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02.04.2025 
Sie sehen eine Bambushecke.

Dokument-Nr. 34942

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Urteil28.03.2025BundesgerichtshofV ZR 185/23
Vorinstanzen:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil19.05.2022, 2-32 O 8/22
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil16.08.2023, 17 U 132/22
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil28.03.2025

BGH klärt den Begriff der Hecke im Nachbarstreit um eine BambusheckeFür Hecken gibt es in Hessen keine Höhenbegrenzung, wenn der Mindestabstand eingehalten wird

Der Bundes­ge­richtshof hatte einen Nachbarstreit aus Hessen, um Bambus zu entscheiden und einige Feststellungen getroffen: An der Grund­s­tücks­grenze gepflanzter Bambus kann eine "Hecke" sein. Für Hecken, die einen Grenzabstand von 0,75 m einhalten, gibt es in Hessen keine Höhenbegrenzung. Und wenn die Höhe der Hecke gemessen wird, wird auf dem Grundstück gemessen, wo die Pflanzen sind und der Stamm aus der Erde tritt.

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Hessen. Auf dem Grundstück der Beklagten befindet sich seit den 1960er Jahren entlang der gemeinsamen Grund­s­tücks­grenze eine Aufschüttung, die durch eine 28 m lange Mauer aus Betonprofilen (L-Steinen) abgestützt wird. Im Jahr 2018 pflanzte die Beklagte auf der Aufschüttung Bambus an und verbaute zum klägerischen Grundstück hin eine Rhizomsperre. Der Bambus hat zwischen­zeitlich eine Höhe von mindestens sechs bis sieben Metern erreicht.

Nachbar fordert Rückschnitt der Hecke

Mit seiner Klage verlangt der Kläger - soweit noch von Interesse - den Rückschnitt des Bambus auf eine Wuchshöhe von drei Metern, gemessen vom Bodenniveau des klägerischen Grundstücks. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlan­des­gericht sie abgewiesen, und zwar auch hinsichtlich des von dem Kläger im Berufungs­ver­fahren zusätzlich gestellten Antrags, die Beklagte zu verurteilen, es zukünftig zu unterlassen, den Bambus über eine Wuchshöhe von drei Metern, gemessen vom Geländeniveau des Klägers, hinauswachsen zu lassen. Mit der von dem Bundes­ge­richtshof insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die zuletzt gestellten Klageanträge weiter.

Der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat das Berufungsurteil im Ergebnis wegen eines Verfah­rens­fehlers aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde:

Hält ein Grund­s­tücks­ei­gentümer bei einer Anpflanzung die im Landes­nach­barrecht vorge­schriebenen Grenzabstände nicht ein, kann dem Nachbarn aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung der sich daraus für ihn ergebenden Eigen­tums­be­ein­träch­tigung zustehen, der regelmäßig durch den Rückschnitt der Pflanzen zu erfüllen ist. Für Hecken sieht § 43 Abs. 2 des hessischen Nachbar­rechts­ge­setzes (NachbG HE) einen solchen Rückschnit­t­an­spruch ausdrücklich vor; dass auch der Bambus eine Hecke bilden kann, entspricht allgemeiner Ansicht, da es auf die botanische Zuordnung zu den Gehölzen insoweit nicht ankommt.

Allerdings macht das hessische Nachbarrecht Höhenvorgaben für Hecken nur für den Bereich bis zu 0,75 Metern von der Grund­s­tücks­grenze. Nach § 39 Abs. 1 NachbG HE ist bei dem Anpflanzen lebender Hecken mit bis zu 1,2 m Höhe ein Abstand von 0,25 m, mit bis zu zwei Metern Höhe ein Abstand von 0,5 m und mit über zwei Metern Höhe ein Abstand von 0,75 m von dem Nachba­r­grundstück einzuhalten.

Bambu­san­pflanzung kann eine Hecke sein

Eine allgemeine, von diesen Vorgaben unabhängige Höhenbegrenzung kann auch nicht, wie noch von dem Landgericht in erster Instanz angenommen und teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertreten, aus dem Begriff der Hecke abgeleitet werden. Dem Begriff der Hecke im Sinne der Landes­nach­ba­r­gesetze ist eine Höhenbegrenzung nicht immanent. Entscheidend für die Einordnung als Hecke ist vielmehr, ob die Anpflanzungen im Einzelfall nach dem äußeren Erschei­nungsbild bei einer natürlichen Betrach­tungsweise einen geschlossenen Eindruck als Einheit mit einem Dichtschluss sowie einer Höhen- und Seiten­be­grenzung vermitteln. Gegen die Annahme einer begrifflichen Höhenbegrenzung für Hecken spricht bereits der allgemeine Sprachgebrauch. Nach diesem werden Hecken eher funktionell durch die von ihnen erzielte Abgrenzungs- und Schutzfunktion definiert, ohne diese Funktionen zugleich mit einer Höhenbegrenzung in Verbindung zu bringen. Auch systematisch wäre es nicht überzeugend, wenn eine Hecke, die über eine bestimmte Höhe hinauswächst, nicht mehr als Hecke, sondern als Solitärgewächs behandelt und den insoweit geltenden Abstands­vor­schriften unterworfen werden müsste. Die Annahme, es bestehe dann ein Anspruch darauf, die nunmehr aufgrund ihrer Höhe als Solitärgewächs anzusehende Anpflanzung auf eine Höhe zurück­zu­schneiden, bei der sie wieder als Hecke anzusehen ist, wäre zudem zirkulär.

