24.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 24188

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Bundesgerichtshof Urteil28.04.2017

Pächter von Ackerland kann für Entstehung von Dauergrünland schaden­s­er­satz­pflichtig seinPächter ist zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass ein Pächter, der als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland nutzt, verpflichtet sein kann, dem Verpächter den Schaden zu ersetzen, der durch die (aufgrund der ununter­bro­chenen Nutzung als Grünland) europarechtlich vorgegebene Einordnung der gepachteten Flächen als Dauergrünland entsteht. Bei der Bemessung des Schadens kann allerdings ein Mitverschulden des Verpächters zu berücksichtigen sein.

In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahr 2000 mehrere Grundstücke "zur landwirt­schaft­lichen Nutzung" an den Beklagten verpachtet. In dem Pachtvertrag wurden drei insgesamt ca. 14 ha große Flächen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, mit "A" für Ackerland gekennzeichnet. Der Vertrag hatte eine feste Laufzeit bis 30. September 2012 und sollte sich anschließend jeweils um ein weiteres Jahr verlängern. Bereits bei Übergabe der Grundstücke wurden diese als Grünland genutzt. Auch der Beklagte, der Unternehmer ist und sich mit der Haltung und Zucht von Pferden befasst, nutzte sie mit Kenntnis der Verpächterseite über die gesamte Pachtzeit hinweg als Grünland zur Pferdehaltung. Im Jahr 2006 ging das Eigentum an den Grundstücken im Wege der Erbfolge auf die Klägerin über. Ebenso wie ihr verstorbener Ehemann ist die Klägerin nicht in der Landwirtschaft tätig. Sie beendete das Pachtverhältnis durch Kündigung zum 30. September 2013.

Entstehung von Dauergrünland hätte nach Auffassung der Klägerin entgegengewirkt werden müssen

Nach der Rechtslage zu Beginn des Pacht­ver­hält­nisses durften die Grundstücke unabhängig von der Dauer ihrer Nutzung als Grünland in Ackerland umgewandelt werden. Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmen­be­din­gungen geändert. Da die Grundstücke zum Anbau von Gras oder anderen Grünfut­ter­pflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirt­schaft­lichen Betriebs gewesen sind, unterliegen sie einem landes­recht­lichen Umbruchverbot nach der am 13. Mai 2008 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhal­tungs­ver­ordnung (DGL-VO SH) und dem zum 1. November 2013 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhal­tungs­gesetz (DGLG SH); dem liegen Vorgaben der Europäischen Union zugrunde. Zudem liegen die Grundstücke vollständig in einem im Jahr 2006 ausgewiesenen Europäischen Vogel­schutz­gebiet und darüber hinaus teilweise in einem 2010 ausgewiesenen FFH-Gebiet (einem europäischen Schutzgebiet nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie). Infolgedessen könnte die Möglichkeit zum Umbruch jetzt nur noch durch den Nachweis von Ersatzflächen in demselben Vogelschutz- bzw. FFH-Gebiet wieder­her­ge­stellt werden. Die Klägerin verlangt Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagte habe der Entstehung von Dauergrünland entgegenwirken müssen.

Verfahrensgang

Das Amtsgericht - Landwirt­schafts­gericht - hat den Beklagten, soweit von Interesse, zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 98.052,75 Euro nebst vorge­richt­lichen Anwalts- und Gutachterkosten jeweils nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlan­des­gericht hat die Berufung des Beklagten mit dem (unter anderem in AUR 2016, 266 ff. veröf­fent­lichten) angefochtenen Urteil zurückgewiesen.

Im Pachtvertrag vorausgesetzten Nutzungs­mög­lich­keiten müssen bestehen bleiben

Die von dem Oberlan­des­gericht zugelassene Revision wies der Bundes­ge­richtshof nun zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es dem Beklagten rechtlich und tatsächlich möglich gewesen wäre, den Schaden­s­eintritt durch eine rechtzeitige Änderung der Nutzung von Grünland zu Ackerland ("Umbruch") abzuwenden; hierzu war er vertraglich verpflichtet. Zwar hat der Beklagte keine unerlaubte Nutzung­s­än­derung (§ 590 Abs. 2 Satz 1 BGB**) vorgenommen, weil die Flächen schon bei Übergabe als Grünland bewirtschaftet wurden und er diese Nutzung fortgesetzt hat. Der Pächter ist aber zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet (§ 586 Abs. 1 Satz 3 BGB*) und hat sie in einem Zustand zurückzugeben, der einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht (§ 596 Abs. 1 BGB***). Werden - wie hier - als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland genutzt, entspricht es vorbehaltlich besonderer vertraglicher Vereinbarungen ordnungsmäßiger Bewirtschaftung, die Acker­land­ei­gen­schaft zu erhalten und die Entstehung von Dauergrünland durch einen rechtzeitigen Umbruch abzuwenden. Der Pächter hat nämlich - soweit es ihm möglich ist - dafür zu sorgen, dass die in dem Pachtvertrag vorausgesetzten Nutzungs­mög­lich­keiten bestehen bleiben; dazu muss er die Recht­s­ent­wicklung jedenfalls insoweit beobachten, als weitreichende rechtliche Änderungen im Raum stehen, die einen erheblichen Wertverlust der gepachteten Flächen nach sich ziehen können und in landwirt­schaft­lichen Kreisen allgemein wahrgenommen und diskutiert werden, wie es nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts hinsichtlich der Entstehung von Dauergrünland der Fall gewesen ist. Kommt der Pächter der Pflicht zur Vornahme eines rechtzeitigen Umbruchs schuldhaft nicht nach, ist er dem Verpächter dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet.

Auch Verpächter kann Mitverschulden treffen

Nicht zu beanstanden ist es ferner, dass das Oberlan­des­gericht von einem Verschulden des Beklagten ausgeht, während es ein Mitverschulden der Klägerin verneint. Allerdings kann ein Mitverschulden des Verpächters in Betracht kommen, wenn er es unterlässt, den Pächter zu einem rechtzeitigen Umbruch anzuhalten, sofern ihm die Nutzung als Grünland bekannt war und er die drohende Entstehung von Dauergrünland erkennen konnte; in aller Regel wird Letzteres jedoch voraussetzen, dass der Verpächter aktiver Landwirt ist, woran es hier fehlt. Hinsichtlich der Schadenshöhe sind Rechtsfehler nicht ersichtlich.

*§ 568 Abs. 1 Satz 3 BGB:

"Er [= der Pächter] ist zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet."

**§ 590 BGB:

(1) Der Pächter darf die landwirt­schaftliche Bestimmung der Pachtsache nur mit vorheriger Erlaubnis des Verpächters ändern.

(2) Zur Änderung der bisherigen Nutzung der Pachtsache ist die vorherige Erlaubnis des Verpächters nur dann erforderlich, wenn durch die Änderung die Art der Nutzung über die Pachtzeit hinaus beeinflusst wird [...].

***§ 596 Abs. 1 BGB:

"Der Pächter ist verpflichtet, die Pachtsache nach Beendigung des Pacht­ver­hält­nisses in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht."

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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