18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Coburg Urteil22.01.2002

Schmerzensgeld bei Rangelei unter Schülern?Zu den Voraussetzungen eines Schmer­zens­geldan­spruches nach einer Rangelei in der Schule

Wird ein Schüler bei einer Rangelei im Schulgebäude von einem Mitschüler verletzt, kann nur dann Schmerzensgeld beanspruchen, wenn ihm die Verletzung vorsätzlich zugefügt wurde. Andernfalls ist der Anspruch - ebenso wie zwischen Angehörigen eines Betriebes - ausgeschlossen.

Das entschied jetzt das Landgericht Coburg, bestätigt durch das Oberlan­des­gericht Bamberg. Weil von einem Verlet­zungs­vorsatz des „Täters“ nicht auszugehen war, wurde die Klage des geschädigten Schülers auf 7.000,- DM Schmerzensgeld abgewiesen.

Zwischen dem 15-jährigen Kläger und seinem 16-jährigen Kontrahenten kam es während einer Unter­richtspause auf dem Flur des Schulgebäudes zu einer „tätlichen Ausein­an­der­setzung“. Der spätere Beklagte versetzte dabei seinem Mitschüler von hinten einen Stoß, so dass der zu Boden stürzte. Mit üblen Folgen: beim Versuch, sich abzustützen, brach er sich die rechte Hand. Der Verletzte klagte Schmerzensgeld ein.

Ohne Erfolg. Das Landgericht wies seine Klage ab und führte zur Begründung aus, die beiden Schüler seien in der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung versichert. Der Vorfall sei auch „schulbezogen“, weise also den nötigen unmittelbaren Zusammenhang zum Schulbesuch auf. Die Haftung des Beklagten bestimme sich daher nach den gesetzlichen Regelungen über Ansprüche zwischen „Betrie­b­s­an­ge­hörigen desselben Unternehmens“. Und für die habe der Gesetzgeber – um Betriebs- oder Schulfrieden nicht durch Schmer­zens­geldansprüche zu belasten – normiert, dass der Mitschüler nur bei Vorsatz hafte. Ein solcher Verlet­zungs­vorsatz lasse sich aber nicht feststellen. Der Handbruch sei weder Folge eines gezielten Schlages oder Trittes noch eines besonders brutalen oder aggressiven Handelns gewesen. Außerdem sei ihm eine Rangelei vorausgegangen. Alles in allem Umstände, die für eine typisch jugendtümliche Verhaltensweise sprächen – von einem Mangel an Besonnenheit geprägt.

Erläuterungen
Landgericht Coburg, Az: 12 O 297/01

Oberlan­des­gericht Bamberg, Az: 6 U 36/01

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 104 Sozial­ge­setzbuch 7. Teil (SGB VII) [Beschränkung der Haftung der Unternehmer]:

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Perso­nen­schadens, den ein Versi­che­rungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versi­che­rungsfall vorsätzlich (...) herbeigeführt haben. (...)

§ 106 SGB VII [Beschränkung der Haftung anderer Personen]:

(1) In den (...) Unternehmen gelten die §§ 104 (...) entsprechend für die Ersatzpflicht

2. der in § 2 Abs. 1 Nr. (...) 8 genannten Versicherten gegenüber den Betrie­b­s­an­ge­hörigen desselben Unternehmens,

§ 2 SGB VII [Versicherung kraft Gesetzes in der Unfall­ver­si­cherung]:

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

8. b) Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreu­ungs­maß­nahmen, (...)

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 22.01.2002

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