BGH sieht Landes­ge­setzgeber in der Pflicht

Vor allem aber widerspräche es der Aufga­ben­ver­teilung zwischen Gesetzgeber und Gerichten, in ein Landes­nach­ba­r­gesetz, das - wie hier § 39 NachbG HE - ab einem bestimmten Grenzabstand keine Vorgaben für die zulässige Höhe einer Hecke macht, eine solche Höhenbegrenzung - etwa auf drei Meter - durch ein bestimmtes Verständnis des Begriffs der Hecke hineinzulesen. Aufgrund der Gewaltenteilung ist es vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, eine Höhenbegrenzung oder weitergehende Abstands­vor­schriften für hochwachsende Hecken im Rahmen der ihm zustehenden Einschät­zungs­prä­ro­gative festzulegen. Davon haben einige Landes­ge­setzgeber auch Gebrauch gemacht; dass der hessische Landes­ge­setzgeber eine andere Regelung getroffen hat, haben die Gerichte zu respektieren. Etwaigen Härten infolge von besonderen Umständen des Einzelfalls kann unter Rückgriff auf das nachbarliche Gemein­schafts­ver­hältnis Rechnung getragen werden. Mit Hilfe dieser Rechtsfigur können allerdings nur ungewöhnlich schwere und nicht mehr hinzunehmende Beein­träch­ti­gungen des Nachba­r­grund­stücks, die von einer hohen Hecke ausgehen, abgewehrt werden.

Das Berufungsurteil war aber deshalb aufzuheben, weil seine Feststellung, die mindestens sechs bis sieben Meter hoch gewachsene Bambushecke wahre den nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 NachbG HE einzuhaltenden Grenzabstand von 0,75 m, von einem Verfah­rens­fehler beeinflusst ist. Das Berufungs­gericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger die Einhaltung des vorge­schriebenen Grenzabstandes zugestanden habe. Das Berufungs­gericht wird daher nunmehr Feststellungen zum Abstand der Hecke von der Grenze zu treffen haben.

Oberlan­des­gericht muss noch einmal neu entscheiden

Für den Fall, dass die Hecke den Grenzabstand von 0,75 m unterschreiten sollte, war die umstrittene Rechtsfrage zu klären, von wo aus die Höhe zu messen ist, wenn die Hecke - wie hier - auf einem höher gelegenen Grundstück angepflanzt ist. Der Bundes­ge­richtshof hat diese Frage dahin beantwortet, dass, wenn eine Hecke auf einem Grundstück gepflanzt wird, das höher liegt als das Nachba­r­grundstück, die nach § 39 Abs. 1 NachbG HE zulässige Heckenhöhe grundsätzlich von der Stelle aus zu messen ist, an der die Anpflanzungen aus dem Boden austreten. Durch die gegenteilige Sichtweise würden die Rechte des Eigentümers aus den §§ 903, 905 BGB nicht angemessen berücksichtigt. Ein Messpunkt auf dem tiefer gelegenen Grundstück hätte zur Folge, dass die Bepflanzung auf dem höher gelegenen Grundstück stets niedriger sein müsste als die auf dem unteren Nachba­r­grundstück erlaubte. Bei Geländestufen von über zwei Metern wäre eine Hecken­be­pflanzung auf dem höher gelegenen Grundstück innerhalb eines Abstands von 0,75 m sogar gänzlich ausgeschlossen.

Der Grundsatz, dass es für die Bestimmung der zulässigen Höhe einer auf dem höhergelegenen Grundstück angepflanzten Hecke auf dessen Bodenniveau ankommt, bedarf aber einer Einschränkung bei ersichtlicher Umgehung der landes­nach­bar­rechtlich einzuhaltenden Abstands­vor­schriften. Insoweit ist der anpflanzende Grund­s­tücks­ei­gentümer nicht schutzbedürftig. Erfolgt im zeitlichen Zusammenhang mit der Anpflanzung eine (künstliche) Erhöhung des Grund­s­tücks­niveaus im Bereich der Grund­s­tücks­grenze, ist daher abweichend von dem genannten Grundsatz das ursprüngliche Geländeniveau maßgeblich. Das ist hier jedoch nicht der Fall, weil die Aufschüttung auf dem Grundstück der Beklagten schon vor Jahrzehnten erfolgt ist.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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