15.11.2024
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Dokument-Nr. 16846

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Urteil24.09.2013BundesgerichtshofKZR 62/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • K&R 2014, 35Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2014, Seite: 35
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Potsdam, Urteil23.04.2009, 51 O 125/08
  • Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil22.11.2011, Kart U 4/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil24.09.2013

BGH zu Schaden­ersatz­forderungen gegen die Landes­lotto­gesellschaft BrandenburgGericht verneint kartell­rechtliche Ansprüche - Land Brandenburg handelte beim Widerruf der Erlaubnis von Internet-Glücks­spiel­angeboten hoheitlich und nicht unternehmerisch

Der Bundes­ge­richtshof hatte über eine Schaden­ersatz­forderung eines Dienst­leistungs­unternehmens gegen die Landes­lotto­gesellschaft Brandenburg nach Einstellung des Inter­net­ver­triebs durch Lotto Brandenburg zu entscheiden.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist ein im Glückss­pielmarkt tätiges Dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen. Sie macht gegen die beklagte Lotto­ge­sell­schaft des Landes Brandenburg Ansprüche wegen der Einstellung des Glückss­piel­ver­triebs im Internet im November 2006 geltend.

Landes­lot­to­ge­sell­schaft beauftragte Klägerin mit technischem Betrieb einer Inter­net­plattform

Die Landes­lot­to­ge­sell­schaft beauftragte die Klägerin im November 2002 in einem Hosting-Vertrag mit dem technischen Betrieb einer Inter­net­plattform zum Vertrieb von Glücksspielen gegen eine umsatzabhängige Vergütung.

Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Bundesländer beschließen Einstellung der Inter­ne­t­an­gebote von Glücksspielen

Die Beklagte gehört wie die Lotto­ge­sell­schaften der übrigen Bundesländer dem Deutschen Lotto- und Totoblock an. Nach dem Blockvertrag des Lotto- und Totoblocks war der Vertrieb von Lotterien und Sportwetten auf das jeweilige Bundesland beschränkt. Mit Beschluss vom 23. August 2006 (WuW/E DE-V 1251) untersagte das Bundes­kar­tellamt den Lotto­ge­sell­schaften der Bundesländer, ihr jeweiliges Vertriebsgebiet für Lotterien und Sportwetten unter Beachtung des Blockvertrags und des Lotte­rie­staats­vertrags auf das jeweilige Landesgebiet zu beschränken. Am 6. November 2006 beschlossen daraufhin die Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Bundesländer - mit Ausnahme Schleswig-Holsteins - in einer Telefon­kon­ferenz, die von ihren Lotto­ge­sell­schaften betriebenen Inter­ne­t­an­gebote von Glücksspielen einzustellen.

Klägerin betreibt Inter­net­plattform zu Infor­ma­ti­o­ns­zwecken ohne Spielangebot weiter

Das Land Brandenburg widerrief noch am 6. November 2006 die seiner Lotto­ge­sell­schaft erteilte Erlaubnis zum Inter­net­vertrieb von Glücksspielen. Daraufhin forderte die Landes­lot­to­ge­sell­schaft die Klägerin auf, den Inter­net­vertrieb zum Ablauf desselben Tages einzustellen. Dem kam die Klägerin nach. Die Inter­net­plattform betrieb sie ohne Spielangebot zu Infor­ma­ti­o­ns­zwecken weiter, bis der Hosting-Vertrag aufgrund ordentlicher Kündigung der Beklagten zum 31. Dezember 2007 auslief.

Klägerin rügt kartell­rechts­widrige Absprache der Bundesländer und verlangt Schadensersatz

Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen der Einstellung des Inter­net­ver­triebs für die Zeit vom 6. November 2006 bis zum 31. Dezember 2007. Sie meint, der Widerruf der Erlaubnis zum Inter­net­vertrieb beruhe auf einer kartell­rechts­widrigen Absprache der Bundesländer.

Klage wird in den Vorinstanzen abgewiesen

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht hat angenommen, die Beklagte sei von der Vergü­tungs­pflicht frei geworden und nicht schaden­s­er­satz­pflichtig. Die Beklagte habe die Unmöglichkeit der weiteren Vertrags­durch­führung nicht zu vertreten.

Land war zur vollständigen Unterbindung des weiteren Inter­net­ver­triebs von Glücksspielen durch Widerruf der Erlaubnis berechtigt

Auf die Revision der Klägerin hat der Bundes­ge­richtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass im Streitfall keine kartell­recht­lichen Ansprüche der Klägerin in Betracht kommen, weil das Land Brandenburg beim Widerruf der Erlaubnis hoheitlich und nicht unternehmerisch gehandelt hat. Das Bundes­kar­tellamt hatte der Beklagten ein erhebliches Zwangsgeld angedroht, wenn sie ihren Inter­net­vertrieb nicht spätestens bis zum 7. November 2006 für Spielteilnehmer aus anderen Bundesländern öffnet. Demgegenüber hatte das Bundes­ver­fas­sungs­gericht mit Beschluss vom 28. März 2006 das Internetangebot von Glücksspielen als bedenklich angesehen und die Erweiterung des staatlichen Wettangebots bis zu einer verfas­sungs­kon­formen Neuregelung des Glückss­piel­rechts ausgeschlossen. Wegen dieser unter­schied­lichen Anforderungen des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts und des Bundes­kar­tellamts konnte sich das Land als Ordnungsbehörde ohne Ermessensfehler dafür entscheiden, den weiteren Inter­net­vertrieb von Glücksspielen durch Widerruf der Erlaubnis der Beklagten vollständig zu unterbinden.

Ordnungs­recht­licher Abstim­mungs­bedarf zwischen den Bundesländern beruht auf großer rechtlicher Unsicherheit bei Beurteilung des Inter­net­ver­triebs von Glücksspielen

Das ordnungs­be­hördliche, nicht unter­neh­me­rische Handeln des Landes wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Widerruf der Erlaubnis einer Übereinkunft der Chefs der Staats- und Landeskanzleien der Bundesländer vom 6. November 2006 entsprach, die wiederum der Empfehlung der Glückss­piel­re­fe­renten der Länder vom 2. November 2006 gefolgt war, den Inter­net­vertrieb gänzlich einzustellen. Im Hinblick auf die damals herrschende große rechtliche Unsicherheit bei der Beurteilung des Inter­net­ver­triebs von Glücksspielen bestand ein ordnungs­recht­licher Abstim­mungs­bedarf zwischen den Bundesländern.

Klägerin kann Vergütung für gewünschten Weiterbetrieb der Inter­net­plattform ohne Spielangebot verlangen

Allerdings kommt aufgrund des Hosting-Vertrags ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz von nicht mehr vermeidbaren Aufwendungen wie Personal- und Leasingkosten in Betracht, die ihr bis zum nächsten ordentlichen Kündi­gungs­termin entstanden und wegen des Wegfalls der Erlaubnis nutzlos geworden sind. Außerdem kann die Klägerin eine Vergütung für den von der Beklagten gewünschten Weiterbetrieb der Inter­net­plattform ohne Spielangebot verlangen. Da in diesem Zusammenhang noch weitere Feststellungen zu treffen sind, hat der BGH die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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