04.12.2024
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Dokument-Nr. 29973

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Bundesgerichtshof Urteil09.03.2021

GASAG erhält Konzession für Berliner GasnetzBundes­ge­richtshof zum Konzessions­verga­be­ver­fahren im Land Berlin

Der Bundes­ge­richtshofs hat das Land Berlin gestern verurteilt, das Angebot der Netzge­sell­schaft der GASAG AG für einen Gaskonzessions­vertrag anzunehmen. Damit ist das laufende Verfahren zur Vergabe der Berliner Gaskonzession abgeschlossen.

Die GASAG war Inhaberin der bis Ende 2013 laufenden Konzession zur Nutzung des Berliner Gasver­sor­gungs­netzes, dessen Eigentümerin sie ist. Die Netzge­sell­schaft ist Pächterin des Netzes. In dem Ende 2011 eingeleiteten Verfahren zur Neuvergabe der Konzession gaben nur ein im März 2011 von der Senats­ver­waltung für Finanzen neu geschaffener Landesbetrieb und der GASAG-Konzern abschließende Angebote ab. Nach Auswertung der Angebote stimmte der Senat von Berlin am 24. Juni 2014 dem Vorschlag der Senats­ver­waltung für Finanzen zu, den Zuschlag dem Landesbetrieb zu erteilen. Die Zustimmung des Berliner Abgeord­ne­ten­hauses zu dem Vorschlag steht noch aus. Die Netzge­sell­schaft klagt auf Erteilung der Konzession durch Annahme ihres Angebots. Dieser Antrag hatte beim Landgericht keinen Erfolg. Auf einen Hilfsantrag der Klägerin hat das Landgericht dem Land Berlin jedoch untersagt, die Konzession an den Landesbetrieb zu vergeben. Das Kammergericht hat die erstin­sta­nzliche Entscheidung im Berufungs­ver­fahren bestätigt. Mit der vom Bundes­ge­richtshof zugelassenen Revision hat die Netzge­sell­schaft den Antrag auf Annahme ihres Angebots weiterverfolgt, während sich das Land Berlin mit der Anschluss­re­vision gegen seine Verurteilung nach dem Hilfsantrag gewandt hat.

Verpflichtung zum Abschluss der Konzes­si­ons­vergabe

Auf die Revision der Netzge­sell­schaft hat der Bundes­ge­richtshof dem Hauptantrag der Klage stattgegeben. Das mit der Anschluss­re­vision angegriffene, von den Vorinstanzen auf den Hilfsantrag ausgesprochene Verbot der Vergabe an den Landesbetrieb ist damit gegenstandslos. Gemeinden sind als markt­be­herr­schende Anbieter von Wegenut­zungs­rechten nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und § 46 Abs. 1 EnWG verpflichtet, zumindest alle 20 Jahre den Konzessionär für den Betrieb ihrer Energie­ver­sor­gungsnetze in einem transparenten und diskri­mi­nie­rungs­freien Wettbewerb auszuwählen. Das Land Berlin war deshalb grundsätzlich verpflichtet, das Ende 2011 eingeleitete Verfahren zur Neuvergabe der Konzession ordnungsgemäß durchzuführen und - möglichst vor dem 1. Januar 2014 - mit einer Entscheidung über die Konzes­si­ons­vergabe abzuschließen. Im Streitfall durfte das Verfahren allein mit dem Vertrags­ab­schluss mit der Netzge­sell­schaft abgeschlossen werden. Diese hatte das einzige annahmefähige Angebot in dem Verga­be­ver­fahren vorgelegt. Das Angebot des Landesbetriebs war nach den vom Land Berlin vorgegebenen Verga­be­be­din­gungen auszuschließen, weil der Landesbetrieb seine finanzielle Leistungs­fä­higkeit innerhalb der gesetzten Frist nicht in einer den Verga­be­be­din­gungen genügenden Weise dargelegt hatte. Das Land Berlin war nicht berechtigt, statt der Vergabe der Konzession an die Netzge­sell­schaft das Konzes­si­ons­ver­fahren ganz oder ab einem bestimmten Punkt neu zu beginnen.

Verletzung des Trennungsgebots

Das Kammergericht hatte es für geboten gehalten, das Verga­be­ver­fahren zumindest in das Stadium vor Versendung des "Zweiten Verfah­rens­briefs" zurück­zu­ver­setzen, was die Senats­ver­waltung für Finanzen am 27. Januar 2020 dementsprechend getan hatte. Der Grund hierfür war u.a., dass das Diskri­mi­nie­rungs­verbot, um Inter­es­sen­kon­flikte zu vermeiden, die organi­sa­to­rische und personelle Trennung zwischen den Stellen der Gemein­de­ver­waltung verlangt, die einerseits für die Vergabe ("Vergabestelle") und andererseits für den als Bieter beteiligten Eigenbetrieb zuständig sind. Dieses Trennungsgebot hatte das Land Berlin verletzt, weil die Senats­ver­waltung für Finanzen bis Ende November 2012 und damit in der Zeit, in der der das Verfahren grundsätzlich strukturierende "Erste Verfahrensbrief" versandt und der u.a. die Bewer­tungs­kri­terien für die Angebote enthaltende "Zweite Verfahrensbrief" entworfen wurde, sowohl für die Vergabestelle als auch für den Landesbetrieb zuständig war. Nach der Entscheidung des Kartellsenats rechtfertigte dieser schwere Verfah­rens­fehler unter den Umständen des Streitfalles einen vollständigen oder teilweisen Neubeginn des Verfahrens jedenfalls zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Kammergericht nicht mehr.

Beein­träch­tigung der Mindestfrequenz der regelmäßigen Neuvergabe der Konzession

Ein solcher Neubeginn kann zwar zulässig oder gar geboten sein, um eine tragfähige Verfah­rens­grundlage für eine rechtmäßige Konzes­si­ons­vergabe zu schaffen. Je später er erfolgt, desto stärker beeinträchtigt er aber die vom Gesetz vorgegebene Mindestfrequenz der regelmäßigen Neuvergabe der Konzession. Für die Entscheidung zwischen einem Abschluss des Konzes­si­ons­ver­ga­be­ver­fahrens und einem neuen Verfahren kommt es daher darauf an, auf welche Weise die Ziele des Gesetzes trotz eines fehlerhaften Verfahrens noch am besten erreicht werden können. Geboten war hiernach unter den besonderen Umständen des Falles die Konzes­si­ons­vergabe, da durch die Verletzung des Trennungsgebots der - nach den insoweit nicht zu beanstandenden Verga­be­be­din­gungen ohnehin auszu­schließende - landeseigene Betrieb, nicht aber die Netzge­sell­schaft begünstigt wurde, weitere Wettbewerber, die sich in einem frühen Stadium aus dem Verfahren zurückgezogen hatten, Ansprüche auf Teilnahme an einem verfah­rens­feh­ler­freien Verfahren nicht geltend gemacht hatten und schließlich das Land Berlin den Konzes­si­ons­vertrag ohnehin zum Ende einer Mindestlaufzeit von zehn Jahren kündigen und damit demnächst ein neues Verga­be­ver­fahren einleiten kann.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/aw)

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