschriften hafte der Schüler einer allgemeinbildenden Schule nicht auf Schadenersatz, wenn er während des Schulbesuchs einen Schulunfall verursacht und den Unfall nicht vorsätzlich herbeigeführt hatte.
Vorliegen einer schulbezogenen Verletzungshandlung
Eine solche sogenannte schulbezogene Verletzungshandlung habe nach Auffassung des Bundesgerichtshofs vorgelegen. Eine Verletzungshandlung sei schulbezogen, so die Bundesrichter weiter, wenn sie auf der typischen Gefährdung aus engem schulischen Kontakt beruht und deshalb einen inneren Bezug zum Besuch der Schule aufweist. Danach seien Verletzungshandlungen schulbezogen, die aus Spielereien, Neckereien und Raufereien unter den Schülern hervorgegangenen sind. Ebenso gehören dazu Verletzungen, die in Neugier, Sensationslust und dem Wunsch, den Schulkameraden zu imponieren, verursacht wurden. Das gleiche gelte für Verletzungshandlungen, die auf übermütigen und bedenkenlosen Verhaltensweisen in einer Phase der allgemeinen Lockerung und Disziplin beruhen.
Keine eingeschränkte Anwendung der Haftungserleichterung
Da der Haftungsausschluss bei Schulunfällen dazu bestimmt ist, den Schulfrieden und das ungestörte Zusammenleben von Lehrern und Schülern in der Schule zu gewährleisten, dürfe die Haftungserleichterung nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs nicht eingeschränkt angewendet werden.
Übermütiges Pausenverhalten lag vor
Diese Grundsätze zugrunde gelegt sei die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht zu beanstanden gewesen, so der Bundesgerichtshof schließlich. Für das Vorliegen einer schulbezogenen Verletzungshandlung habe maßgeblich gesprochen, dass sich der Unfall während der Unterrichtspause auf dem Schulhof ereignete und daher eine enge räumliche und zeitliche Nähe zum Schulbetrieb bestand. Zudem sei das Verhalten des beklagten Schülers als übermütig und als Imponiergehabe zu bezeichnen gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.12.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
der Leitsatz
BGB § 823; SGB VII §§ 105, 106
Verletzt ein Schüler durch einen Feuerwerkskörper, den er während einer Unterrichtspause auf dem Schulhof in Richtung einer Gruppe von Schülern wirft, einen Mitschüler, so kann das als schulbezogen gewertet werden.
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil17255
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.