18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 13570

Drucken
Urteil27.03.2012BundesgerichtshofVI ZR 144/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2012, 464Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2012, Seite: 464
  • GRUR 2012, 751Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2012, Seite: 751
  • MDR 2012, 767Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 767
  • MMR 2012, 623Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 623
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Urteil02.11.2010, 3 C 153/10
  • Landgericht Berlin, Urteil03.03.2011, 27 S 23/10
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.03.2012

Internetportal haftet nicht für Rechts­ver­let­zungen durch eingebundene RSS-FeedsKeine Prüfungspflicht für Betreiber von Infor­ma­ti­o­ns­portalen im Internet

Ob der Betreiber einer Internetseite für von ihm verbreitete Inhalte verantwortlich gemacht werden kann, hängt von der Verletzung zumutbarer Verhal­tenspflichten, insbesondere von Prüfungs­pflichten, ab. Dem Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Mediennutzer auf schnelle und aktuelle Informationen wäre es jedoch abträglich, wenn jeder Beitrag vor Veröf­fent­lichung auf eine mögliche Rechts­ver­letzung hin geprüft werden müsste. Somit sind Infor­ma­ti­o­ns­portale nicht grundsätzlich zur vorherigen Prüfung der Inhalte verpflichtet. Dies entschied der Bunde­ge­richtshof.

Im vorliegenden Fall ging es um die Frage der Verantwortung eines Inter­ne­t­in­for­ma­ti­o­ns­portals für Inhalte von RSS-Feeds, die es von Dritten erhielt und veröffentlichte. Das Infor­ma­ti­o­ns­portal verbreitete unter dem Titel "Ex-RAF-Terroristin H. radelt in den Freigang" ein Bildnis, das die Betroffene zeigt und heimlich aufgenommen worden war. Dieses Bild stammte aus einem RSS-Feed der Webseite www.bild.de, welche das Bildnis bereits aus dem Netz genommen hatte, nachdem eine einsteilige Verfügung diesbezüglich vom Rechtsanwalt der Betroffenen erlassen worden war. Auch das Internetportal, das die RSS-Feeds übernahm, wurde auf Unterlassung und die Zahlung von Rechts­an­walts­kosten in Anspruch genommen. Gegen die Kostenübernahme wehrte sich der Betreiber der Internetseite schließlich gerichtlich.

Infor­ma­ti­o­ns­portal hat sich streit­ge­gen­ständ­lichen Inhalt nicht zu eigen gemacht

Der Bundes­ge­richtshof entschied in der Sache. Einen Unter­las­sungs­an­spruch gegen den Betreiber des Infor­ma­ti­o­ns­portals konnte das Gericht nicht bestätigen. Ein unzulässiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Frau H. habe demnach nicht stattgefunden, da das beklagte Unternehmen die Meldung nicht selbst verfasst und sie sich auch nicht zu eigen gemacht habe. Maßgeblich für die Frage, ob sich jemand einen Inhalt zu eigen mache, sei die Feststellung, inwiefern die fremde Äußerung in den eigenen Gedankengang eingefügt werde und damit als eigener Gedanke erscheine. Bereits undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter könnten dem Vertreiber zugerechnet werden.

Fremde Inhalte sind eindeutig als solche gekennzeichnet

Jedoch könne sich bereits aus der äußeren Form der Veröf­fent­lichung ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt werde. Dies sei beispielsweise bei dem Abdruck der Presseschau und auch im vorliegenden Fall gegeben, da die gesammelten und bereit­ge­stellten Inhalte als fremd gekennzeichnet würden.

Betreiber eines Infor­ma­ti­o­ns­portals ist nicht zur Prüfung der Beiträge vor Veröf­fent­lichung verpflichtet

Eine Haftung wegen der Bereitstellung zum Abruf und damit der Verbreitung der beanstandeten Meldung scheide ebenfalls aus. Eine Haftung des Verbreiters fremder Nachrichten setze die Verletzung zumutbarer Verhal­tenspflichten, insbesondere von Prüfungs­pflichten, voraus. Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit eine Prüfung zugemutet werden könne. Der Betreiber eines Infor­ma­ti­o­ns­portals sei danach grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beiträge vor der Veröf­fent­lichung auf eventuelle Rechts­ver­let­zungen zu prüfen. Dies würde den Betrieb des dem Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Mediennutzer dienenden, auf schnelle und aktuelle Information ausgerichteten Infor­ma­ti­o­ns­portals unzuträglich hemmen. Den Betreiber treffe erst dann eine Kontrollpflicht, wenn er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlange. Im vorliegenden Fall habe das beklagte Unternehmen die beanstandete Berich­t­er­stattung aus ihrem Angebot genommen, nachdem sie auf die Verletzung des Persön­lich­keits­rechts hingewiesen worden sei.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/st)

der Leitsatz

BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1

a) Der Betreiber eines Infor­ma­ti­o­ns­portals, der erkennbar fremde Nachrichten anderer Medien (hier: RSS-Feeds) ins Internet stellt, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beiträge vor der Veröf­fent­lichung auf eventuelle Rechts­ver­let­zungen zu überprüfen. Er ist erst verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechts­ver­letzung erlangt.

b) Weist ein Betroffener den Betreiber eines solchen Infor­ma­ti­o­ns­portals auf eine Verletzung seines Persön­lich­keits­rechts durch den Inhalt einer in das Portal eingestellten Nachricht hin, kann der Betreiber des Portals als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil13570

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI