21.11.2024
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Dokument-Nr. 19167

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Urteil14.11.2014BundesgerichtshofV ZR 90/13
Vorinstanzen:
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil24.09.2012, 4 O 1659/12
  • Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil25.02.2013, 4 U 2040/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil14.11.2014

Beschlagnahme endet mit Abschluss eines Strafverfahrens: Bei einer Wohnungs­durch­suchung beschlagnahmtes Geld ist an Ehegatten zurückzugebenBGH zur Rückgabe von Beweismitteln nach Ende des Strafverfahrens

Der Bundes­ge­richtshof hatte darüber zu entscheiden, an wen die Rückgabe von Beweismitteln zu erfolgen hat, die im Rahmen eines gegen einen Ehegatten gerichteten Strafverfahrens in der gemeinsamen Wohnung der Eheleute beschlagnahmt wurden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2007 ließ die Staats­an­walt­schaft im Rahmen eines Ermitt­lungs­ver­fahrens gegen den Ehemann der Klägerin wegen Verstoßes gegen das Betäu­bungs­mit­tel­gesetz die Wohnung der Eheleute durchsuchen. Dabei wurden in der Küche - versteckt in einer Kunststoffdose - 42.300 Euro in bar gefunden. Das Geld wurde als Beweismittel sichergestellt, beschlagnahmt und auf ein Konto der Landes­jus­tizkasse eingezahlt. Der Ehemann wurde zu einer Haftstrafe von dreizehn Jahren verurteilt. Dabei wurde der sogenannte Werter­satz­verfall in Höhe von 30.500 Euro angeordnet. Die Staats­an­walt­schaft erklärte hinsichtlich des sicher­ge­stellten Betrags die Aufrechnung mit den Verfah­rens­kosten des Strafverfahrens und dem Werter­satz­verfall. Die Klägerin behauptet jedoch, nicht ihr Mann, sondern sie sei Eigentümerin des Geldes gewesen. Es habe sich um Arbeitslohn gehandelt, den sie in der Ehewohnung versteckt habe, weil sie aufgrund ihrer Lebens­ge­schichte kein Vertrauen zu Banken habe. Die Hälfte des Geldes hat die Klägerin zurückerhalten. Ihre Klage auf Zahlung der verbleibenden 21.150 Euro hat das Landgericht abgewiesen; die Berufung zum Oberlan­des­gericht war erfolglos. Das Oberlan­des­gericht hat nicht feststellen können, ob das Geld dem Ehemann oder der Ehefrau gehörte, war aber der Meinung, der Zahlungs­an­spruch gegen die Staatskasse könne aufgeteilt werden und die Klägerin habe den ihr zustehenden hälftigen Anteil bereits erhalten.

Rückgabe förmlicher Beschlagnahmen zu Beweiszwecken stellt öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Straf­ver­fol­gungs­be­hörden dar

Der Bundes­ge­richtshof hat das Urteil auf die Revision der Klägerin hin aufgehoben und die Sache an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Das Gericht entschied, dass die Beschlagnahme mit Abschluss des Strafverfahrens endete. Das Geld muss zurückgegeben bzw. Wertersatz geleistet werden, weil es (nur) als mögliches Beweismittel beschlagnahmt wurde; weder ist in dem Strafurteil der Verfall angeordnet worden - was den Nachweis vorausgesetzt hätte, dass das Geld aus den Straftaten herrührte - noch ist eine Pfändung des Geldes aufgrund eines dinglichen Arrests nach der Straf­pro­zess­ordnung erfolgt. Die Rückgabe nach dem Ende einer förmlichen Beschlagnahme zu Beweiszwecken stellt eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Straf­ver­fol­gungs­be­hörden dar. Nach dem Resti­tu­ti­o­ns­ge­danken muss der Zustand wieder­her­ge­stellt werden, der vor der Beschlagnahme bestand; daher muss der Gegenstand grundsätzlich an den letzten Gewahr­sams­inhaber zurückgegeben werden. Zwar wird bei der gegen einen Ehegatten gerichteten Zwangs­voll­streckung gemäß § 1362 BGB* zugunsten der Gläubiger vermutet, dass die im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. Diese Bestimmung bezieht sich aber nicht auf eine straf­pro­zessuale Beschlagnahme zu Beweiszwecken, weil es insoweit unerheblich ist, in wessen Eigentum das Beweismittel steht. Im Grundsatz ist es nicht die Aufgabe des Strafverfahrens, die Eigentums- und Besitz­ver­hältnisse an Sachen, die für die Zwecke des Verfahrens vorübergehend in amtlichen Gewahrsam gebracht worden sind, unter den Beteiligten zu regeln. Danach wäre den Eheleuten der Mitgewahrsam - der im Zeitpunkt der Beschlagnahme bestand - wieder einzuräumen, wenn die Geldscheine noch vorhanden wären. Da das beschlagnahmte Bargeld auf ein Konto eingezahlt worden ist, haben sie nunmehr einen entsprechenden Zahlungs­an­spruch.

Aufrechnung mit Verfah­rens­kosten nicht möglich

Weil der im Zeitpunkt der Beschlagnahme bestehende Zustand wieder­her­zu­stellen ist, kann der Schuldner nicht nach seinem Belieben an einen der Gläubiger leisten oder die Leistung aufteilen. Vielmehr kann auch die Zahlung nur an die Eheleute gemeinsam erfolgen. Die Aufteilung im Innenverhältnis ist allein deren Sache. Infolgedessen ist die Aufrechnung der Staats­an­walt­schaft mit den nur von dem Ehemann geschuldeten Verfah­rens­kosten des Strafverfahrens und dem Werter­satz­verfall erfolglos, weil es an der erforderlichen Gegenseitigkeit der Ansprüche fehlt.

Der Bundes­ge­richtshof kann nicht selbst in der Sache entscheiden, weil die Klägerin bislang Zahlung an sich verlangt hat. Sie muss daher noch Gelegenheit erhalten, entweder Zahlung an sich und ihren Ehemann zu beantragen oder eine Erklärung ihres Ehemannes beizubringen, wonach dieser keine Ansprüche an dem Geld erhebt.

* § 1362 BGB Eigen­tums­ver­mutung

(1) 1Zugunsten der Gläubiger des Mannes und der Gläubiger der Frau wird vermutet, dass die im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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