18.10.2024
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Dokument-Nr. 23682

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Urteil06.11.2015BundesgerichtshofV ZR 78/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2016, 323Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2016, Seite: 323
  • NJW 2016, 1815Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2016, Seite: 1815
  • NJW-Spezial 2016, 226Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2016, Seite: 226
  • NZM 2016, 604Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2016, Seite: 604
  • VersR 2016, 930Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2016, Seite: 930
  • ZIP 2016, 222Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2016, Seite: 222
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Verden, Urteil01.10.2013, 4 O 408/12
  • Oberlandesgericht Celle, Urteil13.03.2014, 16 U 192/13
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil06.11.2015

BGH: Keine Be­schaffenheits­vereinbarung bei fehlender notarieller Beurkundung der vorver­trag­lichen Beschreibungen der KaufsacheWohnfläche eines Wohnhauses nicht Inhalt des notariellen Kaufvertrags

Macht der Verkäufer eines Wohnhauses vor Vertragsschluss Angaben zur Wohnfläche, so kommt damit keine Be­schaffenheits­vereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 BGB zustande, wenn die Angaben zur Wohnfläche nicht Inhalt des notariellen Kaufvertrags werden. Weicht die tatsächliche Wohnfläche von den Angaben ab und haben die Parteien einen Haftungs­aus­schluss vereinbart, stehen dem Käufer die Gewähr­leistungs­rechte aus § 437 BGB nicht zu. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2009 kaufte ein Ehepaar mit notariellem Kaufvertrag ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück zum Preis von 550.000 EUR. Den Käufern wurde vor Vertragsschluss auf Nachfrage eine Grund­riss­zeichnung übergeben, aus der sich eine Wohnfläche von insgesamt 215,3 qm ergab. Eine spätere von den Käufern in Auftrag gegebene Berechnung der Wohnfläche ergab eine tatsächliche Wohnfläche von nur 171,74 qm. Dies nahmen die Käufer zum Anlass eine Kaufpreisminderung in Höhe von 66.411 EUR geltend zu machen. Ihrer Meinung nach sei durch die Übergabe der Grund­riss­zeichnung eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Wohnfläche zustande gekommen. Die Verkäufer wiesen eine Haftung zurück und beriefen sich auf den im notariellen Kaufvertrag geregelten Haftungsausschluss für Sachmängel. Die Käufer erhoben schließlich Klage.

Landgericht und Oberlan­des­gericht wiesen Klage ab

Sowohl das Landgericht Verden als auch das Oberlan­des­gericht Celle wiesen die Klage ab. Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts sei zwar durch die Aushändigung der Grund­riss­zeichnung konkludent eine Vereinbarung über die Beschaffenheit der Kaufsache zustande gekommen. Jedoch stünde den Käufern dennoch nicht die Kaufpreis­min­derung zu, da der vereinbarte Haftungs­aus­schluss konkludente Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rungen umfasse. Nur bei einer ausdrücklichen Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung, die im notariellen Kaufvertrag mit ausgenommen wäre, hätte der Haftungs­aus­schluss nicht gegolten. Gegen diese Entscheidung legten die Käufer Revision ein.

Bundes­ge­richtshof verneint ebenfalls Anspruch auf Kaufpreis­min­derung

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte im Ergebnis die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts und wies daher die Revision der Käufer zurück. Ihnen habe kein Anspruch auf Kaufpreis­min­derung wegen der Wohnflä­che­n­ab­weichung zugestanden.

Konkludente Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung nicht von Haftungs­aus­schluss umfasst

Das Oberlan­des­gericht sei zwar unzutreffend davon ausgegangen, so der Bundes­ge­richthof, dass die konkludente Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung vom vereinbarten Haftungs­aus­schluss umfasst werde. Vielmehr gelte der Haftungs­aus­schluss sowohl bei ausdrücklich als auch bei konkludent getroffenen Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rungen nicht. Jedoch sei die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts dennoch richtig.

Fehlen einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs habe es an einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung gefehlt. Eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss führe in aller Regel nicht zu einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung nach § 434 Abs. 1 BGB, wenn sie nicht Inhalt des notariellen Kaufvertrags finde. Danach habe die Übergabe der Grund­riss­zeichnung nicht zu einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung geführt, da in dem Notarvertrag weder die Größe der Wohnfläche angegeben war noch die überreichten Unterlagen erwähnt waren.

Abweichung von bisheriger Rechtsprechung

Soweit aus dem Beschluss des Bundes­ge­richtshofs vom 19. Januar 2012 - V ZR 141/11 - hervorgehe, dass durch vorvertragliche Angaben des Verkäufers mit dem Vertragsschluss konkludent eine entsprechende Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung zustande komme, hält er daran nicht mehr fest.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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