18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Häuserfassade mit einem Balkonkasten.

Dokument-Nr. 21019

Drucken
Urteil08.05.2015BundesgerichtshofV ZR 178/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • WuM 2015, 446Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2015, Seite: 446
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Wiesbaden, Urteil07.12.2012, 92 C 7239/10-81
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil25.06.2014, 2-13 S 18/13
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil08.05.2015

Hobbyraum darf nicht dauerhaft zu Wohnzwecken genutzt werdenBGH zum Unterlassungs­anspruch von Miteigentümern bei zweckwidriger Nutzung einer Tei­leigentums­einheit als Wohnung

Ist eine Tei­leigentums­einheit in der Teilungs­er­klärung als "Hobbyraum" ausgewiesen, stellt die Vermietung der Räume als Wohnung eine zweckwidrige Nutzung der Eigen­tum­s­einheit dar. Bei einer Forderung nach Unterlassung der zweckwidrigen Nutzung kann sich der Eigentümer nicht darauf berufen, dass die Teilheinheit bereits seit 1980 immer wieder als Wohnraum genutzt wird und Ansprüche daher bereits verjährt sind.

Die Parteien in dem zugrunde liegenden Verfahren bilden eine Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft. Dem Beklagten gehören die Einheiten Nr. 1 im Souterrain und Nr. 2 im Erdgeschoss. Der Klägerin steht seit dem Jahr 2007 das Sondereigentum an den Wohnungen Nr. 3 und Nr. 4 im Ober- und Dachgeschoss zu. Die Einheit Nr. 1 ist in der Teilungs­er­klärung ausgewiesen als "Räumlichkeiten im Souterrain bestehend aus drei Hobbyräumen, Vorratskeller, Flur und einem weiteren Kellerraum". Der Beklagte vermietet diese als Wohnraum und hat nach dem Jahr 2007 zwei Neuvermietungen vorgenommen. Die Klägerin will erreichen, dass es der Beklagte unterlassen muss, die Einheit Nr. 1 als Wohnraum zu nutzen oder nutzen zu lassen. Dieser beruft sich auf die Verjährung und Verwirkung des Anspruchs. Die Souterrainräume würden bereits seit 1980 als Wohnraum genutzt, zunächst durch ihn selbst und seit dem Jahr 1986 durch Mieter. Die Voreigentümer der Klägerin seien hiermit einverstanden gewesen. Weil die Nutzung als Wohnraum bei der ersten Beanstandung durch die Klägerin im Jahr 2008 seit 28 Jahren angedauert habe, habe er auf die dauerhafte Erzielung der Mieteinnahmen vertrauen dürfen. Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Das Landgericht hat seine Berufung zurückgewiesen.

BGH: Unter­las­sungs­an­spruch ist nicht verjährt

Der Bundes­ge­richtshof hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und sich dabei von folgenden Überlegungen leiten lassen: Im Ausgangspunkt ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegeben, weil die Nutzung von Hobbyräumen zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken jedenfalls dann nicht gestattet ist, wenn sie - wie hier - die Anlage um eine weitere Wohneinheit vergrößert. Der Anspruch ist nicht verjährt. Solange die Nutzung anhält, tritt die Verjährung nicht ein, weil der Schwerpunkt der Störung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung, sondern auch darin liegt, dass diese aufrecht­er­halten wird. Dabei ist unerheblich, ob die zweckwidrige Nutzung durch den Sonde­rei­gentümer selbst oder durch dessen Mieter erfolgt.

Übrige Wohnungs­ei­gentümer dürfen für die Zukunft eine der Teilungs­er­klärung entsprechende Nutzung einfordern

Dem Anspruch steht auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung im Sinne von § 242 BGB* in Gestalt der sogenannten Verwirkung entgegen. Voraussetzung hierfür ist unter anderem eine ununterbrochene, dauerhafte Einwirkung. An einer solchen fehlt es jedenfalls deshalb, weil noch in jüngster Zeit zwei Neuvermietungen stattgefunden haben. Eine solche Neuvermietung stellt in der Regel aus Sicht aller Beteiligten eine Zäsur und damit eine neue Störung im Sinne von § 1004 BGB**, § 15 Abs. 3 WEG*** dar. Der vermietende Wohnungseigentümer setzt eine neue Willen­s­ent­scheidung hinsichtlich einer zweckwidrigen Nutzung um. Die übrigen Wohnungs­ei­gentümer haben Anlass, für die Zukunft eine der Teilungs­er­klärung entsprechende Nutzung einzufordern, auch wenn sie hiervon zuvor - etwa aus Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis - Abstand genommen haben.

* § 242 BGB Leistung nach Treu und Glauben

Erläuterungen
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

**§ 1004 BGB Beseitigungs- und Unter­las­sungs­an­spruch

(1) 1. Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beein­träch­tigung verlangen. 2. Sind weitere Beein­träch­ti­gungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

***§ 15 WEG Gebrauchs­re­gelung

(3) Jeder Wohnungs­ei­gentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile [...] verlangen, der [...] den Vereinbarungen [...] entspricht.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil21019

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI